Zeitschrift für Phytotherapie 2025; 46(S 01): S12-S14
DOI: 10.1055/s-0045-1811620
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Vorträge

Dosierung von pflanzlichen Arzneimitteln bei Kindern: Möglichkeiten der Dokumentation von Anwendungsdaten

Authors

  • B Steinhoff

    1   Gesellschaft für Phytotherapie e.V., Bonn, Deutschland
    2   Kooperation Phytopharmaka GbR, Bonn, Deutschland
 
 

Mangels klinischer Daten ist in vielen Monographien des Herbal Medicinal Products Committee (HMPC) der europäischen Zulassungsagentur EMA die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern und Jugendlichen eingeschränkt. Verschiedene Organisationen und Fachgesellschaften haben sich der Problematik angenommen und suchen gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten.

Die Leitlinie ICH E11A [1] gibt Empfehlungen für die Extrapolation von Daten für eine rationale Dosierung von Arzneimitteln bei Kindern unter Berücksichtigung von 3 Aspekten: Ähnlichkeit der Erkrankung zwischen Erwachsenen und Kindern; pharmakologische und pharmakokinetische Eigenschaften des Wirkstoffs; Ähnlichkeit von Wirksamkeit und Sicherheit zwischen Erwachsenen und Kindern. Die GPT [2] hält die Möglichkeit der Extrapolation grundsätzlich für einen guten Ansatz, jedoch fehlen für viele marktfähige Arzneimittel insbesondere für Phytopharmaka generell die von der Guideline vorausgesetzten Daten zur Pharmakodynamik und Pharmakokinetik.

Mit dem Projekt PhytoVis®​ der Kooperation Phytopharmaka und des Kölner Instituts für Medizinische Statistik und Bioinformatik ist zwischen 2013 und 2017 eine Erfahrungsdatenbank aus der Versorgungsforschung zur Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Erwachsenen und Kindern aufgebaut worden [3]. Eine neue Datenerfassung soll durch weitere Befragungen in Apotheken und Arztpraxen an verschiedenen Zentren in Deutschland in Kürze starten.

Ein Workshop unter der Federführung der Stiftung Plants for Health im Juli 2024 [4] unterstrich das große Potenzial von Real World Daten (RWD) und diskutierte den aktuellen Stand und zukünftige Ansätze für deren Nutzung zur wissenschaftlichen Untermauerung des Einsatzes pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern und Jugendlichen.

Ein aktuelles HMPC Reflection Paper zeigt die regulatorische Sichtweise zum Erfordernis von Daten für pflanzliche Arzneimittel auf, die bei Kindern und Jugendlichen angewendet werden [5]. Für den Bereich der anerkannten medizinischen Verwendung werden veröffentlichte klinische Studien von ausreichender Qualität in den relevanten Altersgruppen, die in begründeten Fällen durch alternative Datenquellen gestützt werden können, als einziger Nachweis angesehen. Eine Extrapolation wird grundsätzlich für nicht anwendbar gehalten; eine prospektive Sammlung von RWD könnte in Betracht gezogen werden, die im Voraus mit den Zulassungsbehörden abgesprochen werden sollte.

Angesichts fehlender Daten und demzufolge Einschränkungen in den Monographien des HMPC für die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern und Jugendlichen erscheint es dringend erforderlich, den Dialog zwischen Fachgesellschaften, Behörden, Industrie und Anwendern fortzuführen und Modelle zu entwickeln, wie Daten aus der täglichen Praxis sinnvoll und umfassend ausgewertet werden können und zur Absicherung der Anwendung und Dosierung pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern herangezogen werden können.

Dieser Vortrag ist eine Zusammenfassung bisheriger Aktivitäten im Bereich der Möglichkeiten der Generierung von Anwendungsdaten für die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern. Eine Unterstützung/Finanzierung liegt nicht vor.



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Article published online:
08 September 2025

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