Einleitung
Die Computertomografie hat in den letzten Jahrzehnten gegenüber anderen bildgebenden
Methoden zunehmend an Bedeutung gewonnen. Laut Daten aus den USA hatte sich 2006 die
Anzahl der jährlich durchgeführten CT-Untersuchungen gegenüber den frühen 1980er-Jahren
von ca. 3,3 auf rund 67 Millionen vervielfacht. Zugleich hat sich die durchschnittliche,
durch alle medizinischen Prozeduren verursachte Pro-Kopf-Strahlenexposition in den
USA von rund 0,5 mSv im Jahr 1980 auf ca. 3 mSv im Jahr 2006 versechsfacht und ist
damit etwa vergleichbar zur natürlichen jährlichen Pro-Kopf-Strahlenexposition. Dies
ist vor allem auf die steigende CT-Untersuchungsfrequenz zurückzuführen, die zwar
nur ca. 17 % aller unter Verwendung ionisierender Strahlung durchgeführten bildgebenden
Untersuchungen ausmacht, aber 49 % der gesamten Strahlenexposition zugrunde liegt
[1]. Daten aus Deutschland bestätigen diesen Trend: So betrug hierzulande im Jahr 2014
der Anteil der Computertomografie an der durch die medizinische Anwendung von Röntgenstrahlung
verursachten kollektiven effektiven Dosis laut dem Bundesamt für Strahlenschutz 65 %,
obwohl in nur 9 % aller Untersuchungen eine CT durchgeführt wurde [2]. Zugleich ergab sich in Deutschland für die Jahre 2007 – 2014 ein Anstieg der Häufigkeit
von CT-Untersuchungen um rund 40 % und infolgedessen eine Erhöhung der durch Röntgenanwendungen
verursachten mittleren effektiven Dosis pro Einwohner von ca. 1,4 auf 1,6 mSv [3]. Folglich stellt die CT heute den größten Einzelposten der nicht-natürlichen Strahlenexposition
der Einwohner vor allem von Industrieländern dar.
Warum überhaupt Dosisreduktion?
Angesichts der gestiegenen Pro-Kopf-Strahlenexposition durch CT-Untersuchungen wurden
Befürchtungen laut, diese könne einen Anstieg strahlungsinduzierter Krebserkrankungen
nach sich ziehen [4]
[5]
[6]. Demgegenüber steht die Einschätzung, dass es derzeit keine Beweise für negative
Auswirkungen der im Rahmen medizinischer Untersuchungen üblichen, mit der natürlichen
Strahlenexposition vergleichbaren Expositionen im Bereich einer effektiven Dosis bis
100 mSv auf die menschliche Gesundheit gibt. Die bisweilen angewandte Methode, aus
dem fraglichen Risiko solcher Expositionen und der Häufigkeit durchgeführter Untersuchungen
eine absolute Anzahl von zusätzlichen Krebserkrankungen abzuleiten, wird daher auch
als spekulativ kritisiert [7]
[8]
[9]
[10]. Zugleich gibt es jedoch auch keinen sicheren Schwellenwert, bei dessen Einhaltung
Schäden durch Strahlenexposition mit absoluter Sicherheit auszuschließen sind. Zudem
muss bedacht werden, dass beispielsweise Patienten mit chronischen Leiden durch wiederholte
Untersuchungen kumulativen Dosen von 100 mSv und mehr ausgesetzt sein können. Der
Entscheidung zu einer CT-Untersuchung sollte daher stets ein Abwägungsprozess vorangehen,
wie es auch die Röntgenverordnung bzw. das 2018 in Kraft tretende Strahlenschutzgesetz
fordern [11]
[12]. Letztlich ist davon auszugehen, dass der Nutzen einer klinisch-indizierten CT das
mögliche Risiko überwiegt, sofern die dabei angewandte Strahlendosis der Fragestellung
angemessen ist und weitere Faktoren wie das Alter des Patienten, bereits vorhandene
Voruntersuchungen und die Eignung bzw. Verfügbarkeit alternativer Untersuchungsverfahren
berücksichtigt werden [10]. Umgekehrt kann der Verzicht auf eine eigentlich indizierte CT-Untersuchung ein
Risiko darstellen, da wichtige Diagnosen übersehen werden können [13].
Trotz der nicht einheitlichen Datenlage sollte angesichts des möglichen Schadenpotenzials
bei der Anwendung ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich das ALARA-Prinzip
(As low As Reasonable Achievable) beherzigt und immer mit der niedrigmöglichsten Dosis
untersucht werden, welche die zur Beantwortung der Fragestellung ausreichende Bildqualität ermöglicht
[10]
[13]. Zudem muss der zu erwartende Nutzen das Risiko überwiegen, d. h. eine die Untersuchung
rechtfertigende Indikation bestehen. Dosisreduktion an sich ist aber kein Selbstzweck:
Eine vermeintlich schonende Low-dose-Untersuchung, die aufgrund der zu geringen Dosis nicht die zur Beantwortung der Fragestellung
ausreichende Bildqualität aufweist, schadet dem Patienten, ohne ihm zu nutzen.
Das Ziel dieses Artikels ist es, eine Übersicht über gängige Techniken der Dosisreduktion
in der Computertomografie ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu bieten; hierzu sei
auf entsprechende weiterführende Literatur verwiesen, wobei zahlreiche neuere Arbeiten detaillierte Einblicke in aktuelle Entwicklungen
auf diesem Gebiet der medizinischen Bildgebung vermitteln [2]
[3]
[10]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25]
[26].
Dosisbestimmende Faktoren – Patient und Technik
Die für eine ausreichende Bildqualität im Rahmen einer CT-Untersuchung notwendige
Strahlendosis ist von mehreren Faktoren abhängig, die einerseits durch den Patienten,
andererseits von den angewendeten technischen Parametern bestimmt wird.
