Einleitung: Die Gesundheit der Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels zu schützen, ist
eine wichtige und wachsende Aufgabe für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in
Deutschland. Hieraus ergeben sich neue inhaltliche und strukturelle Bedarfe für die
Arbeit des ÖGD. Im Bereich Klimawandel und Gesundheit gibt es derzeit eine deutliche
Zunahme von Aktivitäten, die eine wichtige Rolle für den ÖGD spielen, einschließlich
der Entwicklung neuer Strategien, Akteure und Gremien. Um vor diesem Hintergrund die
wachsende Landschaft zur Unterstützung und Förderung der Arbeit des ÖGD in Deutschland
bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und zu gestalten, ist es notwendig die aktuellen
Bedarfe des ÖGD zum Thema Klimawandel und Gesundheit zu kennen.
Methodik: Die Geschäftsstelle für Klimawandel und Gesundheit des Robert Koch-Instituts (RKI)
identifizierte zunächst in einem Stakeholder-Mapping Institutionen, Netzwerke und
Fachpersonen an der Schnittstelle von Klimawandel und Gesundheit und dem ÖGD. Hierbei
stand – im Sinne eines qualitativen Forschungsansatzes – eine möglichst breite Meinungsvielfalt
und Repräsentation diverser Akteure im Vordergrund. Das Projektteam führte in der
zweiten Jahreshälfte 2023 explorative leitfadengestützte Fachgespräche, Gruppendiskussionen
und Hintergrundgespräche durch. Beteiligt wurden Mitarbeitende aus allen Ebenen des
ÖGD und Fachpersonen weiterer relevanter Institutionen. Die anschließende Kondensierung
der anonymisierten Gesprächsinhalte orientierte sich an der qualitativen Inhaltsanalyse.
Die Ergebnisse wurden mit den Resultaten weiterer Umfragen des RKI abgeglichen.
Ergebnisse: Ein Schwerpunkt bei den von den Fachpersonen geäußerten Bedarfen des ÖGD lag thematisch
im Bereich Hitze, gefolgt von Steckmücken-übertragenen Erkrankungen, wasserbürtigen
Infektionen und Intoxikationen sowie Extremwetterereignissen. Strukturell wurden Bedarfe
an (i) Informationen als Grundlage für Aktivitäten und Politikberatung („Evidence
for action“), (ii) Bedarfe im Kontext Ermächtigung zur Mitwirkung des ÖGD im Kontext
Klimawandel und Gesundheit („Empowerment“) (u.a. auch durch Schaffung eines klaren
rechtlichen Handlungsrahmens), (iii) Bedarfe bezüglich einer Verbesserung der Gesundheitsberichterstattung
und des Gesundheitsmonitorings und (iv) Informationsmaterial für die Bevölkerung geäußert.
Auch die Bedeutung des fachlichen Austauschs, der Aufbau auf bereits bestehenden Ressourcen
und einer strukturierten Verbreitung von Guten-Praxis-Beispielen aus dem ÖGD wurden
betont.
Diskussion: Die Projektergebnisse bieten eine wichtige Grundlage, um existierende und geplante
Aktivitäten zu Klimawandel und Gesundheit auf den verschiedenen Ebenen des ÖGD bestmöglich
an den aktuellen Bedarfen auszurichten. Aktuelle Projekte des RKI sollen hierzu beitragen,
u.a. durch die Erweiterung der Gesundheitsberichterstattung um klimabedingte Gesundheitsaspekte
und die Bereitstellung von Informationsmaterial für verschiedene Zielgruppen. Im Rahmen
der Umsetzung der Ergebnisse ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen
Akteuren unter Berücksichtigung ihrer Rollen und Zuständigkeiten und der prioritären
Bedarfe erforderlich.