Einleitung: Ziel der Studie war es den Verlauf von Alexithymie und der Fähigkeit zur Emotionserkennung
bei Jugendliche und jungen Erwachsenen mit Anorexia nervosa (AN) über den Behandlungszeitraum,
sowie Zusammenhänge mit der Essstörungspathologie zu untersuchen.
Methoden: 91 weibliche Patientinnen mit AN (Alters-MW: 16 Jahre) erhielten entweder eine spezialisierte
ambulante Therapie nach dem Maudsley Modell (MANTRa) oder eine psychotherapeutische
Standardtherapie. Alexithymie (Toronto Alexithymie Skala) und Emotionserkennung (erfasst
mit einem standardisierten Computer-Test) wurden vor Therapiestart und nach 12 Monaten
erhoben, die Essstörungspathologie wurde in einem Zeitraum von 18 Monaten zu 4 Zeitpunkten
erfasst.
Ergebnisse: Die Alexithymie, sowie die Reaktionsgeschwindigkeit der Emotionserkennung verbesserten
sich unabhängig von der Gruppe signifikant über den Behandlungsverlauf (auch nach
Kontrolle der Gewichtsveränderung). Die Fähigkeit zur Emotionserkennung war zudem
abhängig von der Art der Emotion. Veränderungen in der Alexithymie waren mit Veränderungen
in der Schwere der Essstörungssymptomatik assoziiert, wobei dieser Zusammenhang teilweise
durch eine Verbesserung der depressiven Symptomatik vermittelt wurde.
Schlussfolgerung: Die gezielte Förderung emotionaler Kompetenzen in der Therapie von Jugendlichen
und jungen Erwachsenen mit AN sollte intensiviert werden. Insbesondere Behandlungselemente,
die das Erkennen und Ausdrücken eigener Gefühle stärken, könnten sich positiv auf
den Therapieverlauf auswirken. Psychoedukative Elemente, „expressive writing“ und
Gruppentherapie könnten in dieser Hinsicht vielversprechend sein.