Patientenfaktoren
Die klinische Fragestellung, die Patientenstatur und auch die Lagerung auf dem Untersuchungstisch
beeinflussen maßgeblich die für eine CT notwendige Strahlendosis.
Abhängig von der klinischen Fragestellung ist eine höhere oder niedrigere Strahlenexposition
ausreichend ([Abb. 1]). So kann anders als bei der Beurteilung solider Organe wie der Leber bei der Untersuchung
des Lungenparenchyms oder bei der Suche nach Harnsteinen aufgrund des hohen Umgebungskontrastes
dieser Strukturen ein höheres Bildrauschen akzeptiert werden, welches zudem durch
das hierfür üblicherweise gewählte weite Bildfenster (> 1000HU) deutlich weniger sichtbar
ist [35]. Dies ermöglicht eine niedrigere Strahlenexposition. Als weiteres Beispiel sei die
Bildgebung ventrikuloperitonealer Shunts genannt, die ebenfalls mittels Niedrigdosis-CT
erfolgen kann [14]
[36]
[37].
Abb. 1 Niedrigdosis-CT eines Patienten vor operativem Aortenklappenersatz zur Darstellung
aortaler Verkalkungen; diese sind ebenso wie der Aortendiameter gut zu beurteilen
(CTDIvol 0,42 mGy, DLP 14,1mGy*cm). Die Untersuchung wurde am Siemens SOMATOM Force durchgeführt.
Ein für die gesamte Strahlenexposition, unabhängig von den technischen Parametern,
wichtiger Faktor ist die Ausdehnung der für die Beantwortung der Fragestellung zu
untersuchenden Körperregion des Patienten. Daher sollte die Untersuchung auf den entscheidenden
Bereich beschränkt werden, indem zum Beispiel bei der Charakterisierung von Nebennierenläsionen
nicht das gesamte Abdomen abgebildet wird, was eine zusätzliche, jedoch in diesem
Fall nicht-gerechtfertigte Strahlendosis bedeuten würde. Ebenso sind wiederholte Akquisitionen
in verschiedenen Kontrastierungsphasen bei kontrastangehobenen Untersuchungen jeweils
mit einer zusätzlichen Strahlenexposition verbunden. Ist dies, wie beispielsweise
zur Abklärung unklarer Leberläsionen, zwingend erforderlich, können gegebenenfalls
andere Untersuchungsmodalitäten wie die Magnetresonanztomografie oder die kontrastangehobene
Sonografie anstelle der CT eingesetzt werden [13].
Die Patientenstatur ist für die Strahlendosis insofern bedeutend, dass ein schlanker
Patient für ein bestimmtes Bildrauschen und eine bestimmte Bildqualität weniger Strahlendosis
benötigt als ein schwerer Patient [28]. Umgekehrt gilt, dass bei fehlender Anpassung der Scanparameter die Untersuchung
eines voluminösen Patienten zu einem erhöhten Bildrauschen und einer eventuell schlechteren
Bildqualität führt [38]. Dementsprechend muss das Untersuchungsprotokoll auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten
werden.
Da die automatische Modulation von Röhrenstrom und -spannung (siehe folgende Abschnitte)
auf dem aus dem Planungsbild abgeleiteten Schwächungsprofil des Patienten beruhen,
spielt hier die Tischpositionierung eine große Rolle: Eine nicht auf die Körpermitte
zentrierte Stellung täuscht durch den veränderten Abstand zu Röhre und Detektor einen
zu großen bzw. kleinen Patientendurchmesser vor und kann mit einer zu hohen oder niedrigen
Strahlenexposition einhergehen, was sich auch auf die Bildqualität auswirkt ([Abb. 2]) [39]
[40]
[41]. Eine Studie am anthropomorphischen Thoraxphantom ergab bei Verwendung eines p. a.-Planungsbildes
für einen gegenüber der korrekt zentrierten Tischposition um 6 cm nach oben bzw. unten
verschobenen Untersuchungstisch eine Abweichung der Strahlendosis von – 23 bzw. + 38 %.
Zudem konnte gezeigt werden, dass in der klinischen Praxis viele CT-Untersuchungen
bei zu niedriger Tischhöhe durchgeführt werden und deshalb mit einer unnötig hohen
Strahlenexposition einhergehen [40]. Dementsprechend sollte zur Kontrolle der korrekten Zentrierung ggf. ein weiteres
laterales Planungsbild erzeugt werden, welches die Beurteilung der Tischhöhe zulässt
[42], da die nur geringe hierdurch bedingte zusätzliche Strahlendosis vertretbar erscheint.
Eine weitere Alternative besteht darin, ausschließlich ein laterales Planungsbild
zu akquirieren. So konnte eine Studie zur Low-dose-CT-Bildgebung des Thorax belegen,
dass dieses Vorgehen im Hinblick auf die Strahlenhygiene am effizientesten ist [43]. Hier muss allerdings beachtet werden, dass eine Wiederholung des Planungsbildes
notwendig werden kann, falls eine fehlerhafte Tischpositionierung aufgedeckt wird.
Daher sollte bereits bei der Lagerung des Patienten vor der Untersuchung mittels der
seitlichen Lasermarkierung auf die korrekte Tischhöhe geachtet werden.
Abb. 2 CT-Untersuchung einer Patientin mit V. a. Harnleiterkolik rechts bei aktivierter
automatischer Röhrenstrommodulation. Aufgrund des nicht korrekt zentrierten Untersuchungstisches
wurde die Untersuchung mit inadäquat geringer Dosis (CTDIvol 1,7 mGy, durchschnittlicher CTDIvol an diesem Gerät für diese Fragestellung 3,4 mGy) durchgeführt. Das hieraus resultierende
starke Bildrauschen schränkt die Beurteilbarkeit trotz iterativer Rekonstruktion (ADMIRE
2) erheblich ein, weshalb die Bildqualität als nicht ausreichend für die Detektion
kleiner ureteraler Konkremente erachtet wurde.
