Einleitung: Die bariatrische Chirurgie ist die derzeit effektivste Therapie zur nachhaltigen
Gewichtsreduktion bei schwerer Adipositas. Neue Primärindikationen (BMI≥ 50 bzw.≥ 40
mit Typ-2-Diabetes), der zunehmende Einsatz robotisch-assistierter Systeme sowie die
Einführung medikamentöser Therapien (z. B. GLP-1-Analoga) erweitern das therapeutische
Spektrum. Gleichzeitig bestehen weiterhin deutliche Versorgungslücken – insbesondere
in der flächendeckenden, leitliniengerechten Umsetzung und interdisziplinären Langzeitbetreuung.
Methoden: Zur Bewertung aktueller Entwicklungen wurde eine Auswertung von StuDoQ|MBE-Daten
durchgeführt, vor und nach Einführung der erweiterten Indikationskriterien. Darüber
hinaus erfolgte eine vergleichende Analyse internationaler Leitlinien (u. a. IFSO,
ASMBS, NICE), um Unterschiede in Indikationsstellung, Nachsorgekonzepten und Versorgungsmodellen
herauszuarbeiten.
Ergebnisse: Die Daten zeigen eine Zunahme operierter Patient*innen mit höherem Risikoprofil
nach Einführung der Primärindikation. Robotisch-assistierte Verfahren kommen zunehmend
bei komplexen oder Revisionsoperationen zum Einsatz. Im internationalen Vergleich
fällt auf, dass in Deutschland trotz klar definierter S3-Leitlinien weiterhin Defizite in der konsequenten Umsetzung leitlinienbasierter Standards bestehen. Insbesondere strukturierte Nachsorgekonzepte und multiprofessionelle Betreuung
sind nicht überall etabliert. Auch die Integration neuer Pharmakotherapien in ein
multimodales Behandlungskonzept erfolgt bislang uneinheitlich.
Schlussfolgerung: Die Adipositaschirurgie steht vor einem strukturellen Wandel. Neben technischen
Innovationen sind vor allem verbindliche Versorgungsstrukturen, sektorenübergreifende
Zusammenarbeit und eine bessere Integration neuer Therapien erforderlich, um Patient*innen
langfristig wirksam und leitliniengerecht zu behandeln.