Rofo 2000; 172(9): 739-743
DOI: 10.1055/s-2000-7229
RAPID COMMUNICATION
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

23Natrium-MRT zur Infarktdarstellung am menschlichen Herzen[1]

J. Sandstede1 , T. Pabst1 , M. Beer1 , K. Harre2 , K. Bäurle1 , C. Lipke1 , F. Butter1 , W. Kenn1 , W. Völker2 , S. Neubauer3 , D. Hahn1
  • 1Institut für Röntgendiagnostik und
  • 2Medizinische Klinik der Universität Würzburg
  • 3Department of Cardiovascular Medicine, John Radcliffe Hospital, Oxford University, United Kingdom
Further Information

Dr. med. Jörn Sandstede

Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg

Josef-Schneider-Straße 2

97 080 Würzburg

Phone: 0931- 201- 5321

Fax: 0931- 201- 3521

Email: joern.sandstede@mail.uni-wuerzburg.de

Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung.

Ziel: Ein Myokardinfarkt führt zu einer erhöhten Natriumkonzentration im Infarktareal auf Grund des erhöhten intrazellulären Natriumgehalts durch Verlust der Zellmembranintegrität, Ausbildung eines interstitiellen Ödems und, während der Narbenbildung, Vergrößerung des Extrazellulärraums durch den Ersatz der Kardiomyozyten durch Bindegewebe. Im Tierversuch konnten Infarkte mit der 23Na-MRT bereits dargestellt werden. Ziel unserer Studie war daher der Infarktnachweis mit der 23Na-MRT am Patienten. Material und Methoden: 10 Patienten wurden 14 ± 7 Tage nach erstem Myokardinfarkt mit einer 23Na-Oberflächenspule in Bauchlage an einem 1,5 T Kernspintomographen untersucht. Mit einer EKG-getriggerten 3D-FLASH-Sequenz (FOV 450 mm, Matrix 64 × 128, räumliche Auflösung 3,5 × 7 mm2, Schichtdicke 16 mm, 32 Akquisitionen) wurde das gesamte Herz in der kurzen Herzachse dargestellt. In der 23Na-MRT nachweisbare Signalanhebungen wurden mit Infarkt-assoziierten regionalen Wandbewegungsstörungen korreliert, die mit der Cine-MRT in Atemanhaltetechnik dargestellt wurden. Ergebnisse: Alle Patienten zeigten ein Areal erhöhter 23Na-Signalintensität, das sowohl mit der klinisch bestimmten Infarktlokalisation als auch mit den kernspintomographisch nachgewiesenen regionalen Wandbewegungsstörungen korrelierte. Schlussfolgerung: Der subakute Myokardinfarkt lässt sich beim Patienten durch erhöhte 23Na-Signalintensität darstellen.

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23Na MRI for imaging of myocardial infarction in human.

Purpose: Sodium is elevated in acute/subacute myocardial infarction due to three distinct mechanisms: Breakdown of ion homeostasis with accumulation of intracellular sodium, extracellular edema formation and, during scar formation, increase of extracellular vs. intracellular space as cardiomyocytes are replaced by connective tissue. 23Na MRI has previously been shown to have the potential to demonstrate myocardial infarction in an animal model. Aim of this study was, therefore, to demonstrate myocardial infarction with the use of 23Na-MRI in patients. Material and Methods: 10 patients were examined 14 ± 7 days after first myocardial infarction using a 23Na surface coil at 1.5 T. Double angulated short axis images of the entire heart were imaged using an ECG-triggered 3d-FLASH-sequence (FOV, 450 mm; matrix, 64 × 128; spatial resolution, 3.5 × 7 mm2 ; slice thickness, 16 mm; 32 acquisitions). Areas of elevated sodium signal intensity were correlated with infarct-related wall motion abnormalities imaged by Cine MRI in breathhold-technique. Results: All patients showed an area of elevated sodium signal intensity that correlated well with the clinically determined localization of myocardial infarction as well as with regional wall motion abnormalities detected by Cine MRI. Conclusions: Elevated 23Na MR image signal intensity demonstrates subacute myocardial infarction in patients.

