Hintergrund: Subjektiv betrachtet, scheint der Beratungsbedarf bei der Schulaufnahmeuntersuchung
(SCHAU) sehr hoch insbesondere in sozial benachteiligten Gebieten. Der tatsächliche
Aufwand der Beratungsbedarfe ist jedoch bisher noch nicht ermittelt worden. Die Ermittlung
des Beratungsbedarfs und die damit geleistete Arbeit des Personals in den Gesundheitsämtern
wird jedoch zunehmend wichtiger, da durch den Fortschritt im Bereich Digitalisierung
auch zunehmend personelle Einsparungen im Kinder- und Jugendärztlichen Dienst vorgesehen
sind.
Daraus resultiert die Fragestellung, wie hoch der tatsächliche Beratungsbedarf bei
Leipziger Einschülerinnen und Einschülern ist. Zudem soll untersucht werden, ob es
gebietsbezogene Unterschiede gibt oder Veränderungen in den letzten Jahren zu beobachten
waren.
Umsetzung: Die Datengrundlage bilden die SCHAU der Einschulungsjahrgänge 2019-2024 in der Stadt
Leipzig, wobei jeweils eine Vollerhebung vorhanden ist. Dabei wurden alle Items einbezogen,
welche in der Untersuchung erhoben wurden und außerdem eine spezifische Auswertung
ausgewählter Befunde (z.B. SOPESS-Test Items) vorgenommen. Aus den Befundergebnissen
wurden Sommenscores bei gebildet, wenn Auffälligkeiten vorlagen, welche mit einem
Beratungsbedarf verbunden sind. Im Anschluss wurden Analysen nach Vorliegen einer
Auffälligkeit (binär) und der Anzahl an Beratungsbedarfen vorgenommen. Für den Beratungsbedarf
wurden zusätzlich Kategorien gebildet, die einen Vergleich von Ortsteilen erleichtern.
Ergebnisse: In der Stadt Leipzig zeigt sich, dass unter Einbezug aller Untersuchungsergebnisse
nur ca. zwei Prozent der Kinder völlig ohne Beratung die SCHAU verlassen. Dabei zeigen
sich im Vergleich zu Untersuchungen von 2018/19 keine signifikanten Verschlechterungen,
wie es vielleicht durch die Pandemie zu erwarten war. Der durchschnittliche Beratungsbedarf
liegt bei 3,3 Beratungen pro Kind. Dabei gibt es deutliche Unterschiede in Bezug auf
den Wohnort des Kindes. Kinder, welche in sozial benachteiligten Stadtteilen wohnen,
haben deutlich höhere Chancen für Auffälligkeiten und einen erhöhten Beratungsbedarf.
Auffällig sind auch geschlechtsspezifische Unterschiede.
Diskussion: Die Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit der SCHAU und bilden eine wichtige
Grundlage für die Personalplanung und Ressourcensteuerung im Amt. Es zeigt sich, dass
die fortschreitende Digitalisierung (noch) keine Personaleinsparungen rechtfertigt.
Die Untersuchungs- und Beratungszeit muss speziell auf Zielgruppen angepasst sein,
sodass bedarfsgerecht gesteuert werden kann. Dabei müssen besonders regionale Unterschiede
ernst genommen und Ressourcen entsprechend gelenkt lenken werden (z. B. Untersuchungszeit,
Priorisierung Untersuchungsgebiete). Außerdem sollte für eine geschlechtsspezifische
Beratung im Kollegium sensibilisiert und objektive Untersuchungsergebnisse angestrebt
werden. Limitierungen bestehen bei der Auswahl der Items aufgrund der Objektivität
der Untersuchungsergebnisse und möglicher Verzerrungen aufgrund nicht vorgelegter
Untersuchungsnachweise (Impfungen, Vorsorge) sowie der ungewohnten Untersuchungssituation
für Kinder allgemein.