Handchir Mikrochir Plast Chir 2000; 32(1): 4-5
DOI: 10.1055/s-2000-19238
Laudatio

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ewald Koob zum 75. Geburtstag

Ewald Koob to his 75th Birthday
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Publication Date:
20 December 2001 (online)

Am 30. Mai 1999 hatte Ewald Koob seinen 75. Geburtstag. 1924 in Kiel geboren, wuchs er mit einem drei Jahre älteren Bruder und einer 14 Jahre jüngeren Schwester auf. Vater und Bruder fielen 1944 als Offiziere der Luftwaffe.

Nach der Reifeprüfung absolvierte Ewald Koob sein vorklinisches Studium an der Ärztlichen Akademie der Luftwaffe in Berlin und Prag. Nach Physikum und Hilfsarztlehrgang kam er im Frühjahr 1945 zum Fronteinsatz und in russische und später englische Kriegsgefangenschaft. Ende 1945 wurde er nach Kiel entlassen, wo er seine Mutter und seine kleine Schwester wieder traf. Sein Medizinstudium schloss er in Kiel 1949 mit dem Staatsexamen ab und promovierte im gleichen Jahr zum Dr. med.

Die Pflichtassistentenzeit absolvierte er an den Städtischen Kliniken Kiel und wurde Ende 1950 Assistent an der Chirurgischen Abteilung im DRK-Krankenhaus in Kiel unter Prof. H. Kümmell. Von 1951 bis 1956 erfolgte die Weiterbildung zum Facharzt für Chirurgie am gleichen Krankenhaus, jetzt unter der Leitung von Prof. A. W. Fischer, einem Chef, der ihn sowohl fachlich als auch menschlich sehr beeindruckte.

1956 heuerte Ewald Koob als Schiffsarzt auf dem Segelschulschiff „Passat“ für einen Törn nach Buenos Aires an. Die Facharztanerkennung für Chirurgie wurde ihm kurz vor dem Auslaufen des Schiffes mündlich erteilt, die Bestätigung erreichte ihn über Funk irgendwo auf dem Atlantik.

In den Jahren 1957 bis 1959 erfolgten zwei Jahre unfallchirurgische Weiterbildung am Unfallkrankenhaus Duisburg-Buchholz. Hier begegnete Ewald Koob erstmals einem Handchirurgen, seinem späteren Freund Klaus Hellmann. Er weckte in ihm das Interesse für dieses Spezialgebiet.

1959 wechselte Ewald Koob an die Oststadtklinik Mannheim (Prof. F. Warner). Dort traf er die Handchirurgen Prof. Gottlieb Zrubecky und Dr. Ernst Scharizer. In der Mannheimer Zeit reifte der Wunsch in ihm, sich voll der Handchirurgie zu widmen.

Die Einrichtung einer neuen Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Frankfurt unter Leitung von Prof. H. Junghanns bot ihm 1961 die Möglichkeit, sich speziell handchirurgisch zu betätigen. Dort plante man eine Abteilung für Plastische und Handchirurgie, die Ewald Koob übernehmen sollte. Bis zur Eröffnung der Klinik arbeitete er ein halbes Jahr als Gastarzt an der Handchirurgischen Klinik bei Prof. Erik Moberg in Göteborg. Weitere Besuche bei ihm über mehrere Jahre haben seine handchirurgische Tätigkeit weitgehend geprägt. Erik Moberg wurde sein berufliches Vorbild und sein Freund. 1969 wurde Ewald Koob Mitglied der DAH, an deren Symposien er regelmäßig mit eigenen Beiträgen teilnahm. Unvergesslich bleibt ihm das 5. deutsch-französische Handchirurgische Symposium 1964 in Lausanne unter Prof. Claude Verdan, bei dem er wenig später als Gastarzt tätig war und den er als Feingeist und ersten echten Europäer schätzen lernte.

Bis 1969 blieb Ewald Koob an der BG-Unfallklinik in Frankfurt. In diesem Jahr folgte er einem Angebot seines Studienfreundes aus der luftwaffenärztlichen Akademie, Prof. K. F. Schlegel, eine Abteilung für Handchirurgie und Rheumachirurgie an der neu gegründeten Orthopädischen Universitätsklinik in Essen aufzubauen.

Nach Jahren des mühenvollen Aufbaues entwickelte sich die handchirurgische Abteilung der Orthopädischen Universitätsklinik Essen mit eigener Betten- und Operations-Kapazität zu einer anerkannten Anlaufstelle für handchirurgisch zu behandelnde Patienten im ganzen Ruhrgebiet und darüber hinaus.

Ewald Koob war unermüdlich bestrebt, das Spezialfach Handchirurgie in der Orthopädie zu etablieren und ihm Gehör zu verschaffen. Mit seinem wissenschaftlichen Oeuvre und mit Beharrlichkeit konnte er dabei Erfolge verbuchen.