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Einleitung

Die nicht-invasive Größenbestimmung eines Herzinfarkts kurz nach Eintritt des Infarktereignisses ist immer noch ein diagnostisches Problem, hätte jedoch große Bedeutung für die Prognose und das Behandlungskonzept des Patienten [1]. Ein neuer Ansatz zum Nachweis des Myokardinfarkts ist die 23Natrium-MR-Tomographie (Natrium-MRT), bei der im Gegensatz zur üblichen Protonenbildgebung das Isotop 23Natrium zur Bildgebung eingesetzt wird [2]. Im akuten bis subakuten Myokardinfarkt ist die Gesamtnatriumkonzentration im Infarktareal auf Grund verschiedener Mechanismen erhöht: Normalerweise ist der Natriumgehalt des Extrazellulärraums zehnfach höher als der des Intrazellulärraums. Im akuten Infarkt kommt es durch Verlust der Zellmembranintegrität und Hemmung der Na/K-ATPase zu einem Ausgleich des intra-/extrazellulären Ionengradienten und damit zu einem erhöhten intrazellulären Natriumgehalt. Andererseits ist der Extrazellulärraum mit seinem höheren Natriumgehalt durch die Ausbildung eines interstitiellen Ödems im Ischämieareal vergrößert. Im weiteren Verlauf wird dann durch die beginnende Narbenbildung, d. h. Ersatz von Kardiomyozyten durch Fibrozyten und kollagenes Bindegewebe, der Extrazellulärraum und damit der Gehalt an extrazellulärer Flüssigkeit vergrößert. Alle diese Mechanismen führen zu einem erhöhten Gesamtnatriumgehalt des Infarktareals, der über die Natrium-Signalintensität (SINa) im Tierversuch bereits dargestellt werden konnte [3] [4]. In Probandenstudien wurde zuvor in der Literatur die Einsetzbarkeit der Natrium-MRT am Menschen belegt, auch unter Verwendung einer Cine-Technik [2] [5]. Durch den Einsatz einer EKG-Triggerung, die bereits 1988 von Ra et al. vorgeschlagen wurde [6], und mit höherer räumlicher Auflösung wurde die Natrium-MRT am Probanden weiterentwickelt [7]. Ziel unserer Studie war daher eine erste Anwendung der Natrium-MRT am Patienten zum Nachweis des subakuten Myokardinfarkts.

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Patienten und Methoden

10 Patienten (8 Männer, 2 Frauen, Alter: 60 ± 11 Jahre) wurden 14 ± 7 Tage (Bereich: 5 - 28 Tage) nach transmuralem Myokardinfarkt unter Beachtung der üblichen MR-Kontraindikationen in die Studie eingeschlossen. Die Diagnose eines Myokardinfarkts wurde anhand der Klinik sowie der EKG- und Labor-Veränderungen gestellt. Alle Patienten erhielten vor der MR-Untersuchung eine konventionelle Linksherzkatheteruntersuchung mit Ventrikulographie und Koronarangiographie in Standardtechnik, bei 3 Patienten war im Rahmen dieser Untersuchung bereits eine PTCA mit Stentimplantation der infarkt-assoziierten Koronararterie durchgeführt worden. Die Infarktlokalisation wurde elektrokardiographisch und anhand des Versorgungsgebiets der infarkt-assoziierten Koronararterie bestimmt. Die Studie wurde von der Ethikkomission der Universitätsklinik genehmigt, und eine schriftliche Einverständniserklärung wurde von jedem Patienten eingeholt.

