Dtsch Med Wochenschr 2018; 143(04): 292-293
DOI: 10.1055/s-0044-100325
Facharztfragen
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Eine 34-jährige Patientin mit Struma

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Publication Date:
22 February 2018 (online)

Zu Ihnen kommt eine 34-jährige Patientin, die über eine zunehmende Umfangsvermehrung des Halses klagt. Sie diagnostizieren eine Struma. An welche Ursachen denken Sie?
Antwort

Die häufigste Ursache einer Struma ist Jodmangel. Weitere Ursachen sind entzündliche Erkrankungen der Schilddrüse, Schilddrüsentumoren und Zysten.

Kommentar

Ursachen einer Struma:

  • Jodmangel

  • Immunthyreopathie

  • Zysten

  • Tumoren

  • neoplastische TSH-Produktion

  • Akromegalie

Was genau ist eigentlich eine Struma?
Antwort

Eine Vergrößerung der Schilddrüse über das normale Maß hinaus.

Kommentar

Normales Schilddrüsenvolumen:

  • Frauen: 18 ml

  • Männer: 25 ml

Kennen Sie eine klinische Einteilung für die Größe von Strumen?
Antwort

Ja, eine orientierende Abschätzung wird anhand des Tastbefunds sowie des sichtbaren Ausmaßes der Vergrößerung vorgenommen.

Kommentar

Einteilung der Strumagröße anhand des Tastbefunds und des Aspektes (nach WHO):

  • Grad I: tastbare Struma

  • Grad Ia: nicht sichtbar bei Reklination des Kopfes

  • Grad Ib: sichtbar bei Reklination des Kopfes

  • Grad II: bei normaler Kopfhaltung sichtbare Struma

  • Grad III: sehr große Struma, bereits auf Entfernung sichtbar, Kompressionssymptome

Cave

Angesichts der Möglichkeit zur sonografischen Größenbestimmung von untergeordneter Bedeutung.

Wie gehen Sie bei der gerade erwähnten Patientin weiter vor?
Antwort

Zunächst eine sorgfältige Anamneseerhebung, dann Schilddrüsensonografie und Labordiagnostik.

Kommentar

Basisdiagnostik bei Struma:

  • Anamnese

  • körperliche Untersuchung

  • Sonografie

  • Laboruntersuchungen

Welche Fragen halten Sie denn bei der Anamneseerhebung für relevant?
Antwort

Abklärung einer möglichen Ursache der Struma, Frage nach einer Vorgeschichte hinsichtlich Schilddrüsenerkrankungen sowie Fragen, die eine Einschätzung der Schilddrüsenfunktion erlauben.

Kommentar

Anamneseerhebung bei Schilddrüsenerkrankungen:

  • Mögliche Ursachen:

    • geografische Herkunft

    • Verwendung jodierten Speisesalzes

    • Gravidität

    • relevante Vorerkrankungen, insbesondere Autoimmunerkrankungen

  • Schilddrüsenvorerkrankungen:

    • Operationen

    • Radiojodtherapie

    • Thyreostatika

    • Jodbehandlungen

  • Hinweise für Hypo- oder Hyperthyreose

Können Sie uns die typischen Symptome der Hyperthyreose nennen?
Antwort

Struma, Tachykardie, Gewichtsverlust trotz ausreichender oder hyperkalorischer Nahrungszufuhr, Wärmeintoleranz, Durchfälle, Unruhe.

Kommentar

Klinisches Bild bei Hyperthyreose:

  • Schilddrüse:

    • Struma, auskultatorisch Schwirren

  • Herz:

    • Sinustachykardie

    • Rhythmusstörungen

    • vergrößerte Blutdruckamplitude

  • Gastrointestinaltrakt:

    • Durchfälle

  • Haut:

    • warme und feuchte Haut

    • Haarausfall

  • Allgemeinsymptome:

    • Muskelschmerzen

    • Gewichtsverlust

    • Unruhe

Kennen Sie auch die Symptome der Hypothyreose?
Antwort

Die Symptome der Hypothyreose sind sozusagen spiegelbildlich zu denen der Hyperthyreose: allgemeine Verlangsamung, Kälteempfindlichkeit, trockene und kühle Haut, Obstipation, Bradykardie.

Kommentar

Klinisches Bild bei Hypothyreose:

  • Schilddrüse:

    • u. U. Struma

  • Herz:

    • Bradykardie

    • Herzinsuffizienz

    • periphere Niedervoltage

    • Kardiomegalie

  • Gastrointestinaltrakt:

    • Obstipation

  • Haut:

    • trockene und kühle Haut

    • trockenes und brüchiges Haar

  • Allgemeinsymptome:

    • Müdigkeit, Antriebsarmut, Verlangsamung

    • Kälteempfindlichkeit

    • Gewichtszunahme

    • Depressionen

Sie erwähnten vorhin die Sonografie in der Diagnostik der Struma. Welche Informationen kann Ihnen die Sonografie liefern?
Antwort

Am wichtigsten ist, dass sie eine sehr genaue Größenbestimmung ermöglicht. Darüber hinaus erlaubt sie die Beurteilung diffuser Parenchymveränderungen sowie den Nachweis umschriebener Veränderungen innerhalb des Parenchyms.

