Einleitung
Aus den 30er Jahren unseres Jahrhunderts liegen erste Veröffentlichungen über den
Einsatz nicht-invasiver Beatmungsverfahren (non-invasive positive pressure ventilation,
NIPPV) bei Patienten mit kardial bedingtem Lungenödem vor [[1], [2]]. Das breite Aufkommen der orotrachealen Intubation in der Nachkriegszeit und die
rasante Entwicklung in Anästhesie und Intensivmedizin ließen diese Beatmungsform jedoch
wieder in Vergessenheit geraten. Erst mit der Entwicklung nasaler Beatmung mit kontinuierlichem
positiven Atemwegsdruck (CPAP) in der Behandlung des obstruktiven Schlafapnoesyndroms
kam es zu einer Wiederentdeckung dieser Verfahren, die dann zunächst über die Beatmung
von Patienten mit chronisch respiratorischer Insuffizienz (neuromuskuläre Erkrankungen,
post-Tuberkulose-Syndrom, Kyphoskoliose) den Einzug in die Akutmedizin fand. Der folgende
Artikel soll den aktuellen Stand der Diskussion hinsichtlich des Einsatzes von nicht-invasiver
Beatmung in der Akut- und Notfallmedizin aufzeigen und zukünftige Perspektiven erörtern.
Technische Aspekte
Nicht-invasive Beatmung kann sowohl über Nasen- als auch über Vollgesichtsmasken (Nasen-Mundmaske)
durchgeführt werden (Abb. [1]). Im Akutfall (Abb. [2]) ist letztere zu bevorzugen, da die Patienten in der Regel nicht in der Lage sind,
den Mund geschlossen zu halten, was für eine erfolgreiche Beatmung dringend erforderlich
ist. Unter Vollgesichtsmasken kommt es bei einer Beatmungsdauer von mehr als einem
Tag häufig zur Ausbildung von Druckstellen und Nekrosen im Gesichtsbereich. Bei längeren
Beatmungszeiten sollte deshalb die Umstellung auf Nasenmasken erfolgen. Für die Akutintervention
spielt dieser Aspekt keine Rolle.
Grundsätzlich können alle Beatmungsgeräte für eine nicht invasive Beatmung genutzt
werden. Die üblicherweise im Intensivbereich gebrauchten Respiratoren (EVITA, Dräger,
Servo, Siemens) haben jedoch den Nachteil, daß aufgrund wechselnder Leckagemengen
an Maske oder durch Mundöffnen viele Fehlalarme erzeugt werden. Außerdem ist das Schlauchsystem
bei diesen Geräten relativ schwer, was zu Zugkräften auf die Maske führt und deren
Verrutschen begünstigt. Kleinere, extra für die nicht-invasive Beatmung entwickelte
Geräte bieten zwar nur ein vergleichsweise eingeschränktes Spektrum an Beatmungsmodi,
sind aber leichter in der Anwendung. Durch ein geringeres Gewicht der Beatmungsschläuche,
geringeren Systemtotraum, leichtere Handhabung und empfindliche Triggerschwellen sind
sie jedoch für diese Form der Beatmung besser geeignet. Zudem sind sie in der Anschaffung
deutlich günstiger. Je nach Gerätetyp erlauben sie in der Regel eine volumen- oder
druckkontrollierte Beatmung. Zusätzlich haben sie die Option der assistierten Spontanatmung.
In der Therapie des akuten respiratorischen Versagens hat sich als Beatmungsmodus
die druckunterstützte Spontanatmung (pressure support ventilation, PSV) durchgesetzt,
weil sie in der Regel vom Patienten am besten toleriert wird. Ausnahmen bilden Patienten
mit chronischer Erschöpfung der Atemmuskelpumpe, wie neuromuskuläre Erkrankungen,
Kyphoskoliose, COPD-Patienten ohne akute Exazerbation. Bei diesen führt jede Form
des Triggerns zu einem weiteren Energieverbrauch der ohnehin überlasteten Atemmuskulatur
[[3]], die nur durch eine kontrollierte Beatmung vollständig entlastet wird. Diese Patienten
lassen sich bei ausreichendem Atemzugvolumen und mit ihrer Atemsituation angepaßter
Atemfrequenz in die kontrollierte Beatmung „hineinfallen” und tolerieren sie in der
Regel problemlos. Voraussetzung für den Einsatz von NIPPV ist der kooperative, mitarbeitsfähige
Patient. Neurologische Störungen, vor allem Schluckstörungen, stellen dabei genauso
wie ein ausgeprägtes Sekretproblem weiterhin eine Kontraindikation dar. In der Regel
läßt sich NIPPV ohne sedierende Maßnahmen durchführen. In Einzelfällen kann durch
kleine Dosen eines Opiats eine gewisse Beruhigung des Patienten erreicht werden, ohne
daß eine Atemdepression zu befürchten ist.
