Einleitung: Anorexia nervosa (AN) ist mit einer Dysregulation des autonomen Nervensystems und
erhöhten physiologischen Reaktionen auf Stress verbunden. Körperexpositionsverfahren
reduzieren nachweislich die Körperunzufriedenheit (KU), ein Kernsymptom der AN und
anderer psychischer Störungen, doch die physiologischen Mechanismen bleiben unklar.
Parameter der kardialen Reaktivität, Herzrate und Herzfrequenzvariabilität (HRV),
über wiederholte Körperexpositionssitzungen gemessen, können Aufschluss geben über
mögliche Habituationseffekte.
Methoden: 36 weibliche Jugendliche (n=24 mit AN, n=12 Jugendliche mit anderen psychiatrischen
Diagnosen und erhöhter KU), die sich in (teil-)stationärer psychiatrischer Behandlung
befanden, nahmen über 2,5 Wochen an vier standardisierten Körperexpositionssitzungen
teil. Während der Intervention wurden HRV und subjektive Stressbewertungen erhoben.
Die HRV-Parameter wurden mittels eines sliding window-Verfahrens ermittelt. Verschiedene Time Domain Indices und Frequency Domain Indices der HRV wurden über den Verlauf der Expositionen analysiert und in Zusammenhang mit
klinischen Parametern gesetzt.
Ergebnisse: Jugendliche mit AN und erhöhter KU zeigten über die Sitzungen hinweg vergleichbare
HRV-Parameter. Es wurden keine Habituationseffekte beobachtet, aber ein Trend zu einem
Einfluss des BMI.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unterstreichen die transdiagnostische Vergleichbarkeit des Phänomens
der KU und die damit verbundenen psychophysiologischen Reaktionen. Zusammenhänge zu
klinischen und anderen physiologischen Stressparametern und Implikationen für künftige
Forschung und klinische Interventionen werden diskutiert.