Albright CM.
et al.
Internal validation of the sepsis in obstetrics score to identify risk of morbidity
from sepsis in pregnancy.
Obstet Gynecol 2017;
130: 747-755
doi:10.1097/AOG.0000000000002260
In den „Sepsis in Obstetrics Score“ fließen die Körpertemperatur, der systolische
Blutdruck, die Herz- und Atemfrequenz, die periphere Sauerstoffsättigung, die Leukozytenzahl,
der Anteil unreifer Neutrophiler sowie die Laktatkonzentration ein. In der retrospektiven
Entwicklungskohorte hatte sich ein Score von 6 Punkten zur Vorhersage einer intensivmedizinischen
Behandlungspflichtigkeit der Patientinnen als optimal erwiesen. Die prospektive Validierung
erfolgte an einem Kollektiv von 1250 Müttern, die sich während der Schwangerschaft
bzw. bis zu 2 Wochen nach der Geburt aufgrund eines SIRS (Systemic Inflammatory Response
Syndrome) in der Notaufnahme des „Women and Infants Hospital“ in Providence/Rhode
Island vorstellten. Die Berechnung des Scores erfolgte anhand der aufgezeichneten
Vitalparameter und der Laborbefunde der Patientinnen. Der individuelle Punktwert war
zum Zeitpunkt der Erstversorgung unbekannt. Primärer Studienendpunkt war die Intensivpflichtigkeit
aufgrund einer Sepsis innerhalb von 48 Stunden. Die sekundären Outcome-Parameter umfassten
die Notwendigkeit einer telemetrischen Überwachung, die Dauer des Klinikaufenthalts,
die Blutkultur- und Influenzatestergebnisse sowie die Zeit bis zur Einleitung einer
antibiotischen Therapie. Ferner wurde der prädiktive Nutzen des „Sepsis in Obstetrics
Score“ mit der Performance weiterer, nicht schwangerschaftsspezifischer Scores verglichen.
Ergebnisse
Bei 425 Frauen (34%) wurde die Diagnose „Sepsis“ gestellt, da bei ihnen ein klinischer
Infektionsverdacht bestand bzw. eine Infektion nachgewiesen werden konnte. In 14 dieser
Fälle war eine Behandlung auf der Intensivstation erforderlich und weitere 45 Patientinnen
mussten telemetrisch überwacht werden. Zehn der intensivmedizinisch behandelten Patientinnen
(71,4%) waren Schwangere. Die auf die Intensivstation aufgenommenen Frauen litten
am häufigsten an einer Pyelonephritis, Pneumonie oder Influenza. Die Patientinnen
mit einem Score ≥ 6 wiesen im Vergleich zu Patientinnen mit einem niedrigeren Punktwert
einen signifikant höheren Body-Mass-Index auf und hatten signifikant häufiger eine
Pyelonephritis und seltener eine Gastroenteritis. Weitere Parameter, die bei einem
Score ≥ 6 signifikant häufiger auftraten, waren eine fetale Tachykardie, eine stationäre
Aufnahme, eine Aufnahme auf die Intensivstation sowie eine telemetrische Überwachung.
Ferner war bei hohen Punktwerten der Klinikaufenthalt länger, es wurden häufiger Blutkulturen
abgenommen, die zudem häufiger positiv waren, und es wurden häufiger und schneller
Antibiotika verordnet. Die Analyse der ROC-(Receiver-Operating-Characteristic-)Kurve
bezüglich der Prädiktion der Intensivpflichtigkeit ergab für den „Sepsis in Obstetrics
Score“ eine AUC (Area Under the Curve) von 0,85 (95%-KI 0,76 – 0,95). Bei einem Cut-off
von 6 errechnete sich für den Score eine Sensitivität von 64% (95%-KI 35,1 – 87,2),
eine Spezifität von 88% (95%-KI 85 – 90,6), ein positiver Vorhersagewert von 15% (95%-KI
7,1 – 26,6) sowie ein negativer Vorhersagewert von 98,6% (95%-KI 96,8 – 99,6). Anders
als von den Autoren erwartet, zeigten 2 der etablierten Scoring-Systeme im Studienkollektiv
eine vergleichbare prädiktive Performance wie der schwangerschaftsspezifische Sepsis-Score.
Fazit
Geburtshilfliche Patientinnen, die aufgrund eines septischen Krankheitsbilds einer
intensivmedizinischen Behandlung bedürfen, so die Autoren, lassen sich mithilfe des
„Sepsis in Obstetrics Score“ zuverlässig identifizieren und einer zielgerichteten
Behandlung zuführen. Andererseits kann aufgrund des hohen negativen Vorhersagewerts
bei einem Score < 6 von einem minimalen Risiko für eine klinische Verschlechterung
ausgegangen werden. So können unnötige Interventionen vermieden werden.