Hamostaseologie 2023; 43(06): 394
DOI: 10.1055/s-0043-1777816
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Potenzielle globale Gerinnungsparameter für Therapiemonitoring unter Emicizumab

Beratggia Calderara D, Marchi Cappelletti R, Batista Mesquita Sauvage AP. et al.
Pharmacodynamics Monitoring of Emicizumab in Patients with Hemohilia A.

Thromb Haemost 2023;
123: 955-965. 10.1055/s-0043-1769788
 

Während die Behandlung der genetisch bedingten Gerinnungsstörung Hämophilie A in der Vergangenheit in regelmäßigen intravenösen Faktor-VIII-Infusionen bestand, steht heute mit dem Antikörper Emicizumab eine effektive Alternative zur subkutanen Applikation zur Verfügung. Bisher fehlen allerdings Parameter, mit denen sich das Ausmaß der Gerinnungskorrektur beim einzelnen Patienten verlässlich abbilden lässt. In einer aktuellen Studie kristallisierten sich jetzt zwei globale Gerinnungsparameter heraus, mit denen ein solches Monitoring möglich sein könnte.


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Im Rahmen der aktuellen Studie wurden 2 Patienten mit schwerer und 4 Patienten mit mittelschwerer Hämophilie A untersucht. 3 Patienten standen unter einer regelmäßigen Prophylaxe mit rekombinantem Faktor VIII (rFVIII). Die anderen 3 Patienten wurden im Bedarfsfall mit rFVIII behandelt, wiesen aber aufgrund einer hämophilen Arthropathie die Indikation für den Beginn einer regelmäßigen Therapie auf. Bei allen Patienten wurde eine wöchentliche Behandlung mit Emicizumab begonnen (3mg/kg innerhalb des ersten Therapiemonats, dann Reduktion auf 1,5mg/kg). Bei 2 Patienten wurden in den ersten 14 Tagen der Emicizumab-Behandlung die Faktor-VIII-Infusionen weiter fortgesetzt. Es erfolgten Mes-sungen der Emicizumab-Plasmakonzentration und als globale Gerinnungsparameter wurde bei allen Patienten die Thrombin-Generierung (TG) sowie die Fibringerinnsel-Bildung (fibrin clot formation – FCF) gemessen.

Ergebnisse

Nach der Loading-Phase betrug die Emicizumab-Plasmakonzentration im Mittel knapp 70μg/ml; die Schwankungsbreite war gering. Das Profil der Thrombin-Generierung verlief bei allen Patienten zu Therapiebeginn flach. Zu einer Verbesserung kam es sowohl nach der Gabe von rekombinantem Faktor VIII als auch nach der Gabe von Emicizumab. Auffällig war trotz vergleichbarer Emicizumab-Plasmaspiegel nach der Aufsättigungsphase eine große interindividuelle Variabilität der Thrombin-Generierungsprofile. Die Fibringerinnsel waren zu Studienbeginn bei den Patienten mit Hämophilie signifikant kleiner als Fibringerinnsel gesunder Vergleichspersonen. Nach der Gabe von Emicizumab bildeten dann sowohl Patienten mit schwerer als auch Patienten mit moderat ausgeprägter Hämophilie wieder normal große Fibringerinnsel. Die FCF war unter Emicizumab zu Beginn der Gerinnselbildung zwar langsamer als bei Vergleichspersonen ohne Hämophilie, dies wurde aber durch eine beschleunigte FCF im weiteren Verlauf der Gerinnselbildung ausgeglichen. Auch für die FCF ergab sich trotz vergleichbarer Emicizumab-Serumspiegel eine große interindividuelle Variabilität.

Fazit

TG und FCF könnten als potenzielle individuelle globale Gerinnungsmarker unter einer Behandlung mit Emicizumab fungieren. Beide Werte spiegeln die biologische Wirkung des Antikörpers wider und korrelieren nicht mit dem Emicizumab-Serumspiegel. Die Autoren betrachten die Ergebnisse als Hypothesen-generierend, endgültige Rückschlüsse für die klinische Praxis seien aufgrund der sehr kleinen Stichprobe nicht möglich. Es sollten größere multizentrische Studien folgen.

Dr. Katharina Franke, Darmstadt


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Publication History

Article published online:
14 December 2023

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