Prof. Dr. Rolf Janka
Herr Professor Janka, zunächst ganz allgemein gefragt: Welchen Stellenwert hat die
MRT in der muskuloskelettalen Radiologie?
Prof. Dr. Rolf Janka Das klassische Röntgen ist die Basisbildgebung in der muskuloskelettalen Radiologie
und erste Wahl bei der Frage nach Frakturen und Knochentumoren. Die MRT weist jedoch
eine viel höhere Spezifität und Sensitivität auf und lässt insbesondere bei Verletzungen
von Bandstrukturen, Knorpel- und Meniskusschäden Röntgen, CT und nuklearmedizinische
Untersuchungen weit hinter sich. Dies trifft auch bei chronischen Schmerzen zu. Hier
kann durch Röntgen nur selten die richtige Diagnose gestellt werden.
In welchen Fällen kommt die MRT denn besonders häufig zum Einsatz?
Hier ist z. B. der Rückenschmerz zu nennen. Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule zeigen
ganz selten die Ursache des Schmerzes. Denn sehr oft ist die Ursache entweder ein
Bandscheibenvorfall oder eine entzündliche Veränderung. Ersterer lässt sich im Röntgenbild
nicht ausmachen, letztere erst in späten Stadien, aber die möchten wir ja vermeiden,
da eine frühe Behandlung wichtig für einen guten Therapieverlauf ist. Ein anderes
konkretes Bespiel sind Knieverletzungen beim Skifahren, das ist ja gerade wieder ein
aktuelles Thema. Ganz selten liegt hier eine Fraktur vor. Häufig handelt es sich hier
um Meniskus- oder Bandverletzungen und diese sieht man nur in der MRT.
Welches Ziel verfolgen die Protokollempfehlungen zu Messsequenzen für die Gelenk-MRT
und welche Vorteile bringen sie mit sich?
Sie sollen eine Orientierungslinie für Radiologen sein, die im muskuloskelettalen
Bereich tätig sind. Ebenso können sie eine Hilfe sein, wenn man in einer Praxis oder
Klinik selbst neue Protokolle aufstellen möchte. Der ideale Fall wäre natürlich, wenn
wir uns alle an eine Empfehlung halten würden, denn dann würden alle unsere MRT-Aufnahmen
ähnlich aussehen und wären damit sehr gut vergleichbar. Es ist ja häufig so, dass
die Aufnahmen in einer Praxis gemacht werden, die Patienten aber letztendlich in einer
Klinik behandelt werden. Die Aufnahmen gehen also durch viele Hände, bevor sie zum
behandelnden Orthopäden oder Chirurgen gelangen. Wenn sie alle gleich oder zumindest
ähnlich aussehen würden, wäre die Lesbarkeit deutlich erleichtert.
Wie sind die Protokollempfehlungen aufgebaut?
Es gibt einen allgemeinen Teil, in dem erläutert wird, welche Messsequenzen und welche
Auflösung bei der Gelenk-MRT gewählt werden sollten und wann der Einsatz von Kontrastmittel
sinnvoll sein kann. Ein typisches Beispiel hierfür wäre wieder der Rückenschmerz.
Hier gibt es Patienten, die mehrere MRTs erhalten mit dem Ergebnis, dass man immer
ein bisschen was an den Bandscheiben findet. In Wirklichkeit aber haben sie eine entzündliche
Veränderung z. B. der kleinen Wirbelgelenke oder der Verbindungen zwischen Knochen
und Bandstrukturen (Enthesen), die man mit der Gabe von Kontrastmittel sehr gut erkennen
könnte. Nach diesem allgemeinem Teil folgen die Empfehlungen zu den einzelnen Gelenken,
gegliedert nach den Gelenken der oberen und unteren Extremität.
Welche Bedeutung hat die heterogene Geräteausstattung an den einzelnen Standorten
für die angestrebte Vereinheitlichung der Protokolle?
Die in den Protokollen beschriebenen Sequenzen sind an jedem MR-Scanner, unabhängig
von dem Hersteller, einstellbar. Einer Vereinheitlichung steht somit von Herstellerseite
nichts im Wege.
Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Faktoren, damit die veröffentlichten Protokollempfehlungen
auch praktisch zur Anwendung kommen?
Es war uns sehr wichtig bei der Erstellung der Empfehlungen, dass diese alltagstauglich
sind. Drei Faktoren spielen hier eine entscheidende Rolle. Zum Ersten ist vor allem
die Untersuchungszeit zu beachten, denn in vielen radiologischen Praxen und Kliniken
herrscht ein hoher Zeitdruck. So sind die Empfehlungen hinsichtlich der Auflösung
so gestaltet, dass man gute Ergebnisse in einem angemessenen zeitlichen Rahmen erhält.
Zu lange Messzeiten haben wir bewusst als negativen Faktor mit bedacht und vermieden.
Zum Zweiten haben wir die Anzahl der Sequenzen so gewählt, dass diese in einem alltäglichen
Setting gut durchführbar sein sollten und sich – abgesehen von sehr wenigen Einzelfällen
– auch mit dem derzeitigen Vergütungskatalog der Krankenkassen umsetzen lassen. Zum
Dritten schließlich sind alle Empfehlungen auf die gängige Geräte-Ausstattung von
radiologischen Praxen ausgerichtet. 3-Tesla-Geräte sind nicht erforderlich, um den
Protokollempfehlungen zu folgen.