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DOI: 10.1055/s-0044-1787223
Inflammatory skin and bowel disease beim Neugeborenen – eine Kasuistik
Authors
Im Oktober 2023 stellte sich eine 33-jährige VI. Gravida, II. Para erstmalig in der 26+3. SSW in unserer Klinik vor. Bei vorzeitigen Wehen und einem Fruchtblasenprolaps wurde eine Lungenreifeinduktion mit Dexamethason unter i.v. Tokolyse, sowie eine Antibiotikaprophylaxe mit Ampicillin durchgeführt.
Bei vorzeitigem Blasensprung erfolgte einen Tag nach der Erstvorstellung eine sekundäre Sectio caesarea nach Misgav-Ladach in ITN.
Es wurde ein extrem unreifes Neugeborenes aus Querlage geboren (995 g, 36 cm, APGAR 5/7/9, Na-pH: 7,33, BE -1,9 mmol/l)
Bei der Erstuntersuchung auf der neonatologischen ITS zeigte das Mädchen multiple Hämatome, eine ödematöse Haut und Alopecia sowie eine Hyperexzitabilität.
In den ersten Lebenstagen wurden eine wechselnde metabolische Azidose, eine Elektrolytstörung und eine Glukosurie bei Normoglykämie nachgewiesen. Sonographisch ein auffälliger Nierenbefund. Es bestand ein extrem gesteigerter Flüssigkeitsbedarf bis maximal 300 ml/kgKG/d.
Der Hautbefund wurde zunehmend erythrodermatisch, ichthyosiform mit deutlicher Schuppenbildung und intertriginöse Erosionen. Bei ausbleibender Besserung wurde die Familienanamnese erweitert und eine genetische Diagnostik sowie dermatologische Mitbetreuung eingeleitet.
Es wurde eine Therapie mit glycerinhaltiger Pflegecreme/Basiscreme und Natriumhydrogencarbonat-Pulver Bäder angesetzt. Zusätzlich erfolgte eine Substitutionstherapie mit Natriumbicarbonat, Kalium, Magnesium und Spurenelementen.
In der durchgeführten genetischen Diagnostik wurde eine pathogene Variante im EGFR-Gen in homozygoter Form nachgewiesen. Diese Variante ist vereinbar mit einer EGFR-assoziierten entzündlichen Haut- und Darmerkrankung bei Neugeborenen.
Die Patientin erhält aktuell eine Hautpflege mit Natriumhydrogencarbonat-Pulver Bäder, Prednicarbat, Octenidin-Creme, Adtop und Vitop Creme, sowie eine Substitutionstherapie mit Magnesium,eine Rachitisprophylaxe mit Vitamin D,eine Inhalationstherapie mit Salbutamol, NaCl-0,9% und Budesonid, eine atemanaleptische Therapie mit Coffeincitrat und eine symptomatische Therapie mit Fenistil, Espumisan, Lactulose und Infloran.
Aufgrund des Nachweises einer hypertrophen Kardiomyopathie mit minimaler Mitralklappeninsuffizienz wurde eine Therapie mit Metoprolol angesetzt.
Schlussfolgerung Nach Literaturrecherchen ist das “Inflammatory skin and bowel disease, neonatal 2” Syndrom eine seltene, lebensbedrohliche autoinflammatorische Erkrankung mit Immunschwäche, welche durch wiederkehrende Entzündungen und Infektionen der Haut und des Darms von Geburt an gekennzeichnet ist. Die Erkrankung folgt einem autosomal-rezessiven Erbgang.
Diese Erkrankung wurde bei mindestens 18 frühgeborenen Roma-Kindern aus 16 Familien mit homozygoter Mutation c.1283G>A (p.Gly428Asp) in EGFR beschrieben.
Die Erkrankung ist fast immer tödlich (medianes Überleben weniger als 6 Monate), der therapeutische Fokus liegt auf der symptomatischen Therapie.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. Juni 2024
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