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DOI: 10.1055/s-0045-1811161
Fallbericht: Mechanischer Dünndarmileus durch Exazerbation einer abdominellen Mykobakterieninfektion mit miliarer Aussaat unter immunsuppressiver Therapie
Mycobacterium bovis ist ein hierzulande selten gewordener Erreger, welcher jedoch insbesondere unter Immunsuppression sämtliche Organe befallen kann. Hier berichten wir über einen 34-jährigen Patienten mit mechanischem Dünndarmileus, ausgelöst durch einen disseminierten gastrointestinalen Befall mit Mycobacterium bovis.
Der Patient wurde mit Ileussymptomatik und Bauchschmerzen von seinem Gastroenterologen eingewiesen, bei welchem er seit einem Jahr aufgrund eines Morbus Crohn mit Immunsuppressiva therapiert wurde. Damals fanden sich in den vor Therapiestart entnommenen Gewebeproben Granulome ohne Nekrotisierung. Mykobakterien wurden nicht nachgewiesen.
Die im Rahmen der notfallmäßigen Aufnahme durchgeführte CT zeigte dilatierte Dünndarmschlingen mit Kalibersprung des Ileums sowie multiple, zentral nekrotische Lymphknoten und konfluierende Verdichtungen im Oberbauch ([Abb. 1]).


Daraufhin erfolgte eine notfallmäßige Laparotomie mit Exploration und Dünndarmsegmentresektion. Makroskopisch zeigten sich intraoperativ multiple knotige Läsionen des viszeralen und parietalen Peritoneums sowie des Omentum majus, welche eine ausgedehnte Peritonealkarzinose suggerierten. Histologisch fanden sich im Operationspräparat keine Karzinomzellen, jedoch verkäsende Granulome sowie säurefeste Stäbchenbakterien. In den Proben einer Lymphknotenbiopsie konnte Mycobacterium bovis mittels PCR und in der Kultur nachgewiesen werden. Die weiterführende Diagnostik zeigte in der Lunge diffuse Noduli passend zu einer Miliartuberkulose. Bronchoskopisch konnte eine offene Tuberkulose ausgeschlossen werden. Postoperativ besserte sich die Akutsymptomatik mit Passagestörung rasch. Nach erfolgter Resistenztestung wurde eine Vierfachtherapie mit Isoniazid/Pyridoxin, Ethambutol, Levofloxacin und Rifampicin begonnen, welche vom Patienten gut vertragen wurde.
Der Infektionsweg blieb letztlich unklar. Plausibel wäre eine Infektion über die Nahrung, wie z.B. unpasteurisierte Milch, welche der in Südosteuropa aufgewachsene Patient regelmäßig konsumiert hatte. Ein Kontakt zu Tuberkuloseerkrankten war ihm nicht erinnerlich. Die zunehmende Internationalisierung des Patientenkollektivs führt zu einer Zunahme von als selten erachteten Krankheitsbildern. Dies sollte in Zukunft beim diagnostischen und operativen Vorgehen berücksichtigt werden.
Publication History
Article published online:
04 September 2025
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