Technische Faktoren
Röhrenstrom Der von der Röntgenröhre erzeugte Photonenfluss ist proportional zum Röhrenstrom;
daher ist ein um 50 % reduzierter Röhrenstrom gleichbedeutend mit einer um 50 % geringeren
Strahlendosis. Bei unverändertem Untersuchungsobjekt geht diese Dosisreduktion um
den Faktor 2 mit einem auf das √2-fache vergrößerte, also um 41 % höhere Bildrauschen
einher [44]. Der Röhrenstrom lässt sich nur begrenzt verringern, da sonst der Anteil der den
Patienten durchdringenden und zur Bildinformation beitragenden Photonen zu gering
wäre. Der Umkehrschluss, ein höherer Röhrenstrom ginge immer mit einer subjektiv besseren
Bildqualität einher, ist jedoch falsch, da hier auch die Konstitution des Patienten
bedeutsam ist. Beispielsweise ist bei der Befundung einer CT des Abdomens bei adipösen
Patienten ein höheres Bildrauschen akzeptabel als bei schlanken Patienten, da das
vermehrte abdominelle Fettgewebe für ein besseres Kontrast-zu-Rausch-Verhältnis sorgt
[45]
[46].
Abhängig vom Hersteller wird der Röhrenstrom entweder direkt in Milliampère (mA) oder
in Form des Produkts von Röhrenstrom und Expositionszeit in mAs angegeben [35]. Er kann entweder manuell oder automatisch an die Patientenstatur angepasst werden.
Letztere Technik gehört zu den am längsten verfügbaren Werkzeugen zur Dosisreduktion
in der CT und besteht aus zwei Komponenten, die in modernen Geräten in der Regel parallel
angewendet werden [45]
[46]
[47]:
-
Die Modulation entlang der Patientenlängsachse (z-Achsen-Modulation) beruht auf der,
je nach Körperregion, unterschiedlichen Schwächung der Röntgenstrahlung. So ist zur
Untersuchung des Beckens eine höhere Strahlendosis als für den überwiegend luftgefüllten
Thorax notwendig. Anhand des vor dem CT angefertigten Planungsbildes wird die Schwächung
verschiedener Körperregionen abgeschätzt und der Röhrenstrom in Relation zum Tischvorschub
angepasst ([Abb. 3]).
-
Demgegenüber basiert die Modulation entlang der Patiententransversalachse (x-y-Achsen-Modulation)
darauf, dass der menschliche Körper zumeist die Form einer liegenden Ellipse mit höherem
Transversal- als Sagittaldurchmesser hat. Da das Bildrauschen wesentlich durch die
transversalen Projektionen mit hoher Schwächung bestimmt wird, kann der Röhrenstrom
in den sagittalen Projektionen deutlich reduziert werden und wird während jeder Rotation,
abhängig vom Winkel der Röhre zum Patienten, angepasst. Wie die Modulation konkret
erfolgt, ist nicht für alle Hersteller gleich: Während zum Beispiel Geräte von Siemens
eine permanente Anpassung auf Basis der zuvor um 180 Grad versetzt akquirierten Projektionen
durchführen, verzichtet GE auf eine solche Rückkopplung in Echtzeit und wendet stattdessen
eine undulierende Modulation ähnlich einer sinusförmigen Kurve an ([Abb. 3]).
Abb. 3 Darstellung der Röhrenstrommodulation entlang der Längsachse (z-Achsen-Modulation)
wie auch entlang der Transversalachse (x-y-Achsen-Modulation) des Patienten mit Verwendung
eines höheren Röhrenstroms für Körperteile mit hoher Schwächung (z. B. dem Becken)
und umgekehrt (z. B. dem Thorax) bei gleichzeitiger Anpassung entsprechend der Winkelposition
der Röhre (hoher Stromfluss bei transversalen Projektionen, niedriger Stromfluss bei
sagittalen Projektionen). Horizontale Achse: Tischposition; vertikale Achse: Schwächung
und Stromfluss; rote Linie: konstanter Röhrenstrom; grüne Linie: Röhrenstrom bei aktivierter
Modulation; gestrichelte Linien: Schwächung.
Auch sonst sind die zur Justierung der Röhrenstrommodulation angewandten Algorithmen
herstellerabhängig [45]
[48]. Siemens und Philips legen die für einen Standardpatienten bzw. eine Referenzuntersuchung
hinterlegten Parameter zugrunde, um die Intensität der Röhrenstrommodulation festzulegen.
Diese werden vom Anwender so gewählt, dass eine zur Beantwortung der Fragestellung
ausreichende Bildqualität erzielt wird (s. o. „Patientenfaktoren“). Anstatt unabhängig
von der Patientenstatur ein stets gleichbleibendes Bildrauschen anzustreben, was bereits
bei einem um rund 4 cm größeren Patientendurchmesser eine Verdopplung der applizierten
Dosis erfordern würde, wird die Modulation dahingehend angepasst, dass adipösere Patienten
mit geringerer Dosis bzw. schlanke Patienten mit höherer Dosis untersucht werden,
als es zur Aufrechterhaltung eines konstanten Bildrauschens nötig wäre. Der Hintergrund
dieses Vorgehens besteht in dem bereits oben erwähnten Umstand, dass bei adipösen
Personen ein höheres Bildrauschen als tolerabel erachtet, bei schlanken Patienten
hingegen ein geringeres Rauschen angestrebt wird. Zusätzlich lässt sich die Intensität
der Modulation abhängig vom Hersteller beeinflussen; so erlaubt beispielsweise Siemens
eine Graduierung in fünf Stufen (very weak – weak – average – strong – very strong)
[15]. GE und Toshiba versuchen hingegen, unabhängig von untersuchter Körperregion und
Patientenkonstitution ein konstantes Bildrauschen aufrechtzuerhalten. Um auch bei
Geräten dieser Hersteller ein der Patientenstatur gerechtes Kontrast-zu-Rausch-Verhältnis
zu erreichen, kann entweder die gewünschte Intensität des Bildrauschens nach Größe
und Gewicht variiert werden, oder es wird durch Minimum- und Maximum-mA-Werte sichergestellt,
dass schlanke Personen nicht mit zu geringer bzw. adipöse Patienten mit zu hoher Dosis
untersucht werden [46].
