Einleitung: Trotz eines wachsenden Bewusstseins für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion
(engl.: DEI) bestehen in Deutschland weiterhin strukturelle Barrieren, insbesondere
sichtbar in der Unterrepräsentation von Frauen als Referentinnen und Vorsitzende auf
renommierten Fachkongressen.
Ziele: Diese Analyse untersucht systematisch die Geschlechterverteilung in der Gastroenterologie
und Viszeralchirurgie auf dem größten deutschen viszeralmedizinischen Kongress.
Methodik: Analysiert wurden die Programme der Viszeralmedizin-Jahrestagungen von 2013–2024
(ausgenommen 2020), mit Fokus auf Gastroenterologie und Viszeralchirurgie. Erfasst
wurden Geschlechterverhältnisse bei Vortragenden und Vorsitzenden in Hauptsitzungen,
Abstract-Sitzungen, Industrie-Symposien, Kongresspräsidentschaften und Preisvergaben.
Seit 2019 gilt ein DGVS-Paritätsbeschluss für Vorsitzende. Insgesamt wurden 1333 gastroenterologische,
306 interdisziplinäre und 543 viszeralchirurgische Sitzungen mittels linearer Regressionsanalyse
und Chi²-Test ausgewertet.
Ergebnisse: Über 11 Jahre zeigte sich ein signifikanter Anstieg des Frauenanteils in Hauptsitzungen
bei Vortragenden (Gastroenterologie: r²=0.600, p=0.005; Viszeralchirurgie: r²=0.707,
p=0.001) und noch deutlicher bei Vorsitzenden (Gastroenterologie: r²=0.807, p<0.001;
Viszeralchirurgie: r²=0.796, p<0.001). Auch bei Abstract-Sitzungen stieg der Frauenanteil
bei Vortragenden (Gastroenterologie: r²=0.445, p=0.025; Viszeralchirurgie: r²=0.414,
p=0.033) und Vorsitzenden (Gastroenterologie: r²=0.490, p=0.016; Viszeralchirurgie:
r²=0.678, p=0.002) signifikant. In Industrie-Symposien der Gastroenterologie wurde
ebenfalls ein signifikanter Anstieg bei Vortragenden (r²=0.641, p=0.003) und Vorsitzenden
(r²=0.729, p<0.001) festgestellt. In der Viszeralchirurgie hingegen zeigten sich in
diesem Bereich keine signifikanten Entwicklungen (Vortragende: r²=0.110, p=0.384;
Vorsitzende: Männeranteil 100%). Frauen bleiben sowohl bei der Verleihung wissenschaftlicher
Preise als auch bei Kongresspräsidentschaften stark unterrepräsentiert (Präsidentschaften
– Gastroenterologie: 0% Frauen; Viszeralchirurgie: 8% Frauen). Parität wird in beiden
Bereichen annähernd nur bei den Vorsitzen erreicht.
Schlussfolgerung: Trotz spürbarer Fortschritte seit dem DGVS-Paritätsbeschluss bestehen weiterhin deutliche
Repräsentationslücken zulasten von Frauen, insbesondere in zentralen Kongressformaten.