Die Untersuchung wurde an einem 1,5 Tesla MR-System Magnetom Vision (Siemens, Erlangen) mit einer Breitband-Spektroskopie-Option durchgeführt. Für die Natrium-Bildgebung wurde eine linear polarisierte Natrium-Oberflächenspule (Rapid Biomedical, Würzburg) mit einer Fläche von 286 × 174 mm2 verwendet [8]. Zur Reduktion der Atemartefakte lagen die Patienten in Bauchlage und wurden mithilfe von Turbo-FLASH (Fast Low Angle SHot)-Scouts so plaziert, dass das Herz in Spulenmitte zu liegen kam. Es wurde eine EKG-getriggerte 3D-FLASH-Sequenz in doppelt angulierter Schichtführung entlang der kurzen Herzachse eingesetzt. Durch den Einsatz eines nicht-schichtselektiven HF-Pulses sowie eines asymmetrischen Echos wurde ein TE von 3,1 ms erzielt. TR war 21 ms, die Bandbreite 65 Hz/pixel und der Flip-Winkel betrug 70°. Zur weiteren Reduktion der Atemartefakte wurden 32 Akquisitionen gemittelt. Eine Kombination mit der Navigatortechnik ist mit der verwendeten Natrium-Oberflächenspule nicht möglich, da die Spulensensitivität für eine Detektion der Lungen/Zwerchfell-Grenze nicht ausreichend ist. Das Datenakqusitionsfenster im Herzzyklus betrug 420 ms unabhängig von der Herzfrequenz und wurde in der Diastole plaziert. Bei einem Gesichtsfeld von 450 mm und einer Matrix von 64 × 128 resultierte eine räumliche Auflösung in der Schicht von 3,5 × 7 mm2. Es wurden 20 Partitionen aufgenommen, bei einer Schichtdicke von 16 mm wurde das gesamte Herz mit 6 Kurzachsenschichten dargestellt. In Abhängigkeit von der Herzfrequenz betrug die Untersuchungszeit 29 ± 4 min. Für den Nachweis infarkt-assoziierter regionaler Wandbewegungsstörungen mit der Cine-MRT wurden die Patienten in Rückenlage umgelagert und mit der „phased-array”-Körperspule untersucht. Hierfür wurde eine EKG-getriggerte zwei-dimensionale FLASH-Sequenz (TR: 80 - 100 ms, abhängig von der Herzfrequenz; TE: 4,8 ms; Flip-Winkel: 30°) in der kurzen und langen Herzachse eingesetzt. Die Schichtdicke betrug 8 mm ohne Schichtlücke, die Anzahl der abgebildeten Herzphasen war abhängig von der Herzfrequenz.

Für die Infarktgrößenbestimmung wurde jede Schicht in der Natrium-MRT und in der Cine-MRT einzeln auf das Auftreten von Abschnitten mit Signalanhebungen bzw. Wandbewegungsstörungen von zwei Untersuchern in Konsens beurteilt. Anschließend wurden sowohl die Cine- als auch die Natrium-Bilder quantitativ ausgewertet. Hierfür wurden in der enddiastolischen und der endsystolischen Phase der Cine-MRT bzw. in den ausschließlich enddiastolischen Bildern der Natrium-MRT die endokardialen und epikardialen Konturen beider Herzventrikel sowie der Infarktareale mithilfe der Software ARGUS, Version VB31B (Siemens AG, Erlangen) manuell eingezeichnet. Die linksventrikuläre Masse wurde durch Summierung des Myokardvolumens aller segmentierten Schichten unter Berücksichtigung der spezifischen Dichte von 1,05 g/l bestimmt. Die Masse des Infarktareals wurde durch Aufsummierung des Infarktbereichs in jeder Schicht errechnet und als prozentualer Anteil an der linksventrikulären Gesamtmasse ausgedrückt [9] . Für die statistische Analyse wurde der Spearman-Rang-Test für die Analyse der Korrelation der Herzmassen- und Infarktgrößenbestimmung mit Cine- und Natrium-MRT eingesetzt mit einem Signifikanzniveau von p = 0,05.

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Ergebnisse

Bei 7 Patienten war der Myokardinfarkt in der Vorderwand im Versorgungsgebiet des Ramus interventricularis anterior lokalisiert, bei 4 Patienten unter Einbeziehung des Septums (Abb. [1]). 3 Patienten hatten den Myokardinfarkt in der Hinterwand im Versorgungsgebiet der rechten Kranzarterie, bei einem Patienten unter Einbeziehung des Septums.