Abhängig von untersuchter Körperregion wurde für Untersuchungsprotokolle mit Röhrenstrommodulation
gegenüber Protokollen mit fixem Strom-Zeit-Produkt von einer Dosisreduktion im Rahmen
von 20 – 68 % berichtet, ohne dass die diagnostische Verwertbarkeit eingeschränkt
wurde, wobei von einem insgesamt höheren, jedoch über das gesamte Untersuchungsvolumen
homogeneren Bildrauschen berichtet wurde [48]
[49].
Röhrenspannung Obwohl die von einer Röntgenröhre abgegebene Strahlung das Resultat des Zusammenwirkens
von Röhrenspannung und -strom ist und beide Parameter in der Regel nicht isoliert
voneinander moduliert werden, erscheint eine alleinige Betrachtung der Röhrenspannung
aus didaktischen Gründen sinnvoll, da anders als beim Röhrenstrom der Zusammenhang
von Röhrenspannung und abgegebener Strahlung komplexer ist: Diese verhält sich nicht
linear, sondern etwa proportional zum Quadrat der Röhrenspannung. Einen gleichbleibenden
Stromfluss vorausgesetzt geht eine Erhöhung der Röhrenspannung von 120 auf 140 kV
mit einer um ca. 50 % höheren, eine Reduktion von 120 auf 100 oder gar 80 kV mit einer
um ca. 33 bzw. 65 % geringeren Dosis einher [46]
[50]. Die Anpassung der Röhrenspannung an die Patientenstatur und die Fragestellung birgt
also ein hohes Potenzial zur Dosisreduktion, wobei zu beachten ist, dass hiermit auch
eine Änderung des Kontrastverhaltens vor allem bei Verwendung jodhaltiger Kontrastmittel
verbunden ist.
Für eine ausreichende Bildinformation muss die geringere Energie der bei reduzierter
Spannung abgegebenen Photonen durch einen höheren Röhrenstrom ausgeglichen werden,
da hierbei der relative Anteil niederenergetischer Strahlung zunimmt, der bevorzugt
im Patienten absorbiert wird und somit zu einer Dosiszunahme führt, ohne zur Bildinformation
beizutragen. Dies gilt insbesondere bei adipösen Patienten, sodass eine Erniedrigung
der Röhrenspannung bei diesen zu einer höheren Strahlendosis führen kann. Außerdem
verfügt das CT-Gerät nicht unbedingt über die nötigen Leistungsreserven zur Anpassung
des Röhrenstroms, um adipöse Patienten mit verringerter Röhrenspannung zu untersuchen
[50].
Mit geringerer Röhrenspannung und der damit verbundenen Annäherung an die k-Kante
des Jods bei 33,17keV steigt die Wahrscheinlichkeit von Interaktionen der Photonen
mit Jod, weshalb die Schwächung durch jodhaltige Kontrastmittel bei niedrigerer Röhrenspannung
stärker ist und sich daher mit jodhaltigen Kontrastmitteln bei geringerer Röhrenspannung
eine bessere Kontrastierung erzielen lässt. Aus diesem Grund ist eine geringere Röhrenspannung
oft bei kontrastangehobenen Untersuchungen sinnvoll, wobei auf die gleichwertige Anpassung
der niedrigeren Röhrenspannung durch einen höheren Stromfluss verzichtet werden kann,
da das durch die nun niedrigere Dosis höhere Bildrauschen durch die bessere Kontrastierung
ausgeglichen und trotzdem ein ausreichendes Kontrast-zu-Rausch-Verhältnis erzielt
wird [51]. Neben CT-Angiografien gilt dies in geringerem Maße auch für andere kontrastangehobene
Untersuchungen, wobei zu bedenken ist, dass bei Untersuchungen parenchymatöser Organe
wie etwa der Leber zur Detektion auch flauer Läsionen ausreichend Strahlendosis zur
Verfügung stehen muss. Wenn dies bei niedrigen Röhrenspannungen nicht gewährleistet
ist, kann unter Umständen ein Scan mit höherer Röhrenspannung vorteilhaftere Ergebnisse
erzielen. Weitere Vorteile einer niedrigeren Röhrenspannung liegen darin, bei Patienten
mit eingeschränkter Nierenfunktion Kontrastmittel zu sparen oder eine ausreichende
Kontrastierung bei Patienten mit schlechten Venenverhältnissen zu erzielen, bei denen
über periphere Zugänge nur geringe Flussraten möglich sind [50].
