Einleitung Es wird angenommen, dass die fetale Wachstumsrestriktion (FGR) primär durch eine
Plazentainsuffizienz entsteht. Betroffene Kinder haben ein erhöhtes Risiko für perinatale
Morbidität und Mortalität sowie langfristige neurologische und kardiovaskuläre Erkrankungen.
Allerdings fehlen bei später FGR häufig Zeichen einer gestörten uteroplazentaren Durchblutung
in der Dopplersonographie, wodurch die Abgrenzung gegenüber small for gestational
age (SGA) Feten mit normalen Dopplerwerten erschwert wird. Es bedarf daher verbesserter
diagnostischer Methoden. Ziel der Studie war es, die Plazentapathologie bei später
FGR und SGA im Vergleich zu Kontrollen anhand eines neuen semiquantitativen Punktesystems
zu untersuchen und dieses hinsichtlich seiner klinischen und diagnostischen Anwendbarkeit
zu validieren.
Methoden In einer prospektiven Kohortenstudie mit Einlingsschwangerschaften wurden Plazenten
von late-onset SGA-Fällen (>32Schwangerschaftswochen), im Vergleich zu adequate for
gestational age (AGA) Kontrollen untersucht. Die SGA-Kohorte wurde weiter unterteilt
in FGR (Geburtsgewicht<3. Perzentile und/oder SGA Feten mit pathologischen Dopplerwerten)
und SGA (3.-10. Perzentile mit normalen Dopplerwerten). Die Plazentapathologie wurde
basierend auf international empfohlenen Kriterien beurteilt.
Ergebnisse Insgesamt wurden 41 Plazenten untersucht (10 SGA, 13 FGR und 18 AGA). Die SGA/FGR-Gruppe
wies signifikant geringere Plazentagewichte auf als die AGA-Plazenten (427±95 vs.
524±62 g, p<0,001). Der kumulative Score der pathologischen Beurteilung war in der
FGR- und SGA-Gruppe signifikant höher als bei den AGA ([Abb. 1A]). Plazenten mit schwerwiegenden Läsionen und morphologischen Zeichen einer Plazentainsuffizienz
wurden bei 61,5% der FGR-Fälle beobachtet, während SGA- und Kontrollplazenten überwiegend
weniger Läsionen und kompensatorische Veränderungen aufwiesen. Läsionen einer maternalen
vaskulären Malperfusion (MVM) wurden bei 100% der FGR, 80% der SGA und 27,8% der Kontrollplazenten
gefunden (p<0,001), wobei der Schweregrad bei FGR-Fällen höher war ([Abb. 1B]).
Abb. 1 Vergleich der Ausprägung der histopathologischen Veränderungen der Plazenten in
den AGA, SGA- und FGR-Gruppen, mittels eines neuen semiquantitativen Punktesystems.
(A) Kumulativer Score (B) MVM Score.*p<0,05. AGA: adequate for gestational age, SGA:
small for gestational age, FGR: fetal growth restriction.
Schlussfolgerung Diese Studie verdeutlicht die hohe Prävalenz plazentarer Läsionen, insbesondere MVM,
bei late-onset FGR, aber auch bei SGA-Fällen ohne Dopplerauffälligkeiten. Das neue
Bewertungssystem erlaubt eine objektivere, standardisierte Diagnosestellung und könnte
dazu beitragen, bislang nicht erkannte Fälle einer Plazentainsuffizienz zu identifizieren.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der routinemäßigen Plazentadiagnostik
als ergänzendes Instrument für eine verbesserte Risikoeinschätzung und Beratung für
künftige Schwangerschaften.