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Abb. 1 Natrium-MRT in 6 aufeinanderfolgenden Schichten der kurzen Herzachse eines 63-jährigen Patienten 11 Tage nach akutem Vorderwandinfarkt unter Einbeziehung des Septums. Das gesamte Herz (LV, linker Ventrikel; RV, rechter Ventrikel) ist von der Herzbasis (a) bis zur Herzspitze (f) abgebildet, der Rippenknorpel (*) stellt sich hyperintens dar. Auf drei Schichten (d,e,f) zeigt sich eine erhöhte Signalintensität (Pfeile), dem erhöhten Natriumgehalt des Infarktareals mit korrespondierender Wandbewegungsstörung (Pfeile) in der Cine-MRT (g, Diastole, h, Systole) entsprechend.

Bei allen Untersuchungen wurde eine diagnostische Bildqualität erzielt, alle Patienten zeigten ein Areal erhöhter SINa. Dieses Areal korrelierte sowohl mit der klinisch bestimmten Infarktlokalisation, d. h. den EKG-Veränderungen und der in der Koronarangiographie nachgewiesenen Infarkt-bezogenen Koronararterienstenose bzw. -okklusion, als auch mit den kernspintomographisch nachgewiesenen regionalen Wandbewegungsstörungen. Die linksventrikuläre Massenbestimmung ergab für die Cine-MRT 158 ± 25 g (Bereich: 100 - 189 g) und für die Natrium-MRT 160 ± 30 g (Bereich: 99 ± 217 g) mit einer Korrelation von R = 0,76 (p = 0,01). Die prozentuale Infarktgröße betrug 14 ± 8 % (Bereich: 4 - 31 %) für die Cine-MRT und 18 ± 9 % (Bereich: 9 - 40 %) für die Natrium-MRT mit einer Korrelation von R = 0,96 (p < 0,00001).

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Diskussion

Der akute Myokardinfarkt führt zu einer Herzmuskelzellnekrose mit konsekutivem interstitiellen Ödem und einer Leukozyteninfiltration in den ersten vier Tagen, gefolgt von der Einsprossung von Kapillargefäßen und von Fibrozyten. Bis zur dritten Woche sind die nekrotischen Muskelfasern abgeräumt und werden in den folgenden Wochen durch Bindegewebe ersetzt [10]. Diese Ischämiefolgen mit den anschließenden Reparaturvorgängen führen auf Grund der in der Einleitung beschriebenen Mechanismen zu einem anhaltend erhöhten Natriumgehalt im Infarktareal, der - wie im Tierversuch laborchemisch gemessen wurde - dem Ausmaß der ischämischen Schädigung im subakuten Stadium proportional ist [11] [12]. Im Tierversuch konnte in einer ersten Studie mit der Natrium-MRT gezeigt werden, dass im infarzierten Myokard im Vergleich zum vitalen Myokard eine höhere SINa nachweisbar ist. Durch laborchemische Untersuchung konnte weiterhin nachgewiesen werden, dass diese erhöhte SINa durch erhöhten Gewebenatriumgehalt verursacht ist [3]. In einer weiteren Studie mit histologischer Korrelation wurde dann nachgewiesen, dass die Areale mit erhöhter SINa identisch waren mit den histologisch nachgewiesenen Infarktzonen. Im Infarktareal fand sich eine deutliche Erhöhung des intrazellulären Natriumgehalts, während das extrazelluläre Volumen nur gering vergrößert war. Somit scheint im akuten Infarktstadium die Erhöhung des Gesamtnatriumgehalts hauptsächlich durch die erhöhte intrazelluläre Natriumkonzentration und nur in einem geringeren Ausmaß durch das interstitielle Ödem bedingt zu sein [4].

