Z Gastroenterol 2025; 63(08): e408-e409
DOI: 10.1055/s-0045-1810706
Abstracts | DGVS/DGAV
Kurzvorträge
Fatigue bei CED Freitag, 19. September 2025, 08:30 – 09:42, MZF 4

Geschlechtsunterschiede in der Diagnosestellung von Betroffenen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – Interimsanalyse einer deutschlandweiten multizentrischen Querschnittsstudie

Authors

  • L Kuhn

    1   Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie, Hannover, Deutschland
  • L Püschel

    1   Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie, Hannover, Deutschland
  • U Helwig

    2   Internistische Praxengemeinschaft Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
  • D Bettenworth

    3   Gemeinschaftspraxis, Praxis für Innere Medizin, Münster, Deutschland
  • R Hornig

    4   End- und Dickdarmzentrum Hannover, Hannover, Deutschland
  • A Sturm

    5   DRK Kliniken Berlin, Klinik für Innere Medizin – Gastroenterologie Westend, Berlin, Deutschland
  • P Hasselblatt

    6   Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Innere Medizin II, Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie und Infektiologie, Freiburg, Deutschland
  • P Esters

    7   Agaplesion Markus Krankenhaus, Medizinische Klinik I, Gastroenterologie, Hepatologie, Onkologie, Infektiologie, Pneumologie, Frankfurt am Main, Deutschland
  • E Sonnenberg

    8   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie, Berlin, Deutschland
  • C Sander

    9   Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung, Bundesverband für chronisch entzündliche Erkrankungen des Verdauungstraktes (DCCV) e.V, Berlin, Deutschland
  • T Vasilakis

    10   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, Berlin, Deutschland
  • J Walldorf

    11   Universitätsklinikum Halle, Innere Medizin I, Halle, Deutschland
  • N Teich

    12   12 Internistische Gemeinschaftspraxis für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, Leipzig, Deutschland
  • S Weidlich

    13   TUM Klinikum, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, München, Deutschland
  • E C Bästlein

    14   Magen Darm Zentrum Wiener Platz, Köln, Deutschland
  • J Zemke

    15   Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis, Herne, Deutschland
  • S Birkner

    16   Gemeinschaftspraxis für Innere Medizin, Hannover, Deutschland
  • H Wedemeyer

    1   Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie, Hannover, Deutschland
  • M Wiestler

    1   Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie, Hannover, Deutschland
 
 

    Einleitung: Obwohl chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) – Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) – alle Geschlechter betreffen, sind mögliche Unterschiede im diagnostischen Verlauf, etwa hinsichtlich Symptompräsentation, -bewertung und Diagnosezeit, bislang unzureichend untersucht.

    Ziele: Ziel dieser Analyse ist es deshalb, geschlechtsspezifische Unterschiede in der prädiagnostischen Symptomatik und dem diagnostischen Weg bei CED systematisch zu erfassen und auszuwerten.

    Methodik: In diese Interimsanalyse einer deutschlandweiten, multizentrischen Querschnittsstudie wurden 1180 Betroffene (770 Frauen, 410 Männer) aus 42 Zentren eingeschlossen. Mittels Online-Befragung wurden u. a. CED-Entität, Geschlecht, erste Symptome, Zeit bis zur ersten ärztlichen Konsultation, Facharzt-Überweisung und finalen CED Diagnose sowie Fehldiagnosen erhoben. Eingeschlossen wurden Personen≥18 Jahre mit bestätigter MC- oder CU-Diagnose seit mindestens drei Monaten.

    Ergebnisse: Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern in der medianen Zeit bis zur ersten ärztlichen Konsultation nach CED Symptombeginn (MC: Frauen 3 [IQR: 1–12], Männer 3 [0,5–10] Monate, p=0,567, g=0,1; CU: Frauen 2 [0,8–5], Männer 1,3 [0,5–4] Monate, p=0,091, g=0,1) oder bis zur Facharzt-Überweisung (MC: 1,5 vs. 1 Monat, p=0,154, g=0,1; CU: 0,8 vs. 0,5 Monate, p=0,113, g=0,2). Die Zeit von Symptombeginn bis zur Diagnosestellung war bei Frauen signifikant länger (MC: 12 vs. 6,5 Monate, p=0,002, g=0,3; CU: 5 vs. 3 Monate, p=0,006, g=0,2). Auch die Fehldiagnoserate war bei Frauen signifikant höher (40,4 % vs. 34,4 %, p=0,044). Darüber hinaus zeigten sich geschlechtsspezifische Unterschiede in der initialen Symptomatik: Frauen mit MC berichteten häufiger über Durchfall ((p=0,005, ϕ=0), Übelkeit (p=0,013, ϕ=0) oder Arthralgien (p=0. 012, ϕ=0) im Vergleich zu Männern mit MC. Bei CU traten bei Frauen vermehrt Fieber (p<0,001, ϕ=0) oder Bauchschmerzen (p=0,004, ϕ=0) auf im Vergleich zu Männern mit CU.

    Schlussfolgerung: Trotz vergleichbarer Zeitspannen bis zur ersten Konsultation und Facharzt-Überweisung erhielten Frauen mit CED ihre Diagnose signifikant später und litten häufiger unter Fehldiagnosen. Die beobachteten geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Symptompräsentation deuten darauf hin, dass diagnostische Ungleichheiten zumindest teilweise auf Unterschiede in der Symptomwahrnehmung und -bewertung zurückzuführen sein könnten.


    Publication History

    Article published online:
    04 September 2025

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