Einleitung: Neueren neurobiologischen Störungsmodellen zufolge lassen sich viele problematische
ernährungs- und bewegungsbezogene Verhaltensweisen von Patient*innen mit Anorexia
nervosa (AN) als automatisierte Gewohnheiten (Habits) verstehen, die durch Hinweisreize
ausgelöst werden, weitgehend automatisiert und von Belohnung entkoppelt auftreten
und zur Aufrechterhaltung der Erkrankung beitragen. Befunde aus Bildgebungsstudien
wurden in eine Intervention übersetzt, die spezifisch ernährungsbezogene Verhaltensroutinen
bei AN und damit verbundene Emotionsregulationsprobleme adressiert: Regulating Emotions
and Changing Habits (ReaCH). In einer randomisiert-kontrollierten Pilotstudie zeigte
sich diese Intervention gegenüber supportiver Psychotherapie überlegen hinsichtlich
der Reduktion von Verhaltensroutinen und Essstörungssymptomen. Aufbauend auf diesen
Vorbefunden verfolgte die aktuelle Studie das Ziel, zu klären, ob diese Intervention
die adressierten Mechanismen beeinflussen und klinischen Nutzen haben kann.
Methoden: In einer randomisiert-kontrollierten Überlegenheitsstudie erhielten n=110 Patient*innen
mit AN zusätzlich zur stationären Behandlung 12 Sitzungen REaCH oder supportive Psychotherapie.
Der primäre Endpunkt war die Gewichtszunahme bis 6 Monate nach der Behandlung. Sekundäre
Endpunkte umfassten Essstörungssymptomatik, Verhaltensroutinen und Emotionsregulation.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Beide Gruppen zeigten signifikante Verbesserungen in Körpergewicht, Essstörungssymptomatik,
Emotionsregulation und Verhaltensroutinen. Die erwartete Überlegenheit von REaCH gegenüber
der Kontrollgruppe konnte jedoch nicht bestätigt werden. Es ließen sich keine Subgruppen
von Patient*innen identifizieren, die stärker von REaCH profitierten. Eine Anpassung
und Anwendung der Intervention im ambulanten Setting erscheint sinnvoll.