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DOI: 10.1055/s-0045-1810369
Evaluation des Dosismanagements bei konventionellen Röntgenuntersuchungen in der pädiatrischen Radiologie hinsichtlich der Anwendbarkeit von diagnostischen Referenzwerten
Hintergrund: Diagnostische Referenzwerte (DRW) haben sich als effektives Mittel zur Optimierung des Strahlenschutzes in der medizinischen Diagnostik erwiesen. Trotz der erhöhten Strahlensensitivität von Kindern wurden lediglich für drei pädiatrische Hauptuntersuchungsarten DRW definiert. Untersuchungsarten ohne DRW sind schwerer zu überwachen, sodass eine potenziell erhöhte Strahlenbelastung bei Kindern unentdeckt bleiben kann. Die vorliegende Studie soll für verschiedene Altersgruppen die Anzahl von pädiatrischen Röntgenuntersuchungen ohne einen zugehörigen DRW ermitteln.
Methoden: Die retrospektive Analyse umfasst alle konventionellen Röntgenuntersuchungen an Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 18 Jahren, die in dem Zeitraum 07/2021 bis 06/2024 am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt wurden. Die Untersuchungsdaten wurden aus dem Dosismanagementsystem DoseM (Fa. INFINITT) exportiert und in R (Fa. The R Foundation for Statistical Computing) ausgewertet. Hierbei wurde untersucht, wie viele und welche Röntgenuntersuchungen insgesamt und pro Kind und Altersgruppe durchgeführt wurden und für wie viele dieser Untersuchungen ein DRW existiert. Die Ergebnisse werden angegeben als Median, IQR (Interquartilsabstand)=Q 3−Q 1, Range.
Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum wurden 49.771 Röntgenbilder von 13.446 Patienten auf 15 Röntgengeräten (2 Untersuchungen pro Patient:in, IQR=4-2, 1-94) erstellt. Der höchste Anteil der Röntgenbilder (15,7%, 7.840/49.771) entfiel auf Säuglinge (<1 Jahr). In den höheren Altersgruppen (2-18 Jahre) wurden weniger Bilder angefertigt (pro Altersjahr im Durchschnitt (4,7±0,8)%, 3,6%-6,1%) mit einem zweiten flachen Gipfel um das 14. Lebensjahr (Anteil 6,1% (3.015/49.771)). Insgesamt verfügten 69,5% (34.593/49.771) der Aufnahmen nicht über einen DRW. Häufige Untersuchungsarten ohne DRW waren bei Säuglingen kombinierte Thorax-Abdomen-Röntgenaufnahmen und bei Kindern nach dem 1. Lebensjahr Röntgenaufnahmen der Extremitäten.
Diskussion: Die Überwachung der Strahlendosis röntgendiagnostischer Verfahren ist ein etabliertes Mittel im Rahmen des Strahlenschutzes. Die vorliegende Studie zeigt jedoch, dass im Bereich der Kinderradiologie lediglich 30,5% der Untersuchungen über einen diagnostischen Referenzwert verfügen. Ohne Referenzwerte ist die systematische Überwachung der Strahlenexposition erschwert, sodass systematische Dosiserhöhungen schwerer erkannt werden. Insbesondere für Untersuchungen, die besonders häufig auftreten (z.B. Thorax-Abdomen-Aufnahmen bei Kindern<1 Jahr) oder bei Untersuchungen mit einer vergleichsweise hohen Strahlendosis (z.B. Aufnahmen der ganzen Wirbelsäule) sollten neue diagnostische Referenzwerte eingeführt werden. Für einen umfassenden Überblick über die an Kindern durchgeführten Röntgenuntersuchungen bedarf es einer multizentrischen Studie, die insbesondere auch kleinere Krankenhäuser und Praxen miteinschließt.
Fazit: Die vorliegende monozentrische Analyse an einer großen Universitätsklinik zeigt, dass für die Mehrzahl der durchgeführten Röntgenuntersuchungen (69,5%) bei Kindern bisher kein DRW vorliegt, welches die systematische Überwachung und potentiellen Optimierung der Strahlenexposition erschwert. Handlungsbedarf hinsichtlich der Einführung neuer pädiatrischer DRW liegt insbesondere auf der Altersgruppe von Kindern<1 Jahr, die überproportional häufig Röntgenuntersuchungen erhielten und als besonderes strahlensensibel gelten.
Danksagung: Die Autoren bedanken sich bei Prof. Johanna Brandner für die Unterstützung im Rahmen des Projektes.
Interessenkonflikt
Es besteht kein Interessenkonflikt.
Publication History
Article published online:
25 August 2025
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