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DOI: 10.1055/s-0045-1810650
Das enterische Nervensystem bei Gastroschisis als pathomechanistischer Faktor für Langzeitkomplikationen
Authors
Einleitung: Gastroschisis (GS) ist ein kongenitaler Bauchwanddefekt bei dem Darmsegmente ohne Bruchsack in die Amnionhöhle prolabieren und dort in Kontakt mit Amnionflüssigkeit kommen. Während die Deckung des Primärdefekts und die Rückverlagerung prolabierter Darmanteile eine exzellente Prognose aufweist, leidet eine Subpopulation des Patientenkollektivs an Langzeitkomplikationen, welche regelhaft in einem Kurzdarm-Syndrom und Motilitätsstörungen münden. Pathomechanistisch wurde ein Zusammenhang mit Fruchtwasserexposition postuliert, jedoch aufgrund der geringen Fallzahlen dieser seltenen Erkrankung weder im Humansystem noch im Tiermodell verifiziert. Das enterische Nervensystems (ENS) bei GS ist aktuell nicht weitergehend untersucht.
Ziele: Ziel unserer Studie ist es morphologische Veränderungen in GS-geschädigten Darmsegmenten insbesondere im ENS von Patientenresektaten aufzuklären und mechanistisch zu entschlüsseln. Es soll der Hypothese nachgegangen werden, dass der Kontakt mit Amnionflüssigkeit eine Entwicklungsverzögerung des ENS herbeiführt.
Methodik: Anhand der größten dokumentierten Sammlung an GS-Resektaten führten wir eine umfassende Aufarbeitung der Ultrastruktur, Gen-Expression und Differenzierung des ENS mittels Elektronenmikroskopie, Spatial-Transcriptomics und Immunhistochemie durch. Zur mechanistischen Untersuchung etablierten wir in vitro und in ovo Testverfahren zur Analyse von ENS-Progenitorzellen bei Fruchtwasserkontakt.
Ergebnis: Ultrastrukturell fanden wir degenerative Veränderungen in einem Teil der GS-Resektate, welche weitgehend auf Neurone beschränkt waren, während sich enterische Gliazellen unauffällig darstellten. Außerdem zeigte sich eine verlängerte Persistenz in der Expression von Entwicklungsmarkern in den Ganglien von GS-Patienten verglichen mit der alters- und geschlechtskorrigierten Kontrollpopulation. Uns ist es gelungen den Einfluss von Amnionflüssigkeit auf die Proliferation und neuronale Differenzierung von fetalen murinen ENS-Progenitoren in vitro darzustellen und vergleichend zu validieren. Diese Ergebnisse werden nun in ovo auf ein organotypisches Modell übertragen.
Schlussfolgerung: Unsere Studie untermauert, dass GS-assoziierte Kurzdarm-Syndrome mit einer Fehlentwicklung des ENS in Zusammenhang stehen. Mit noch laufenden in vitro und in ovo Testsystemen soll der zugrundeliegende Mechanismus weiter erschlossen werden, um zielgerichtete Therapien für diese seltene Erkrankung zu ermöglichen.
Präsentiert in der Sitzung: Integrativmedizinische Behandlungskonzepte in der Gastroenterologie
Donnerstag, 18. September 2025, 11:30 – 13:00, Saal 5
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
04. September 2025
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