In Deutschland leiden etwa vier Millionen Menschen an einer seltenen Erkrankung. Nach
               europäischer Definition gilt eine Erkrankung als selten, wenn weniger als 5 von 10.000
               Menschen von ihr betroffen sind. Bisher sind rund 8.000 dieser Erkrankungen entdeckt
               worden. Zu diesen zählen beispielsweise das Mammakarzinom des Mannes oder das Vaginalkarzinom.
               Die Inzidenz des männlichen Mammakarzinoms liegt bei ca. 0,5 – 1% aller Brustkrebsfälle,
               sodass in Deutschland jährlich ca. 600 neue Fälle diagnostiziert werden. Das Vaginalkarzinom
               ist mit ca. 500 Neuerkrankungen pro Jahr eines der seltensten gynäkologischen Malignome
               in Deutschland.
            Aufgrund der Seltenheit dieser Erkrankungen können betroffene Patient*innen oft nicht
               auf ein flächendeckendes Versorgungsnetz zurückgreifen. Ein weiteres Problem ist das
               mangelnde Wissen über Ursachen, Symptome sowie Therapiemöglichkeiten. Dieses Wissensdefizit
               kann zu möglichen Konsequenzen wie medizinischer Über- oder Untertherapie führen.
               Durch flächendeckende Dokumentation und Analyse der Diagnose, Therapie und des Follow-up
               durch klinische Krebsregister können gezielt Forschungsfragen, auch seltener Tumorentitäten,
               adressiert werden.
            In der vorliegenden retrospektiven, bevölkerungsbasierten Kohortenstudie wurden 2510
               Männer mit invasivem Mammakarzinom sowie 1325 Patientinnen mit Vaginalkarzinom aus
               18 deutschen klinischen Krebsregistern analysiert, die zwischen 2000 bis 2020 bzw.
               2022 diagnostiziert wurden.
            Männliche Brustkrebspatienten wiesen im Vergleich zu Frauen ein signifikant höheres
               Risiko für ungünstige Prognosefaktoren wie fortgeschrittenes Stadium, Lymphgefäßinvasion
               und primäre Fernmetastasen auf. In der multivariablen Analyse hatten Männer ein 1,32-fach
               erhöhtes Sterberisiko, ebenso war das Rezidivrisiko signifikant um den Faktor 1,53
               erhöht.
            Die 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate bei Patientinnen mit Vaginalkarzinom betrug 53,8
               % und wurde in der multivariablen Analyse signifikant vom Alter bei der Diagnose,
               dem Nodalstatus und der Tumorgröße beeinflusst.
            Die vorliegende Studie identifiziert wichtige prognostische Faktoren, die das Überleben
               beim Mammakarzinom des Mannes und beim Vaginalkarzinom beeinflussen und liefert Informationen
               zur Optimierung der Therapie.
            Zusammenfassend können klinische Krebsregister auch bei seltenen Tumorentitäten die
               reale Versorgungsqualität abbilden und helfen, bislang ungeklärte Forschungsfragen
               zu beantworten.