Hintergrund Amelanotische maligne Melanome (AMM) entstehen aus mutierten Melanozyten, denen die
Pigmentierung fehlt. AMM repräsentieren 2-8% aller malignen Melanome und können in
allen Körperregionen mit verschiedener Klinik auftreten. Es besteht eine Prädilektion
für Männer und hellhäutige Personen. AMM mit Befall der Wirbelsäule sind bisher nicht
beschrieben, das Management entsprechend komplex.
Material und Methode Wir berichten über eine Patientin, die nach pathologischer BWK11-Fraktur im Herbst
2022 eine operative Therapie primär abgelehnt hatte. Die Wiedervorstellung in der
Neurochirurgie erfolgte im Frühjahr 2024 nach transienter Besserung mit Rückenschmerzen
seit Herbst 2023 mit CT-graphisch gesicherter Destruktion der BWKs 10-12 und intermittierenden
Hypästhesien der 4. Zehe rechts.
Ergebnis Bei der 42-jährigen Frau wurde das AMM stanzbioptisch gesichert. Fernmetastasen sowie
eine BRAF V600E Mutation lagen nicht vor. In einem mehrstufigen Konzept erfolgte zuerst
eine dorsale Instrumentierung von BWK 8 auf LWK 1 (Viper Prime; Depuy Synthes) durch
die Unfallchirurgie, dann eine subtotale Korporektomie Th 9 – 12 mit Rekonstruktion
der vorderen Säule mittels distrahierbarem Wirbelkörperersatzimplantat (XRL Vertebral
Body Replacement Device, DePuy-Synthes) nach simultanem ausgedehnten thoraxchirurgischen
Tumordebulking über linksseitige Thorakotomie 6 Wochen später.
Die Patientin erhielt anschließend 4 Zyklen Immunkombinationstherapie mit Ipilimumab/Nivolumab
und nachfolgend ab 11/24 bis aktuell eine Erhaltungstherapie mit Nivolumab. 4 Monate
später erfolgte bei radiologischem Progress gemeinsam mit der Neurochirurgie ein Debulking
von rechts mit Tumorentfernung und Dekompression der Dura in mikrochirurgischer Technik
und im weiteren Verlauf die erneute gemeinsame Operation von links mit Re-Debulking
mit Tumorentfernung und Dekompression der Dura. Histologisch und serologisch gelang
der Nachweis eines Therapieansprechens.
Zusätzlich erfolgte eine Bestrahlung der Restwirbelkörper und paravertebralen Tumoranteile
mit 28 x 1,7/2/ 2,3 Gy. Danach bestand eine radiologisch anhaltende partielle Remission
(PR) mit vorbekanntem, leicht verkleinerten nodulären Tumorrest dorsal des linken
Zwerchfellhügels.
Schlussfolgerung AMM sind seltene maligne Tumoren, die je nach Lokalisation individualisierte Therapiekonzepte
erfordern. Im vorgestellten Fall konnte die interdisziplinäre Therapie von Dermatologen,
Unfall-, Thorax- und Neurochirurgen sowie Strahlentherapeuten zumindest eine deutliche
Lebenszeitverlängerung für die junge Patientin erreichen.