Die Anpassung der Röhrenspannung kann manuell mittels Orientierung an Parametern wie
Körpergewicht oder Body-Mass-Index erfolgen. Eleganter, aber nicht generell verfügbar,
sind Techniken zur automatischen Selektion der Röhrenspannung, die in den letzten
Jahren entwickelt wurden. Diese können mit der Röhrenstrommodulation kombiniert werden
und basieren ebenfalls auf dem zuvor akquirierten Planungsbild sowie dem für die jeweilige
Fragestellung gewünschten Kontrast-zu-Rausch-Verhältnis. Beispielsweise erlaubt die
von Siemens angebotene Software (CARE kV) eine Graduierung des angestrebten Kontrast-zu-Rausch-Verhältnisses
in 12 Schritten, wobei höhere Stufen rein das Kontrast-zu-Rausch-Verhältnis erhalten
und so eine verringerte Röhrenspannung mit verringerter Strahlendosis mit dem Ziel
einer verbesserten Kontrastierung bei gleichzeitig akzeptiertem höheren Bildrauschen
nach sich ziehen, wie es für CT-Angiografien angebracht ist (Stufe 12 ist für CT-Angiografien
vorgesehen). Niedrigere Stufen verringern die Strahlendosis nicht so stark, um zwar
einerseits durch den Übergang zu geringeren Spannungen die Kontrastierung zu verbessern,
andererseits das Bildrauschen aber nicht zu sehr zu erhöhen. Das ist für kontrastmittelunterstützte
Untersuchungen parenchymatöser Organe wie der Leber vorteilhaft (Stufe 7). Stufe 3
dagegen erhält das Bildrauschen beim Übergang von einer Spannung zur anderen und findet
bei nativen Untersuchungen Anwendung [52]. Anschließend werden anhand des ermittelten Schwächungsprofils verschiedene Kombinationen
von Röhrenstrom und -spannung simuliert, um die für die jeweilige Untersuchung dosissparendste
Kombination zu bestimmen [16]
[51]. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass auf diesem Weg eine gute diagnostische
Bildqualität bei gleichzeitig reduzierter Strahlenexposition möglich ist [18]
[52]
[53]. In einer kürzlich erschienenen Arbeit, die den Einsatz von CARE kV zur CT-Angiografie
vor geplantem kathetergestütztem Aortenklappenersatz untersuchte, wurde zudem von
einer nach objektiven und subjektiven Kriterien über einen Spannungsbereich von 70 – 100 kV
gleichbleibend hohen diagnostischen Bildqualität berichtet. Demgegenüber zeigte sich
bei adipösen Patienten und den damit verbundenen höheren Röhrenspannungen über 100 kV
eine etwas schlechtere, jedoch immer noch diagnostisch verwertbare Bildqualität. Somit
erscheint die Verwendung solcher Werkzeuge zur Dosisreduktion unabhängig von der Statur
des zu untersuchenden Patienten praktikabel, zumal in der zitierten Studie auf die
Anpassung der Kontrastmittelmenge an das Patientengewicht verzichtet wurde, durch
die eine weitere Verbesserung der Kontrastierung und somit der Bildqualität möglich
wäre [17]. Insgesamt ermöglicht diese Technik gemäß den Ergebnissen einer Auswertung von über
100.000 weltweit durchgeführter Untersuchungen eine am CTDIvol gemessene, über alle Körperregionen gemittelte Dosisreduktion von ca. 15 % gegenüber
der bislang üblichen Praxis der manuellen Wahl der Röhrenspannung, die je nach Körperregion
auch deutlich höher ausfallen kann (etwa 56 % bei Untersuchungen des Felsenbeines
bzw. 49 % bei Becken-/ Beinangiografien). Überraschenderweise zeigte sich hier jedoch
auch ein Anstieg der durchschnittlichen Dosis um 7 bzw. 26 % bei Untersuchungen der
BWS und LWS bzw. bei Untersuchungen zur Detektion von Nieren- und Harnleitersteinen
aufgrund einer häufigeren automatischen Selektion der maximal verfügbaren Röhrenspannung
von 140 kV. Gemäß den Autoren ist jedoch unklar, ob dieser Anstieg auf Fehler bei
der Implementation und Einstellung der Software zurückzuführen oder als Ausdruck einer
generell fehlenden Eignung des beschriebenen Werkzeugs für diese Arten von CT-Untersuchungen
zu verstehen ist [16]. Auch auf dem Gebiet der Kinderradiologie wurde für CT-Angiografien und kontrastangehobene
Untersuchungen von Thorax und Abdomen sowohl am Phantom wie auch an Patienten nachgewiesen,
dass die Nutzung dieses Werkzeuges gegenüber Untersuchungsprotokollen mit einer fixen
Spannung von 120 kV Dosiseinsparungen in einer Größenordnung von 27 % bei erhaltener
Bildqualität ermöglicht [54]
[55]. Allerdings muss hier einschränkend angemerkt werden, dass eine Röhrenspannung von
120 kV in vielen Fällen für die Anwendung bei Kindern weniger geeignet ist und der
Vorteil der automatischen Selektion der Röhrenspannung gegenüber fixen Spannungswerten
von 100 kV oder weniger deutlich geringer ausfallen dürfte.
Tischvorschub (Pitch) Sofern alle übrigen Scanparameter konstant gehalten werden, bewirkt eine isolierte
Erhöhung des Tischvorschubs bei Mehrzeilen-CTs eine proportional geringere Untersuchungsdosis,
allerdings auch ein erhöhtes Bildrauschen [28]. Da bei Scannern von Siemens und Philips eine automatische Anpassung des Röhrenstroms
an den Pitch vorgenommen wird, wodurch Strahlendosis, Schichtdicke und Bildrauschen
unabhängig vom Pitch konstant bleiben, gilt der oben beschriebene Zusammenhang von
Tischvorschub und Strahlendosis bei diesen Geräten nicht [35]. Hier ist ein höherer Pitch daher eher von Bedeutung, um die Untersuchungszeit zu
verkürzen und so Bewegungsartefakte zu vermeiden. GE und Toshiba hingegen verzichten
auf eine solche automatische Anpassung des Röhrenstroms an den Pitch, wodurch bei
diesen Geräten ein höherer Tischvorschub mit einer geringeren Strahlendosis einhergeht,
aber auch mit erhöhtem Bildrauschen in dünnen Schichten.
