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DOI: 10.1055/s-0043-1769391
Fünf-Jahres-Follow-up von Extremfrühgeborenen nach zeitgerechten oder verspäteten ersten Routineimpfungen
Hintergrund Infektionen gehören zu den häufigen Komplikationen bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter unter 29 Wochen (extermely-low-gestational-age neonates, ELGANs). Auch nach Entlassung aus dem primären stationären Aufenthalt kennzeichnet die Kinder eine erhöhte Vulnerabilität, insbesondere gegenüber infektiösen Atemwegserkrankungen. Impfungen gelten als effektive und sichere Präventionsmaßnahme. Neben dem Schutz vor impfpräventablen Krankheiten werden unspezifisch trainierende Effekte auf das Immunsystem diskutiert. Dennoch werden Frühgeborene häufig nicht oder verspätet geimpft. Gründe hierfür und Konsequenzen für die Kinder sind bisher unzureichend untersucht.
Fragestellung Die vorliegende Studie untersuchte den Anteil nicht zeitgerechter Impfungen bei ELGANs innerhalb des Deutschen Frühgeborenen Netzwerkes (GNN) sowie Risikofaktoren für eine verspätete Impfung und die damit verbundenen Langzeit-Konsequenzen im Alter von fünf Jahren.
Material und Methoden Im Rahmen der multizentrischen Beobachtungsstudie des GNN wurden ELGANs zwischen 2009 und 2019 eingeschlossen und im Alter von 5 Jahren hinsichtlich ihrer Entwicklung und Lungenfunktion nachuntersucht. Einschlusskriterien für die vorliegende Analyse waren ein Geburtsgewicht von < 1500g, ein Gestationsalter zwischen 22+0 und 28+6 Wochen sowie ein primärer Krankenhausaufenthalt von mindestens 60 Tagen. Eingeschlossene aber in diesem Zeitraum nicht erstmals immunisierte Kinder (7-fach Impfung) wurden als nicht zeitgerecht geimpft definiert und mit (zeitgerecht) geimpften Kindern verglichen. Uni- und multivariate Analysen wurden durchgeführt, um Risikofaktoren für eine Verzögerung der Impfung und damit assoziierte Outcomes im Alter von fünf Jahren zu identifizieren.
Ergebnisse In unserer Kohorte von n=8401 ELGANs erhielten 9.8% der Frühgeborenen keine zeitgerechte Impfung mit dem Sechsfach- und Pneumokokken-Impfstoff. Risikofaktoren für eine verzögerte Impfung waren eine intrauterine Wachstumsretardierung (18.1% vs. 13.5%; OR 1.3, 95%CI: 1.1 – 1.7), eine postnatale Wachstumsverzögerung und Surrogatparameter für einen komplizierten klinischen Verlauf (z.B. Katecholaminbedarf, nekrotisierende Enterokolitis). Im Alter von fünf Jahren hatten die zeitgerecht geimpften Kinder ein niedrigeres Risiko für Bronchitiden im vergangenen Jahr (27.3% vs. 37.7%; OR 0.6, 95%CI: 0.42 – 0.86), ohne dass ein Effekt auf die Lungenfunktion messbar war.
Diskussion Fast 10% der Extremfrühgeborenen in Deutschland wurden nicht zeitgerecht geimpft. Dies betrifft insbesondere die in höchstem Maße vulnerablen Kinder mit Wachstumsrestriktion und kompliziertem klinischem Verlauf, obwohl gerade diese Kinder in besonderem Maße von den positiven Effekten einer zeitgerechten Impfung profitieren könnten. Hierzu gehört ein vermindertes Bronchitisrisiko im Alter von 5 Jahren, möglicherweise auf dem Boden von „trained-immunity Effekten“ durch zeitgerecht durchgeführte Routineimpfungen.
Interessenkonflikt
Diese Forschung wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (GNN-Förderung Nr. 01ER0805 und 01ER1501 und PRIMAL-Förderung Nr. 01GL1746D). Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen. Es gab keine Beteiligung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung am Studiendesign, an der Erhebung der Analyse, an der Interpretation der Daten, am Verfassen des Berichts und an der Entscheidung, das Manuskript zur Veröffentlichung einzureichen. Die Autoren haben keine Zahlungen, Honorare, Zuschüsse oder andere Formen der Vergütung erhalten.
Publication History
Article published online:
06 June 2023
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Georg Thieme Verlag KG
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