Für die nicht-invasive Infarktgrößenbestimmung am Patienten existieren verschiedene Methoden wie EKG-Indizes, Szintigraphie, Computertomographie, Echokardiographie und Herzenzymaktivitätskurven [9] [13]. Mit der Herz-MRT kann die Infarktgröße durch T2-gewichtete Aufnahmen dargestellt werden, diese Methode führt jedoch zu einer Überschätzung des Infarktausmaßes [14]. Weitere Ansätze sind die Analyse der Kontrastmittelaufnahme nach Gabe von Gd-DTPA [9] [15] bzw. der Einsatz eines Nekrose-spezifischen MR-Kontrastmittels [13] [16]. Hier scheint jedoch eine Darstellung nur der Nekrosezone, nicht jedoch des gesamten ischämischen Areals vorzuliegen [16]. Eine andere Methode zur Infarktgrößenbestimmung ist der Nachweis des resultierenden Funktionsverlusts durch Cine- oder Tagging-Techniken [17]. Aus der Vielzahl der genannten Möglichkeiten wird deutlich, dass ein anerkannter Goldstandard zur Infarktgrößenbestimmung am Menschen fehlt.

Mit der Natrium-MRT konnte bei allen Patienten ein Infarktareal in Übereinstimmung zur klinischen Infarktlokalisation nachgewiesen werden. Die Infarktgröße korrelierte mit dem Ausmaß der regionalen Kontraktilitätsstörung, und auch die gesamte linksventrikuläre Masse konnte mit beiden Methoden vergleichbar bestimmt werden. Die Natrium-MRT zeigte einen Trend zu einer etwas höheren Infarktgrößenbestimmung, was am ehesten durch die niedrigere räumliche Auflösung erklärt werden kann, die zu einer geringeren Genauigkeit der Infarktgrenzenbestimmung führt. Die von uns gewählte Vergleichsmethode der Cine-MRT unter Ruhebedingungen lässt allerdings keine Differenzierung von avitalem und vitalen Myokard zu [15]. Daher kann mit den vorliegenden Daten keine Aussage darüber getroffen werden, ob die Natrium-MRT in der eingesetzten Technik nur das irreversibel oder auch das reversibel ischämisch geschädigte Myokard darstellt. Da jedoch wie bereits beschrieben im Tierversuch die Infarktgrößenbestimmung mit der Natrium-MRT bereits validiert worden ist, erscheint die Natrium-MRT als eine geeignete Methode zur Infarktgrößenbestimmung am Patienten, deren klinischer Stellenwert jedoch in größeren Studien evaluiert werden muss.

Eine generelle Limitation der vorliegenden Pilotstudie liegt in ihrer kleinen Patientenzahl. Deshalb ist eine Differentialanalyse reperfundierter und nicht-reperfundierter Myokardinfarkte nicht möglich. Neben der Untersuchung von Patienten mit subakutem Myokardinfarkt sollten des weiteren auch Patienten mit chronischem Myokardinfarkt untersucht werden. Bei diesen Patienten wäre auf Grund des durch die Narbenbildung vergrößerten Extrazellulärraums ebenfalls eine erhöhte SINa zu erwarten, die dann allein mit der Natrium-MRT schwer von einem akuten Infarkt zu differenzieren wäre. Als weitere MR-Vergleichsmethoden zur Infarktgrößenbestimmung bieten sich auch die T2-Wichtung zur Darstellung des myokardialen Ödems und die Analyse der Kontrastmittelaufnahme in Spätaufnahmen an, wobei die Unterschiede zwischen den verschiedenen Methoden in weiteren Studien herausgearbeitet werden müssen.

