Hintergrund: Verschiedene Bevölkerungsgruppen haben unterschiedliche Gesundheitschancen, beispielsweise
aufgrund sozialer, wirtschaftlicher oder umweltbedingter Faktoren. Bevölkerungsmedizinische
Forschung analysiert, wie diese die Gesundheit beeinflussen und entwickelt Maßnahmen,
um Ungleichheiten zu verringern. Dabei liefert sie Entscheidungsträgern wissenschaftlich
fundierte Daten, um Gesundheitsstrategien und -richtlinien zu entwickeln. Diese helfen,
politische Maßnahmen zu formulieren und thematisch zu priorisieren. So kann langfristig
die Gesundheit der gesamten Bevölkerung verbessert werden.
Daher ist im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und in der Bevölkerungsmedizin wissenschaftliches
Arbeiten entscheidend, um die Gesundheit von Bevölkerungsgruppen zu verstehen, zu
schützen und zu verbessern. Ein weiteres Ziel ist es dabei, in der Praxis evidenzbasiert
zu arbeiten und damit den ÖGD weiterzuentwickeln.
Derzeit gibt es bundesweit verschiedene Ansätze, einerseits wichtige Themen der Öffentlichen
Gesundheit mit bestehenden Aktivitäten in Lehre und Forschung zu verzahnen, sowie
andererseits Lehre und Forschung in den Einrichtungen des ÖGD zu fördern.
Im dritten Bericht des Beirates für den Pakt ÖGD wird die Empfehlung ausgesprochen,
dass sich insbesondere größere Gesundheitsämter zu einem „Lehr- und Forschungsgesundheitsamt“
weiterentwickeln. Mit der Region Hannover und den Städten Berlin, Frankfurt, München
sowie Stuttgart haben sich Vertreter/innen der bundesweit größten kommunalen ÖGDs
sowie weitere Partner auf diesen Weg gemacht.
Umsetzung: Um eine Strategie zu erarbeiten, wie Gesundheitsämter als „Lehr- und Forschungsgesundheitsämter“
eingerichtet und weiter ausgebaut werden können, haben sich die o. g. Partner/innen
im Rahmen eines gemeinsamen, interkommunalen Workshops ausgetauscht.
Hierzu erfolgte im ersten Schritt zunächst eine kollektive Bestandsanalyse. Im zweiten
Schritt wurde anhand von Zielfragen ein Konsensus-Papier erstellt, welches Rahmenbedingungen
für ein kommunales Lehr- und Forschungsgesundheitsamt definiert. Besonders ist hier,
dass die jeweiligen Gebietskörperschaften die „Lehre und Forschung“ als „eigene Aufgabe“
definiert haben und die wesentlichen Aktivitäten zur Weiterentwicklung direkt aus
den Kommunen erfolgt, also aus der „Herzkammer“ des ÖGD.
Diskussion: Die Etablierung von Lehr- und Forschungsgesundheitsämtern als Kompetenzzentren stellt
einen zukunftsweisenden Schritt zur Stärkung des ÖGD und der Bevölkerungsmedizin dar.
Hierbei ist die länderübergreifende interkommunale Zusammenarbeit von Gesundheitsämtern
ein wesentlicher Meilenstein bei der Weiterentwicklung von Lehre und Forschung im
ÖGD. Vorteile dieses Vorgehens sind, dass die Praxis-Ebene des ÖGD Lehre und Forschung
gestaltet. Damit können relevante Fragestellungen selbst generiert, gemeinsam erforscht
und in maßgeschneiderte Lösungen für die Praxis umgewandelt werden. Für seine Fachkräfte
eröffnet der kommunale ÖGD hiermit zudem wissenschaftliche Tätigkeitsfelder und kann
so die Attraktivität des ÖGD für weitere Personenkreise erhöhen. Als Mehrwert können
so bestmöglich evidenzbasierte Aktivitäten ausgearbeitet werden, welche die Bevölkerungsgesundheit
erhöhen und das Öffentliche Gesundheitswesen reaktionsschneller und resilienter machen.