Bildrekonstruktion Anders als die bisher genannten Parameter hat die Bildrekonstruktion keine direkte
Auswirkung auf die Patientendosis. Die in den letzten Jahren entwickelten Techniken
der iterativen Rekonstruktion (IR) ermöglichen es aber, im Vergleich zur sonst üblichen
gefilterten Rückprojektion (filtered-back-projection, FBP) bei gleicher Dosis eine
bessere oder bei geringerer Dosis eine gleichwertige Bildqualität insbesondere in
Bezug auf das Bildrauschen zu erreichen.
FBP gilt als robust und schnell, benötigt jedoch ein höheres Mindestmaß an applizierter
Dosis, da sonst die Qualität einer Untersuchung durch Bildrauschen und Artefakte stark
eingeschränkt werden kann. Dies ist beispielshalber bei adipösen Patienten und nicht
ausreichend angeglichener Strahlendosis zu beobachten. Teil der Bildrekonstruktion
ist ein Filterungsprozess durch sogenannte Faltungskerne (englisch: kernels), womit
entweder eine höhere Bildschärfe mit Betonung der Kanten von kontrastreichen Objekten
(Knochen und Lunge) auf Kosten eines höheren Bildrauschens oder eine bessere Beurteilung
von kontrastarmen Objekten (parenchymatöse Organe) durch ein geringeres Bildrauschen
mit jedoch geringerer Bildschärfe erreicht wird [56]
[57].
IR ermöglicht es dagegen, in gewissem Umfang den in der FBP vorliegenden Zusammenhang
zwischen erhöhter Bildschärfe und erhöhtem Bildrauschen zu durchbrechen und bei erhaltener
Bildschärfe in den eher homogenen Bereichen des Bildes geringes Bildrauschen zu erhalten,
wodurch die Strahlendosis reduziert werden soll. Diese Technik wurde bereits in den
Anfangsjahren der CT zur Bildrekonstruktion genutzt, erwies sich aber angesichts steigender
Datenmengen als nicht praktikabel und wurde deshalb durch die schnellere FBP verdrängt.
Mit der Entwicklung und Verfügbarkeit schneller Rechner ist jedoch inzwischen die
breite klinische Nutzung von IR-Techniken ohne wesentlich größeren Zeitaufwand möglich
geworden [56]
[57]
[58].
Vereinfacht liegt das Prinzip der IR darin, die gemessenen CT-Rohdaten mit simulierten
Rohdaten zu vergleichen, um Bildrauschen und Artefakte schrittweise zu reduzieren.
Der erste Schritt besteht meist in einer Rekonstruktion mittels FBP (Rückprojektion).
Daraufhin wird in Kenntnis der Geräte-Eigenschaften (Scannergeometrie etc.), ausgehend
vom erhaltenen CT-Bild, das nun als Modell für das Untersuchungsobjekt dient, eine
CT-Akquisition simuliert und simulierte Projektionsdaten generiert (Vorwärtsprojektion).
Gemessene und simulierte Rohdaten werden verglichen, um damit Korrekturprojektionen
zur Rekonstruktion eines „Korrekturbildes“ zu ermitteln. Gleichzeitig dienen nicht-lineare
Filteroperationen im Bild- und im Rohdatenraum zur Reduktion des Bildrauschens. Dieser
Zyklus wird mehrere Male wiederholt, bis die gewünschten Bildeigenschaften erreicht
sind.
Die von verschiedenen Herstellern angebotenen iterativen Rekonstruktionstechniken
unterscheiden sich in ihrer Komplexität. So nutzen die üblicherweise in der klinischen
Routine eingesetzten IR-Techniken weniger rechen- und somit zeitaufwändige Algorithmen,
da auf häufige Rück- und Vorwärtsprojektionen verzichtet wird. Stattdessen finden
wiederholte Filtervorgänge zur Entfernung von Bildrauschen und Artefakten statt, die
entweder nur auf der Ebene der Bild- oder Rohdaten oder auf beiden Ebenen stattfinden
können. Wie oft und mit welcher Filterstärke diese Schritte durchgeführt werden, lässt
sich bei vielen der kommerziell angebotenen IR-Systemen durch den Benutzer stufenweise
graduieren. Ein Beispiel für einen nur auf Bilddatenebene zum Tragen kommenden iterativen
Rekonstruktionsalgorithmus ist IRIS (Siemens), wohingegen SAFIRE und ADMIRE (Siemens),
AIDR 3 D (Toshiba), iDose4 (Philips) und ASIR-V (GE) Vertreter von auf Bild- und Rohdatenebene
wirkenden iterativen Rekonstruktionstechniken darstellen [56]
[57]
[58].
Findet hingegen bei jedem Zyklus aus Rück- und Vorwärtsprojektion jeweils eine statistische
Gewichtung der Rohdaten mit dem Ziel statt, stark verrauschte Rohdaten weniger zum
Bild beitragen zu lassen und so das Bildrauschen zu reduzieren, spricht man von einer
statistischen iterativen Rekonstruktion. Ein Beispiel dafür ist die von GE unter der
Bezeichnung VEO angebotene iterative Rekonstruktionstechnik. Solche Verfahren können
auch die Scannergeometrie (Größe der Detektorpixel und des Fokus im Röntgenstrahler)
genauer modellieren, um die Bildschärfe zu erhöhen, wobei dann von einer modellbasierten
iterativen Rekonstruktion (MBIR) gesprochen wird. Die von den Herstellern verwendete
Nomenklatur ist allerdings nicht immer eindeutig: So stellt der von GE als ASIR (adaptive-statistische-iterative-Rekonstruktion)
angebotene Algorithmus eines der ersten iterativen Rekonstruktionsverfahren dar und
ist nur eingeschränkt mit den neueren statistischen und modellbasierten Verfahren
vergleichbar. Statistische iterative Rekonstruktionen und modellbasierte iterative
Rekonstruktionen benötigen sehr viele Zyklen aus Rück- und Vorwärtsprojektion, sind
deshalb sehr rechenaufwändig und haben in der Regel lange Bildrekonstruktionszeiten,
was den Einsatz in der klinischen Routine bislang einschränkt, obwohl aus Studien
eine verbesserte Bildqualität bei der Rekonstruktion von Low-dose-CT-Daten bekannt
ist [19]. Dies könnte sich jedoch mit dem Einsatz neuerer Generationen statistischer iterativer
Rekonstruktionsalgorithmen ändern: So wurde in einer kürzlich publizierten Studie
zum Einsatz eines solchen Prototypen auf dem Feld der CT-Koronarangiografie von einer
Rekonstruktionszeit von lediglich fünf Minuten berichtet – was für den klinischen
Einsatz vertretbar erscheint – bei zugleich verringerter Strahlendosis und verbesserter
Bildqualität [20].
