Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1999; 34(4): 22-4
DOI: 10.1055/s-1999-10736
MINI-SYMPOSIUM
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Editorial

Übersetzung fehltE. Kochs
  • Institut für Anaesthesiologie, Technische Universität München
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Publication Date:
28 April 2004 (online)

An zentraler Stelle des Intermediärstoffwechsels steht Laktat im Gleichgewicht mit Pyruvat. Die Laktatplasmakonzentration spiegelt die Resultante aus Bildung und Abbau von Laktat bzw. Pyruvat dar. Schon frühzeitig wurde versucht, über die Messung des im Blut zirkulierenden Laktats eine Aussage über Organminderperfusionszustände zu erreichen. Da keine schnelle, verläßliche bettseitige Bestimmungsmethode zur Verfügung stand, war die Verfügbarkeit dieses Parameters lange Zeit stark eingeschränkt. Wie Ludi in seinem Beitrag für dieses Minisymposium darstellt, ist es gelungen, Biosensoren zu entwickeln, die eine schnelle bettseitige Laktatkonzentrationsbestimmung erlauben. Damit sind, abgesehen von den ökonomischen Gesichtspunkten, die Voraussetzungen für eine schnelle individuelle und quantitative Orientierung über diesen nicht nur in der Intensivmedizin wichtigen Parameter geschaffen. Die Einschätzung, daß Laktat als globaler Marker einer gestörten O2-Gewebeversorgung und Beweis für das Vorliegen eines anaeroben Stoffwechsels gewertet kann, verdient jedoch eine kritische Überprüfung, wie Mertzlufft u. Mitarb. darlegen. Die Diagnose einer regionalen oder globalen Organminderperfusion über die Laktatplasmakonzentration ist wegen der Komplexität der Stoffwechselzusammenhänge nicht ohne Einschränkungen möglich. Trotzdem können wiederholte Messungen zum Erkennen von Trends in der Diagnose und Therapie einer Reihe von schweren Krankheitsbildern nützlich sein. Metz weist in seinem Beitrag darauf hin, daß im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas die Bestimmung der Laktatkonzentration im arteriellen und zerebrovenösen Blut die frühzeitige Diagnose einer zerebralen Ischämie erleichtert, soweit die potentiellen Fehler- und Störquellen mit berücksichtigt werden. Nach den Untersuchungen von Massoudy u. Mitarb. kann über die Bestimmung der Laktatkonzentration und Abschätzung einer Laktatazidose nach koronarer Bypassoperation und postischämischer Gabe von Nitroprussidnatrium eine frühzeitige metabolische Erholung des Myokards erkannt werden. Im Rahmen der Sportphysiologie wird die Laktatbestimmung als eine einfache Methode zur Abschätzung des Energiestoffwechsels unter körperlicher Belastung eingesetzt. Jeschke weist darauf hin, daß es trotz aller methodischen Einschränkungen derzeit keine bessere Methode gibt, sowohl den aus Gesundheitsgründen Sporttreibenden als auch den Leistungssportlern zweckmäßige Hinweise für ein Ausdauertraining zu geben. Die Laktatazidose als metabolischer Marker eines aeroben Stoffwechsels kann sich im Verlauf eines Kreislaufschocks ausbilden und wird als Maß für die Sauerstoffschuld und damit als Maß für die Schwere des Schocks genommen. Septische Patienten können eine erhöhte Laktatplasmakonzentration mit einer Laktatazidose als Zeichen eines globalen Sauerstoffmangels aufweisen. Für die Intensivmedizin kommt Sladen zusammenfassend zu dem Schluß, daß eine länger anhaltende Laktatazidose oder Veränderungen der Laktatkonzentration nach Gabe von Katecholaminen prognostische Aussagekraft fiir die Mortalität septisch kranker Patienten besitzen und in dieser Hinsicht die Bestimmung der Laktatplasmakonzentration anderen Markern wie DO2 oder V·O2 überlegen ist.

Insgesamt gesehen muß der Laktatazidose eine Wertigkeit für die Anzeige von Organminderperfusionszustände zugebilligt werden, wenn sonstige Störgrößen, Fehlermöglichkeiten und andere Ursachen für erhöhte Laktatplasmakonzentrationen beachtet werden. In Bezug auf den Energiehaushalt können durch wiederholte Bestimmungen des Laktatspiegels wertvolle Hinweise für die Diagnose, Therapie und Prognose kritisch kranker Patienten gewonnen werden.

Prof. Dr. E. Kochs

Institut für Anaesthesiologie

Technische Universität München

Ismaninger Str. 22

D-81675 München

Email: E.F.Kochs@lrz.tu-muenchen.de

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