1971 Facharzt für Orthopädie, 1972 Habilitation mit dem Thema „Die Infrarotthermographie in der Orthopädie“, 1975 apl. Professor, 1978 wissenschaftlicher Rat und Professor auf Lebenszeit für den Fachbereich Handchirurgie und Rheumachirurgie und 1987 Umwandlung der Bezeichnung in Universitätsprofessor.

Ab 1969 hielt Ewald Koob Vorlesungen über Handchirurgie, ein Novum in Essen. Die Vorlesungen fanden bei den Studenten großen Anklang und führten zu 29 Doktorarbeiten mit vorwiegend handchirurgischen Themen. Unter Beteiligung seiner Mitarbeiter verfasste Ewald Koob zirka 250 wissenschaftliche Veröffentlichungen und Vorträge sowie Handbuchkapitel und Filme. Er entwickelte mit seinen Mitarbeitern eine Lunatumprothese und in den letzten Jahren seiner Tätigkeit eine Fingergrund- und -mittelgelenkprothese.

Sein Bestreben, die Handchirurgie in der Orthopädie zu aktivieren, führte u. a. zu einer langjährigen Freundschaft mit Prof. Walter Blauth. In diesem Zusammenhang wurde 1971 der Arbeitkreis Handchirurgie der DGOT gegründet, den zunächst Walter Blauth und Ewald Koob gemeinsam leiteten. Über viele Jahre ist Ewald Koob der Mentor dieses Arbeitskreises gewesen, der eindeutig seine Handschrift trägt. Der Arbeitskreis suchte auch internationale Kontakte, und unter der Leitung von Gottfried Segmüller wurde zweimal mit großem Erfolg in St. Gallen ein Symposium ausgerichtet.

Seine Freundschaft zu Christoph Meuli etablierte 1984 ein handchirurgisches Frühjahrssymposium mit Standort in Wengen im Berner Oberland, das von beiden mehr als zehn Jahre geleitet wurde.

Ewald Koob richtete hochkarätige wissenschaftliche Tagungen mit dem Schwerpunkt Handchirurgie und Rheumachirurgie aus, so den Nordwestdeutschen Orthopädenkongress in Essen 1981 und parallel laufend zum Nordwestdeutschen Orthopädenkongress in Kiel unter Leitung von Walter Blauth einen Tag Handchirurgie. Die Essener Rheumagespräche führte er bis 1989 gemeinsam mit dem Rheumatologen Prof. Warnatz. In einem jährlichen Turnus fanden diese Regionalveranstaltungen großen Anklang und regen Zuspruch.

1988 beendete Ewald Koob seine Tätigkeit an der Universität in Essen und suchte eine neue Herausforderung im Aufbau der Abteilung für Plastische und Handchirurgie - Rheumatologie am St. Josef Krankenhaus in Essen-Kupferdreh. Diese Abteilung, die er zusammen mit seinem früheren Oberarzt Dr. Kurt Steffens leitete, erfuhr einen regen Zuspruch mit überregionaler Bedeutung.

1996 beendete Ewald Koob seine klinische Tätigkeit und zog sich in den wohlverdienten Ruhestand zurück, den er überwiegend in seiner Résidence in Pyla sur Mer an der französischen Atlantikküste verbringt.

Ewald Koob war ein sehr umsichtiger Lehrer, der nur das an seine Mitarbeiter weitergab, was er persönlich ruhigen Gewissens als „Wissen“ erfahren hatte. Alle, die von ihm handchirurgisch ausgebildet wurden, haben dies als sehr wohltuend empfunden und gerne mit ihm zusammengearbeitet. Auch im Operationssaal war er aufgrund seines technischen Geschicks und seiner perfekten Arbeitsweise ein Vorbild.

Er war nicht der Mann des schnellen Entschlusses. Diesem Grundsatz ist er nur einmal im Leben, nämlich 1957, untreu geworden, als er seine Karla sozusagen vom Fleck weg heiratete. Sie ist seit dieser Zeit seine ständige Stütze und Beraterin, und keiner weiß es besser als Ewald Koob selbst, dass er ohne ihre Hilfe seine gesteckten Ziele nur schwer erreicht hätte. Ihr schönstes Kompliment an ihn ist ihre Behauptung, sich bis heute noch nie mit ihm gelangweilt zu haben. Dies kann man sicher auch von der gemeinsamen Tochter Birgit, geboren 1960, behaupten, die die Eltern immer in Trab gehalten hat.

Ewald Koob ist immer ein ausgezeichneter Gesellschafter gewesen und über die Medizin hinaus politisch und schöngeistig interessiert. Dem schönen Geschlecht gegenüber gab er sich immer etwas hilflos, was zusammen mit seiner bis ins hohe Alter stattlichen Erscheinung stets Wirkung zeigte. Als sein langjähriger Oberarzt und guter Freund hat der Autor nie wirklich herausgefunden, ob dies Teil seines Naturells oder Effekt war.

Die deutsche Handchirurgie verdankt Ewald Koob viel. Möge er noch zahlreiche Jahre des wohlverdienten Ruhestandes in seiner Wahlheimat Frankreich verleben dürfen.

Dirk Wessels

Gelsenkirchen

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