Mit der in der vorliegenden Studie verwendeten Natrium-MRT-Technik ist auf Grund der eingesetzten Echozeit von 3,1 ms mit einem Signalverlust des intrazellulären Natriums zu rechnen, da diese teilweise eine T2-Zeit von 2,3 ms aufweist [18]. Die genaueste Erfassung des gesamten extra- und intrazellulären Natriumgehalts wäre mit einer Spindichte-gewichteten Sequenz möglich, die jedoch derzeit auf Grund des geringen Signal-zu-Rausch-Verhältnisses nicht eingesetzt werden kann. Des weiteren ist aktuell eine Quantifizierung der Signalintensität und damit des Natriumgehalts nicht möglich, weshalb nur eine qualitative Beurteilung des Vorliegens einer Erhöhung der SINa vorgenommen wurde. Ursache hierfür ist die Verwendung einer Oberflächenspule mit abfallenden Signalintensitäten in den spulenferneren Bereichen. Durch das Fehlen einer „Nativaufnahme” ist auch die Bestimmung einer relativen Signalintensitätserhöhung nicht möglich, und der Vergleich mit anliegenden Myokardabschnitten ist auf Grund des Spulenprofils mit großen Unsicherheiten behaftet. Mögliche Ansätze für eine Quantifizierung der SINa und damit des Natriumgehalts sind die Messung der SINa unter Verwendung einer spulenspezifischen B1-Karte und eines externen Standards oder eine Bestimmung der T2-Zeit, beide Methoden befinden sich in Erprobung. Eine grundsätzliche Limitation der Natrium-MRT ist die methodenbedingte fehlende Unterscheidbarkeit des intra- und extrazellulären Natriumgehalts. Deshalb lässt sich der prozentuale Anteil der erhöhten intrazellulären Natriumkonzentration bzw. des erhöhten extrazellulären Volumens an der erhöhten Gesamtnatriumkonzentration nicht bestimmen. Auch wenn im Tierversuch nur eine geringe Vermehrung des extrazellulären Volumens in der Infarktzone im Vergleich zum umliegenden Myokard gefunden wurde, so ist doch das interstitielle Ödem grundsätzlich reversibel, während die erhöhte intrazelluläre Natriumkonzentration ein Marker des Zelluntergangs ist. Einen möglichen Unterscheidungsansatz zwischen einer Kernzone mit überwiegend Zellnekrosen bei begleitendem Ödem und einer Randzone mit überwiegender Erhöhung nur der extrazellulären Natriumkonzentration bei weitgehend intakten Zellmembranen bietet wiederum die Quantifizierung des Natriumgehalts, da durch die in der Randzone geringere Erhöhung des Gesamtnatriumgehalts auch eine geringere SINa als in der Kernzone zu erwarten ist.

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Schlussfolgerung

Der subakute Myokardinfarkt kann durch erhöhte Natrium-Signalintensität am Patienten dargestellt werden, die genaue Bestimmung des Stellenwerts der Natrium-MRT zur Infarktdiagnostik sollte jedoch in größeren Patientenstudien erfolgen. Zusätzlich - nach Möglichkeit unter Einsatz einer Methode zur Quantifizierung des Natriumgehalts - kann nun der Stellenwert der Natrium-MRT zur Unterscheidung von Kernzone und Randzone des Infarktareals und zur Vitalitätsdiagnostik nach Myokardinfarkt evaluiert werden.

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1 Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des IZKF Würzburg unter dem Förderkennzeichen 01 KS 9603 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.

Dr. med. Jörn Sandstede

Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg

Josef-Schneider-Straße 2

97 080 Würzburg

Phone: 0931- 201- 5321

Fax: 0931- 201- 3521

Email: joern.sandstede@mail.uni-wuerzburg.de

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Literatur

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1 Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des IZKF Würzburg unter dem Förderkennzeichen 01 KS 9603 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.

Dr. med. Jörn Sandstede

Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg

Josef-Schneider-Straße 2

97 080 Würzburg

Phone: 0931- 201- 5321

Fax: 0931- 201- 3521

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Abb. 1 Natrium-MRT in 6 aufeinanderfolgenden Schichten der kurzen Herzachse eines 63-jährigen Patienten 11 Tage nach akutem Vorderwandinfarkt unter Einbeziehung des Septums. Das gesamte Herz (LV, linker Ventrikel; RV, rechter Ventrikel) ist von der Herzbasis (a) bis zur Herzspitze (f) abgebildet, der Rippenknorpel (*) stellt sich hyperintens dar. Auf drei Schichten (d,e,f) zeigt sich eine erhöhte Signalintensität (Pfeile), dem erhöhten Natriumgehalt des Infarktareals mit korrespondierender Wandbewegungsstörung (Pfeile) in der Cine-MRT (g, Diastole, h, Systole) entsprechend.