Pradier M.
et al.
Performance and Head-to-Head Comparison of Three Cinical Models to Predict Occurrence
of Postthrombotic Syndrome: A Validation Study.
Thromb Haemost 2023;
DOI:
10.1055/a-2039-3388
Die Analysen basieren auf Daten der randomisierten SAVER-Pilotstudie, in der untersucht
wurde, ob die Durchführung einer größeren randomisierten Studie zum Einsatz von Rosuvastatin
bei der Prävention eines postthrombotischen Syndroms sinnvoll ist. In die SAVER-Pilotstudie
waren zwischen 2016 und 2019 unter anderen 181 Patientinnen und Patienten mit akuter
proximaler tiefer Beinvenenthrombose eingeschlossen worden (172 unilaterale und 12
bilaterale Thrombosen, 196 betroffene Beine). Das mittlere Alter lag in der Kohorte
bei 48 Jahren und 40% waren Frauen. Klinische Untersuchungen im Hinblick auf ein mögliches
postthrombotisches Syndrom erfolgten innerhalb von 30 Tagen nach der Diagnose der
tiefen Beinvenenthrombose und 180 Tage nach Studienbeginn; dabei wurde jeweils der
Villalta-Score an beiden Beinen bestimmt. In diesen gingen die Symptome Schmerzen,
Krämpfe, Schweregefühl, Parästhesien, Juckreiz, prätibiale Ödeme, Hautverhärtung,
Hyperpigmentierung, Röte, Venenektasie sowie Schmerzen bei der Wadenkompression ein
und wurden auf einer Skala von 0-3 bewertet. Drei verschiedene Risiko-Scores für die
Manifestation eines postthrombotischen Syndroms wurden im Hinblick auf ihre prädiktive
Performance ausgewertet. Diese waren das SOX-PTS-Modell (Body Mass Index, Thromboselokalisation
in der V. iliaca, Basis-Villalta-Score), das Amin-Modell (Body Mass Index, Alter,
iliofemorale Thrombose, Varikosis, provozierte Thrombose, Vorgeschichte mit tiefen
Beinvenenthrombosen, Nikotinabusus, weibliches Geschlecht) sowie das Méan-Modell (Alter
≥75 Jahre, Varikosis-Operation in der Vergangenheit, Einnahme von nicht-steroidalen
Antirheumatika/ Thrombozytenaggregationshemmern, Anzahl der Symptome im Bein).
In der Kohorte wurden insgesamt 68 postthrombotische Syndrome (35% der Beine) verzeichnet,
welche in 25 Beinen (13%) mittelgradig oder schwer ausgeprägt waren. Alle Risikomodelle
zeigten mit jeweils zunehmendem Score eine steigende Prävalenz und Schwere von postthrombotischen
Syndromen. Das Méan-Modell erwies sich als das sensitivste für die Vorhersagen eines
postthrombotischen Syndroms (88% versus 52% des Amin-Modells bzw. 12% der SOX-PTS-Modells)
und hatte den höchsten negativen prädiktiven Wert (88% versus 69% bzw. 59%). Auf der
anderen Seite wies das SOX-PTS-Modell die höchste Spezifität (98% versus 61% des Amin-Modells
bzw. 48% des Méan-Modells) und den höchsten positiven prädiktiven Wert auf (73% versus
43% bzw. 48%). Insgesamt zeigten das SOX-PTS-Modell und das Méan-Modell eine höhere
diagnostische Genauigkeit als das Amin-Modell (AUROC 0,72; 95%-KI 0,65-0,80 bzw. 0,74;
95%-KI 0,67-0,82 versus 0,58; 95%-KI 0,49-0,67).
Das SOX-PTS und das Méan-Modell zeigte eine gute prädiktive Genauigkeit für die Auftretenswahrscheinlichkeit
eines postthrombotischen Syndroms, während das Amin-Modell kein guter Prädiktor war.
Das SOX-PTS-Modell war dabei besonders spezifi sch und wies einen hohen positiven
prädiktiven Wert auf. Das Méan-Modell war hingegen besonders sensitiv und wies einen
hohen negativen prädiktiven Wert auf. Es sollten Studien folgen, die die Genauigkeit
der Modelle im längerfristigen Verlauf sowie deren Implementierung in die klinische
Praxis auswerten, so die Autoren.
Dr. Katharina Franke, Darmstadt