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DOI: 10.1055/s-0043-1776521
Geburtsmedizinische Versorgung bei Gestationsdiabetes von geflüchteten und immigrierten Frauen im Vergleich zu nicht-immigrierten Frauen in Berlin: eine Analyse quantitativer Daten der Pregnancy and Obstetric Care for Refugees (PROREF) – Querschnittstudie
Einleitung Gestationsdiabetes (GDM) ist ein weltweit zunehmendes Problem mit potentiellen Schwangerschaftskomplikationen und Langzeitfolgen für Mutter und Kind [1]. Die Rate an GDM ist weltweit häufig unter Migrantinnen im Vergleich zu Frauen im jeweiligen Zielland erhöht [2]. Diese Analyse soll zwei Fragen klären: (1) Gibt es einen Unterschied in der Prävalenz an GDM zwischen Frauen mit selbst definiertem Flüchtlingsstatus (sdFS), Immigrantinnen und in Deutschland geborenen Frauen? (2) Unterscheiden sich die Perinataldaten von Frauen mit GDM abhängig vom Migrationsstatus?
Methodik Im Rahmen der DFG-geförderten Pregnancy and Obstetric Care for Refugees (PROREF)- Studie (Teilprojekt der Forschungsgruppe PH-LENS) wurden zwischen Juni 2020 und April 2022 an drei Berliner Perinatalzentren entbundene Frauen mit einer adaptierten Version des Migrant Friendly Maternity Care Questionnaire (MFMCQ) befragt. Die Interviewdaten wurden mit den routinemäßig erhobenen Perinataldaten zusammengefügt. Neben deskriptiven Auswertungen wurden logistische Regressionsanalysen zur Bestimmung der Assoziation von GDM und Flüchtlings-/Migrationsstatus durchgeführt. Es wurde unterschieden zwischen Frauen mit sdFS, Immigrantinnen und in Deutschland geborenen Frauen.
Ergebnisse 3,2% der Frauen mit sdFS (p=0,0025), 1,4% der Immigrantinnen und 0,6% der in Deutschland geborenen Frauen wurden nicht auf GDM getestet. Immigrantinnen hatten häufiger (19,6%, p=0,001) einen GDM als in Deutschland geborene Frauen (15,0%) und Frauen mit sdFS (14,1%). Der Anteil an GDM unterschied sich stark nach Herkunftsland der Immigrantinnen. Die Herkunftsländer Vietnam (OR 3,41) und Türkei (OR 2,18) führen, korrigiert für Alter und Body-Mass-Index, zu einer Risikoerhöhung für das Vorliegen eines GDM. Die Perinataldaten (Episiotomie, arterieller Nabelschnur-pH-Wert<7,10, 5-Minuten-Apgar-Wert und Dammriss 3. oder 4. Grades) bei Frauen mit GDM unterscheiden sich nicht zwischen Frauen mit sdFS, Immigrantinnen und in Deutschland geborenen Frauen.
Diskussion Dass Frauen mit sdFS signifikant seltener auf GDM getestet werden, könnte auf eine Versorgungslücke hinweisen. Allerdings zeigen sich für Frauen mit sdFS keine schlechteren Perinataldaten. Die Frauen sollten dennoch konsequent auf GDM getestet werden. Die Ursachen für starke Unterschiede in der GDM-Häufigkeit je nach Herkunftsland sind ungeklärt. Die Identifikation besonderer Risikogruppen kann helfen, gezielte diversitätssensible Schulungsprogramme zu entwerfen.
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Literatur
- 1 Sweeting A, Wong J, Murphy HR. et al. A Clinical Update on Gestational Diabetes Mellitus. Endocrine Reviews 2022; 43: 763-793
- 2 Gagnon AJ, McDermott S, Rigol-Chachamovich J. et al. International migration and gestational diabetes mellitus: a systematic review of the literature and meta‐analysis. Paediatric and perinatal epidemiology 2011; 25: 575-592
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
15. November 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Sweeting A, Wong J, Murphy HR. et al. A Clinical Update on Gestational Diabetes Mellitus. Endocrine Reviews 2022; 43: 763-793
- 2 Gagnon AJ, McDermott S, Rigol-Chachamovich J. et al. International migration and gestational diabetes mellitus: a systematic review of the literature and meta‐analysis. Paediatric and perinatal epidemiology 2011; 25: 575-592