Einleitung: Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) als zentraler Akteur der Öffentlichen Daseinsvorsorge
trägt Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung. Diese wurde durch die SARS-CoV-2-Pandemie
als Auslöser einer gesundheitlich-sozialen Versorgungskrise sowohl für die Bevölkerung
als auch die Gesundheitspolitik sichtbar. In der Konsequenz wurde 2020 der Pakt für
den ÖGD verabschiedet und die bundesweite finanzielle und strukturelle Stärkung des
ÖGD bis zum Jahr 2026 beschlossen [1]. Dieser Reforminitiative liegt das Leitbild
für einen modernen ÖGD zugrunde, welches eine Zukunftsperspektive für die Weiterentwicklung
des ÖGD hinsichtlich seiner Struktur, Aufgaben und Arbeitsweisen beschreibt [2]. Im
Rahmen des Forschungsprojektes wird die Fragestellung untersucht, wie sich der lokale
ÖGD als Arbeitgeber in den Bereichen Personal und Ressourcen, organisatorische und
digitale Infrastruktur sowie Koordination und Netzwerkbildung in Folge der Umsetzung
des Paktes entwickelt.
Methodik: Das als Mixed Methods-Studie geplante Forschungsprojekt wird zwischen 2024 und 2026
durchgeführt. Der Modernisierungsprozess des ÖGD wird auf Ebene der kommunalen Gesundheitsämter
untersucht. Hierzu wurden 2024 eine Literatur- und Dokumentenanalyse durchgeführt
sowie ein theoretisches Modell für die institutionelle Modernisierung des ÖGD konzipiert.
Dieses umfasst die Dimensionen Personal und Ressourcen, organisatorische und digitale
Infrastruktur sowie Governance. Im Rahmen der qualitativen Datenerhebung wurden ein
Interviewleitfaden entwickelt und Expert:innen-Interviews mit Amtsleiter:innen von
Gesundheitsämtern, kommunalpolitischen sowie gewerkschaftlichen Interessensvertreter:innen
und ÖGD-nahen Public-Health-Akteuren durchgeführt. Die qualitative Inhaltsanalyse
der Interviews und die Planung und Durchführung eine Befragung der kommunalen Gesundheitsämter
erfolgt 2025.
Ergebnis: Modernisierungsaktivitäten des lokalen ÖGD, die der pfadabhängig-institutionellen
Modernisierung zugeordnet werden, beschränken sich in den drei Dimensionen Personal
und Ressourcen, Infrastruktur sowie Governance primär auf den Ausgleich des jahrzehntelangen
Investitionsstaus der Gesundheitsämter und den Aufgabenbereich Gesundheitsschutz.
Darüberhinausgehende Modernisierungsmaßnahmen werden dem Szenario der programmatisch-institutionellen
Modernisierung zugeordnet und beschreiben den Wandel des lokalen ÖGD hin zu einer
mandatierten koordinativ-partizipativen Steuerungsinstanz der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Charakterisierend sind Modernisierungsmaßnahmen innerhalb der Organisations- und Personalstrukturentwicklung,
die Umsetzung von Digitalisierungsstrategien und die Erweiterung koordinativ-steuernder
Aufgabenbereiche.
Diskussion: Das Modell der institutionellen Modernisierung wird als theoretische Grundlage für
die Analyse der Modernisierungsprozesse von Gesundheitsämtern unter Berücksichtigung
derer heterogenen Ausgangslage verwendet. Dabei wird der Pakt für den ÖGD als primärer
Treiber für die bundesweiten Modernisierungsaktivitäten der Gesundheitsämter gesehen.
Aufgrund einer bislang unklaren Anschlussfinanzierung nach 2026 sind die langfristigen
Auswirkungen des Paktes auf den Prozess der Modernisierung des ÖGD jedoch ungewiss.
Demzufolge kommt dem Engagement von Einzelakteuren eine Schlüsselfunktion zu. Relevant
ist beispielsweise, ob sich die fachlich verantwortlichen und kommunalpolitischen
Leitungsfunktionen als „Policy Entrepreneure“ verstehen. Die Ausgestaltung der Modernisierungsaktivitäten
der Gesundheitsämter werden im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes analysiert
und anhand des Modells der institutionellen Modernisierung beschrieben.