Zielsetzung Frühgeborene (FG) haben ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen, die auf ihre Unreife
zurückzuführen sind. Eine besondere Risikogruppe stellen Very low birthweight (VLBW)
Frühgeborene (Geburtsgewicht<1500g) dar. Eine optimale Ernährung kann wesentlich zur
Prävention von Erkrankungen beitragen [1]
[4]. Der Zeitraum des enteralen Kostaufbaus, also die Phase, in der die Kinder parenteral
und enteral ernährt werden, bis hin zur vollständigen enteralen Ernährung, birgt Herausforderungen
[1]
[2].
Muttermilch (MOM) stellt dabei die bevorzugte Nahrung dar [3]. In der insbesondere frühen postnatalen Phase ist jedoch nicht immer ausreichend
MOM verfügbar. Zum Beispiel aufgrund von Frühgeburtlichkeit, Trennung von Mutter und
Kind oder maternalen Erkrankungen wie Eklampsie oder HELLP-Syndrom kann es zu Verzögerungen
in der Laktation kommen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in solchen
Fällen Spendemilch (FM) als bevorzugte Ersatznahrung und erst als zweite Wahl Formula-Nahrung
[3].
Diese Studie untersucht den enteralen Kostaufbau von VLBW – Frühgeborenen mit MOM
und FM als Ersatznahrung im Vergleich zu einem Kostaufbau mit MOM und Formula.
Material und Methoden In dieser retrospektiven Fall-Kontroll-Studie wurden Daten von 50 VLBW-FG, die im
UKSH-Campus Kiel behandelt wurden (2016 – 2024) und deren Kostaufbau mit MOM und FM
erfolgte, analysiert (Kohorte A) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (Kohorte B).
Die Kontrollgruppe wurde mit MOM und Formula ernährt. Die Kohorten wurden in Bezug
auf Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht gematcht.
Ergebnisse Der Kostaufbau in Kohorte A (MOM+FM) gelang signifikant schneller als in Kohorte
B (8,88 Tage / 17,06 Tage; p=0,009). In Kohorte B war der Kostaufbau mit 162 Tagen
bei einem Kind überdurchschnittlich lange. Unter Ausschluss der Daten dieses Kindes
lag die Dauer des Kostaufbaus in Kohorte A weiterhin bei 8,88 Tagen und bei Kohorte
B bei 14,102041 Tagen (p=0,000005).
Das Wachstum der Frühgeborenen aus Kohorte A/B, gemessen an Längenzunahme (3,03cm
/ 4,23cm), Kopfumfangszunahme (1,804cm / 1,572cm) und Gewichtszunahme (269,48g / 245,21g)
im Verlauf (Lebenstag 1-21) zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden
Gruppen.
Die Kohorten unterschieden sich nicht in Bezug auf abdominelle Komplikationen, wie
zum Beispiel die Nekrotisierende Enterokolitis (NEC). In beiden Gruppen trat jeweils
1 Fall von NEC auf.
Zusammenfassung Wir konnten zeigen, dass der Kostaufbau von FG, die mit humaner Milch (MOM und FM)
ernährt wurden, signifikant (p=0,009) schneller erfolgte. Im Gegensatz zu Ergebnissen
aus der Literatur [5] war das Wachstum der FG, die pasteurisierte FM und MOM erhielten annährend gleich.
Zusammenfassend unterstreichen unsere Ergebnisse, dass der enterale Kostaufbau mit
Spendemilch als Ersatznahrung zu MOM gegenüber Formula-Nahrung Vorteile bietet.