Ein Problem bei der Anwendung iterativer Rekonstruktionstechniken kann der veränderte
Bildeindruck insbesondere bei höherer Rauschreduktion darstellen, da homogenere Flächen
zunehmend „plastikartig“ und wie gemalt erscheinen können ([Abb. 4a – e]) [57]. Vor allem bei Einführung von IR empfiehlt es sich daher, auf niedrigerem Niveau
zu beginnen, um dem Anwender eine schrittweise Gewöhnung an den veränderten Bildeindruck
zu ermöglichen.
Abb. 4 CT-Untersuchung eines Patienten mit hepatisch und lymphogen metastasiertem neuroendokrinem
Tumor des Pankreas als Beispiel für den durch iterative Rekonstruktion veränderten
Bildeindruck. Die Bilder wurden mit ADMIRE (Advanced Modeled Iterative Reconstruction,
Siemens-Healthineers) in fünf ansteigenden Iterationsgraden mit einer Fensterbreite
von 350HU und einem Zentrum von 50HU rekonstruiert. Das verringerte Bildrauschen lässt
homogene Flächen wie z. B. das Leberparenchym mit höheren ADMIRE-Stufen kontrastärmer
wirken, während die perirenale Fettgewebsimbibierung zunehmend verschwommen wirkt
(a ADMIRE 1, b ADMIRE 2, c ADMIRE 3, d ADMIRE 4 und e ADMIRE 5).
Über die letzten Jahre wurden zahlreiche Studien bezüglich des Potenzials von IR-Techniken
zur Dosisreduktion publiziert, wobei von Einsparungen von ca. 20 bis zu über 75 %
berichtet wurde [21]
[59]
[60]. Allerdings wurde in einer Arbeit auch gezeigt, dass zu aggressive Dosisreduktion
trotz Anwendung von IR zu einem Verlust an Niedrigkontrastauflösung bei der Beurteilung
von Objekten mit geringem Umgebungskontrast führt. Die Autoren dieser Studie rieten
daher trotz des Einsatzes von IR von einer zu ambitionierten Dosisreduktion ab, wenn
beispielsweise native Untersuchungen des Schädels zum Ausschluss eines Schlaganfalls
oder kontrastangehobene Untersuchungen der Leber zur Detektion von Metastasen durchgeführt
werden, bei denen eine ausreichende Kontrastauflösung auch bei geringem Kontrast entscheidend
ist, um z. B. Läsionen nicht zu übersehen [61].
Dosisüberwachung und -management
Die CT hat sich in den letzten Jahren stets weiterentwickelt und ist dosiseffizienter
geworden. Dies schlägt sich auch in den zuletzt im Juli letzten Jahres nach unten
korrigierten diagnostischen Referenzwerten des Bundesamts für Strahlenschutz nieder,
welche „der 75. Perzentile einer Verteilung von Patientendosen verschiedener Anwender“
entsprechen und „nicht als im Idealfall erreichbare Werte“ zu verstehen sind [24]. Gerade mit modernen Geräten sind also auch weit niedrigere Dosen erreichbar als
in den diagnostischen Referenzwerten angegeben. Was vom Stand der Technik her möglich
wäre, wird jedoch nicht sofort in der klinischen Praxis umgesetzt, wie erst kürzlich
für die Situation in Deutschland gezeigt werden konnte [65]. Um dem Potenzial der teils komplexen technischen Neuerungen gerecht zu werden bedarf
es eines Optimierungsprozesses, der die Übersicht voraussetzt, wo Verbesserungen möglich
sind. Zwar wird in der Regel zu jeder CT ein Dosisreport angelegt und mit den Bildern
im PACS gespeichert, jedoch ist eine manuelle stichprobenartige Durchsicht dieser
Information, um so besonders dosisintensive Untersuchungen zu identifizieren, zeitraubend
und kann nur ein unvollständiges Bild liefern. Ein weiterer hiervon unabhängiger,
jedoch nicht weniger bedeutsamer Aspekt der Dosisüberwachung betrifft die bereits
eingangs erwähnte Problematik hoher Kumulativdosen einzelner Patienten durch wiederholte
Untersuchungen, welche sich ohne geeignete Hilfsmittel nicht ohne Weiteres eruieren
lassen [25].
Als Lösung bieten inzwischen mehrere Hersteller Softwaretools zum Dosismanagement
an. Diese erlauben es, anhand von Parametern wie CTDI, DLP, effektiver Dosis oder
SSDE die durchschnittliche Dosis einzelner Untersuchungsprotokolle zu ermitteln und
Optimierungspotenzial aufzudecken, wobei neben der Computertomografie auch andere Modalitäten angebunden werden können.
