retten! 2018; 7(01): 1
DOI: 10.1055/s-0044-100717
Editorial
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Palliativeinsätze … Eine besondere Herausforderung im Rettungsdienst

Volker Wanka
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Publication Date:
15 February 2018 (online)

Palliativeinsätze … Eine besondere Herausforderung im Rettungsdienst

Immer häufiger Palliativpatienten Im Zuge der sich stetig weiterentwickelnden Palliativmedizin und der modernen Möglichkeiten der lebensverlängernden Therapieoptionen sind wir zunehmend mit Palliativpatienten im Rettungsdienst konfrontiert. Darauf gilt es vorbereitet zu sein. Oftmals müssen wir von unserem kurativen Ansatz in der Notfallmedizin Abstand nehmen und im Sinne des Patienten und seiner Angehörigen andere Handlungsoptionen wahrnehmen.

Nicht heilen, sondern Leid mindern Dyspnoe, Schmerzen und Übelkeit/Erbrechen sind oft die quälendsten Belastungen am Lebensende: Deshalb steht häufig deren Linderung an erster Stelle. Das fällt uns im Rettungsdienst Tätigen naturgemäß schwer, da unsere Arbeitsmaxime ja normalerweise „Leben retten“ lautet.

Ein weiteres Problem stellt die Tatsache dar, dass Palliativpatienten und oftmals ihre Angehörigen mit der Situation völlig überfordert und nicht adäquat darauf vorbereitet sind. Dann hilft es oft weiter, wenn man Hilfe anbietet: z. B. einen Kontakt zum ambulanten/stationären Hospizdienst herstellen oder den Patienten einer suffizienten Schmerztherapie zuführen.

Hospitalisierung kritisch hinterfragen Sehr häufig möchten präfinale/finale Patienten ihr gewohntes häusliches Umfeld nicht verlassen und betrachten eine Krankenhauseinweisung als sehr belastend. Deshalb sollte eine Hospitalisierung genau überdacht sein. Oftmals können die Patienten bei entsprechender Symptomkontrolle, sowie Betreuung durch die Familie und den ambulanten Hospizdienst zu Hause verbleiben. Eine Therapieeskalation ist in den meisten Fällen nicht nötig. Sollte sich nach einer Therapieeskalation (z. B. Intubation) herausstellen, dass es sich um die finale Phase einer unwiederbringlich zum Tode führenden Erkrankung handelt und der Patient keine lebensverlängernden Maßnahmen möchte, ist diese unverzüglich zu beenden.

Offener Umgang Wichtig ist, mit Palliativpatienten und ihren Angehörigen offen umzugehen und die Probleme und Behandlungsmöglichkeiten direkt anzusprechen. Es bringt niemandem etwas, wenn wir aus Scham oder Angst vor dem nahenden Tod wichtige Dinge außer Acht lassen. Ich habe häufig erlebt, dass die Betroffenen auf offenes und Hilfe anbietendes Verhalten sehr, sehr dankbar reagieren.

Leider werden derartige psychosoziale Aspekte in der Ausbildung von Rettungsdienstmitarbeitern, aber auch Notärzten völlig vernachlässigt oder gar überhaupt nicht gelehrt. Dadurch wird es schwieriger, sich in einer derartigen Situation sicher und adäquat zu verhalten. In diesem Bereich besteht noch deutlicher Nachholbedarf in der Aus- und Weiterbildung.

So, nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen der beiden Titelthemabeiträge und wünsche mir, dass Sie dadurch ein paar Anregungen für den Umgang mit Palliativpatienten in Notfallsituationen erhalten und vielleicht die eine oder andere damit verbundene Angst abbauen können.

Herzlichst Ihr
Volker Wanka

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Volker Wanka