Kommentar

Schilddrüsensonografie:

  • Schilddrüsengröße:

    • Die Volumenbestimmung ist sonografisch wesentlich exakter möglich als palpatorisch.

  • Echogenität:

    • Die normale Schilddrüse hat ein homogenes Echomuster.

  • Umschriebene Veränderungen, Inhomogenitäten:

    • Hinweise auf Thyreoiditis, Malignome, Zysten, Autonomien

    • Sonografisch ist eine sichere Diagnosestellung jedoch nicht möglich.

Bei dieser Patientin haben Sie ein Schilddrüsenvolumen von 28 ml festgestellt. Sonografisch liegen keine umschriebenen Veränderungen vor. Anamnestisch bestehen keinerlei Hinweise auf eine Funktionsstörung der Schilddrüse. Wie gehen Sie weiter vor?
Antwort

Bestimmung des TSH, dann Einleitung einer Behandlung.

Kommentar

Diagnostik der klinisch blanden Struma:

  • Palpation, Sonografie, TSH basal

  • Ein normales TSH schließt eine Hypo- oder eine Hyperthyreose aus.

  • Normbereich für TSH: 0,3 – 3,0mU/l

Sie haben jetzt den TSH-Wert vorliegen: Er ist normal. Wie wird die Patientin nun behandelt?
Antwort

Mit Jodid 200 µg/d.

Kommentar

Behandlungsmöglichkeiten der euthyreoten Struma:

  • Jodid

  • Kombination von Jodid und L-Thyroxin

Warum erwähnen Sie nicht die L-Thyroxin-Monotherapie?
Antwort

Die Ursache der euthyreoten Jodmangelstruma, der Jodmangel, sollte immer mitbehandelt werden.

Kommentar

Die Monotherapie mit L-Thyroxin führt zur Rückbildung der Hypertrophie, die Hyperplasie und der intrathyreoidale Jodmangel bleiben erhalten.

Merke

Bei Jodmangelstruma immer auch Jod substituieren.

Warum geben Sie dieser Patientin denn jetzt Jodid und nicht L-Thyroxin?
Antwort

Die Ursache der in Deutschland häufig vorkommenden endemischen Struma ist der Jodmangel. Insbesondere bei jüngeren Menschen ist daher die Jodsubstitution der sinnvollste Therapieansatz. Außerdem ist der Verkleinerungseffekt bei alleiniger Jodgabe vergleichbar mit dem bei einer L-Thyroxin-Behandlung, nach Absetzen der Therapie kommt es aber weniger rasch zu einem Wiederauftreten der Struma.

Kommentar

Jodidbehandlung bei euthyreoter Struma:

  • Therapie der Wahl bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bis zum 50. Lebensjahr

  • Rückbildung der Struma innerhalb von 6 – 12 Monaten

  • Dosis: 100 – 200 µg/d

  • Kontrolle des Therapieerfolgs durch Palpation und Sonografie (30- bis 40 %-ige Volumenreduktion innerhalb eines Jahres)

Wann würden Sie denn die Gabe von L-Thyroxin favorisieren?
Antwort

Bei einer Struma mit serologischen und sonografischen Hinweisen auf das Vorliegen einer chronischen Autoimmunthyreoiditis, da Jod einen stimulierenden Effekt auf Autoimmunreaktionen der Schilddrüse hat. Außerdem erhalten des Öfteren ältere Patienten mit Struma eine L-Thyroxin-Behandlung, allerdings wird diese Therapie häufiger auch zugunsten einer alleinigen Jodbehandlung verlassen.

Kommentar

Therapie der Struma mit L-Thyroxin:

  • ältere Patienten

  • rascher Verkleinerungseffekt

  • Ziel: TSH im unteren Normbereich

  • einschleichende Dosierung: 50 – 75 µg/d, u. U. Steigerung

  • häufig kardiale Nebenwirkungen

  • nach Absetzen rasches Auftreten von Rezidiven

Hat denn eine Kombinationsbehandlung mit Jodid und L-Thyroxin irgendeinen Vorteil?
Antwort

Mit der Kombinationsbehandlung verbindet man den Vorteil der raschen Größenverkleinerung durch L-Thyroxin mit dem länger dauernden Effekt der Jodsubstitution.

Kommentar

Kombinationstherapie der Struma mit Jodid und L-Thyroxin:

  • Jodidanreicherung in der Schilddrüse trotz TSH-Suppression

  • längere Rezidivfreiheit nach Absetzen

  • niedrigerer Thyroxinbedarf und damit bessere Verträglichkeit

  • Reduktion der Gefahr einer jodinduzierten Hyperthyreose oder Immunthyreoiditis

Eine Alternative ist die initiale Thyroxinmonotherapie mit Umsetzen auf eine Jodidmonotherapie in einer Dosierung von 200 µg/d nach einem halben Jahr.

Nach: Berthold Block,

Facharztprüfung Innere Medizin,

3000 kommentierte Prüfungsfragen.

5., vollständig überarbeitete Auflage 2017

ISBN 9783 131 359 551