Eine Übersicht über mehrere am Markt verfügbare Dosismanagementsysteme ist in [Tab. 1] aufgeführt, für eine detaillierte Darstellung sei auf entsprechende Veröffentlichungen
verwiesen [26]
[66]. Am Beispiel von Radimetrics (Bayer), für das eigene Erfahrungen unserer Abteilung
vorliegen, sollen im Folgenden typische Fähigkeiten von Dosismanagementprogrammen
erläutert werden: So kann der Benutzer Grenzwerte für Untersuchungsprotokolle definieren
und wird bei deren Überschreitung gewarnt, wobei gehäufte Abweichungen ein Indiz auf
das Vorliegen systematischer Fehler bei der Durchführung von CT-Untersuchungen liefern
können, welche sich somit aufdecken und beheben lassen. Ebenso lassen sich Grenzwerte
für Kumulativdosen von Patienten festlegen und Warnungen bei drohender Überschreitung
generieren, damit der betroffene Patient gegebenenfalls einer anderen geeigneten Untersuchung
unterzogen wird. Die Dosisüberwachung mittels automatisch erzeugter Alarmmeldungen
anhand von durch den Nutzer vorab definierter Grenzwerte kann somit sowohl auf der
Ebene einzelner Untersuchungsprotokolle als auch individueller Patienten erfolgen
[25]. Auch kann beispielsweise der durchschnittliche Dosisbedarf verschiedener CT-Geräte
für die Untersuchung bestimmter Körperregionen auf diesem Weg ermittelt und verglichen
werden, um so zum Beispiel jüngere Patienten gezielt an dosissparenden Geräten zu
untersuchen ([Abb. 5]) [67]. Große Datenmengen lassen sich so mit vergleichsweise geringem Aufwand verarbeiten;
hier sei auf eine Veröffentlichung aus den USA verwiesen, in der die durchschnittliche
Dosis von fast 200 000 innerhalb eines Jahres an über 80 000 Patienten in fünf verschiedenen
Kliniken durchgeführten CT-Untersuchungen ermittelt wurde [68]. Darüber hinaus lassen sich Untersuchungen simulieren, um mittels hinterlegter Phantome
und Monte-Carlo-Simulationen die Auswirkungen veränderter Parameter wie etwa Scanlänge,
Röhrenspannung und -strom auf die Patientendosis zu ermitteln, was beispielsweise
zur Schulung in der Ausbildung von MTRA eingesetzt werden kann.
Tab. 1
Übersicht über verschiedene Dosismanagementsysteme; CT: Computertomografie; XA: Angiografie;
DR: digitale Radiografie; MG: Mammografie; PET: Positronen-Emissions-Tomografie; SPECT: Single-Photon-Emissions-Tomografie
(modifiziert nach 64,65)
Name
|
tqm I DOSE
|
Radimetrics
|
DoseWatch
|
DoseM
|
DoseWise
|
DoseTrack
|
Hersteller
|
Agfa
|
Bayer
|
GE
|
Infinitt
|
Philips
|
Sectra
|
Modalitäten
|
CT, XA, DR, MG, PET-CT, SPECT-CT
|
CT, XA, DR, MG, PET-CT, SPECT-CT
|
CT, XA, DR, MG, PET-CT, SPECT-CT
|
CT, XA, DR, MG, PET-CT, SPECT-CT
|
CT, XA, DR, MG, PET-CT, SPECT-CT
|
CT, XA, DR, MG, PET-CT, SPECT-CT
|
Standort
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lokal
|
lokal
|
lokal
|
lokal
|
lokal
|
Cloud
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Berechnung der Strahlenexposition
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Konversionsfaktoren, Monte-Carlo-Simulation, eigener Algorithmus
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Konversionsfaktoren, Monte-Carlo-Simulation
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Konversionsfaktoren, eigener Algorithmus
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Konversionsfaktoren
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Konversionsfaktoren
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Konversionsfaktoren, Monte-Carlo-Simulation, eigener Algorithmus
|
Alarmmeldungen konfigurierbar
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ja
|
ja
|
ja
|
ja
|
ja
|
ja
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Grafische Darstellung von Analyseergebnissen
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Grafikvorlagen und individuell gestaltbare Grafiken
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Grafikvorlagen und individuell gestaltbare Grafiken
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individuell gestaltbare Grafiken
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Grafikvorlagen und individuell gestaltbare Grafiken
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Grafikvorlagen und individuell gestaltbare Grafiken
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Grafikvorlagen und individuell gestaltbare Grafiken
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Abb. 5 Balkendiagramm mit Vergleich der durchschnittlichen effektiven Dosis für eine Standard-CT-Untersuchung
des Abdomens über sechs aufeinanderfolgende Monaten an einem älteren 64-Zeilen-Scanner
ohne iterative Rekonstruktion (Siemens Sensation 64, links) und einem Dual-Source-Scanner
der neuesten Generation mit iterativer Rekonstruktion (Siemens Somatom Force, rechts).
Wegen des deutlich geringeren Dosisbedarfs wird diese Untersuchung möglichst am neueren
Gerät durchgeführt, was zu einer deutlich höheren Untersuchungszahl führt (Sensation
64: 63 Untersuchungen, Somatom Force: 483 Untersuchungen; nicht dargestellt). Ein
systematischer Unterschied hinsichtlich der Körperkonstitution des an beiden Geräten
untersuchten Patientenkollektivs besteht nicht.
Gemäß der bis 2018 in nationales Recht umzusetzenden EURATOM-Richtlinie 2013/59 ist
in der CT die verstärkte Hinzuziehung von Medizinphysik-Experten (MPE) vorgesehen,
zu deren Aufgaben auch die „Optimierung des Strahlenschutzes von Patienten (…), einschließlich
der Anwendung und Verwendung diagnostischer Referenzwerte“ gehört [69]. Zwar legt die Richtlinie nicht fest, wie der MPE seine Aufgaben erfüllen soll;
angesichts der enormen Datenmengen erscheint die Umsetzung einer effizienten Überwachung
und Optimierung aber nur möglich, wenn auf Hilfsmittel wie die voreingestellten Softwaretools
zurückgegriffen wird.