Der personelle Aufwand bei der Einleitung von NIPPV in der Notfallsituation erscheint
zunächst hoch, da in der 30 - 60minütigen Initialphase sowohl eine intensive ärztliche
als auch eine pflegerische Betreuung erforderlich ist. Allerdings ist in der Regel
die Beatmungszeit mit NIPPV kürzer. Zusätzlich entfällt die ebenfalls personalaufwendige
Entwöhnungsphase vom Respirator, so daß insgesamt kein vermehrter Arbeitsanfall zu
verzeichnen ist [[4]].
Abb. 1Verschiedene Maskentypen für den Einsatz auf der Intensivstation.
Abb. 2Nicht-invasive Beatmung über Vollgesichtsmaske.
Indikationen
Drei Indikationen können für eine Behandlung mit nicht-invasiver Beatmung bei akuter
respiratorischer Insuffizienz als gesichert angesehen werden:
-
das kardiogen bedingte Lungenödem,
-
die akute Exazerbation einer obstruktiven Atemwegserkrankung und
-
der Einsatz beim Weaning von Problempatienten. Letzteres wird in einem gesonderten
Artikel in dieser Zeitschrift demnächst ausführlich beschrieben.
Lungenödem
Maskenbeatmung bei Lungenödem wurde bereits 1936 von Poulton [[1]] erstmals beschrieben, geriet dann allerdings lange in Vergessenheit. Rasanen zeigte
1985 [[5]] in einer randomisierten Studie, daß CPAP gegenüber einer konventionellen Behandlung
mit Diuretika und Nitropräparaten zu einer Reduktion an Intubationen um 30 % und der
Mortalität um 15 % führt. Diese Daten wurden von Bersten 1991 [[6]] und Lin 1995 [[7]] bestätigt. Der in allen Studien gewählte CPAP-Druck lag bei 10 cm H2O. Eigene Erfahrungen zeigen, daß ein solcher Druck nicht von allen Patienten toleriert
wird. Gerade ältere Patienten haben Probleme mit der erschwerten Exspiration und brechen
die Maskenbeatmung ab, weil sie sich zunehmend „überbläht” fühlen. Mehta verglich
daher 1997 [[8]] CPAP mit nicht-invasiver Beatmung im PSV-Mode, der aufgrund des niedrigeren exspiratorischen
Druckniveaus besser vertragen wird. Er zeigte, daß die kardiale Rekompensation unter
positiver Druckbeatmung wesentlich schneller als unter CPAP erreicht wird. Allerdings
wurde unter Beatmung eine höhere Rate an akuten Myokardinfarkten (71 % vs. 31 % in
der CPAP-Gruppe) und eine höhere Mortalität beobachtet, was als Folge einer Verschlechterung
der Koronarperfusion unter Beatmung gedeutet wurde. Rusterholz [[9]] bestätigte bei Patienten mit schwerer respiratorischer Insuffizienz unter Maskenbeatmung
eine hohe Myokardinfarktrate. Bei fehlender Kontrollgruppe wäre es jedoch denkbar,
daß einfach viele Patienten mit infarktbedingtem Lungenödem in die Studie eingeschlossen
wurden. Hoffmann [[10]] fand bei 29 Patienten mit schwerer Hypoxie keine Häufung myokardialer Ereignisse.
Allerdings hatten die Patienten, die im Myokardinfarkt ein beatmungspflichtiges Lungenödem
entwickelten, eine hohe Mortalität. Zum jetzigen Zeitpunkt muß offen bleiben, ob der
erhöhte intrathorakale Druck wirklich mit einer Reduktion der Koronarperfusion einhergeht
oder ob durch Verbesserung des Herzminutenvolumens und gleichzeitige Vorlast- und
Nachlastsenkung nicht vielmehr eine Verbesserung der Perfusion zu erwarten ist. Zumal
da durch Überwindung der Hypoxie zudem das Sauerstoffangebot des Herzens verbessert
wird. Der akute Myokardinfarkt sollte jedoch zur Zeit als relative Kontraindikation
für NIPPV angesehen werden. Die für die invasive Beatmung notwendige Analgosedierung
kann aufgrund der Dämpfung des Sympathikotonus gerade aus rhythmogener Sicht positiv
für den Infarktpatienten sein.
Die Studie von Hoffmann belegte, daß auch bei schwerer respiratorischer Insuffizienz
mit einem Abfall der Sauerstoffsättigung unter 70 % durch Maskenbeatmung eine schnelle
Rekompensation innerhalb weniger Stunden erreicht wird und eine Intubation vermieden
werden kann.
Der schnell einsetzende positive Effekt der nicht-invasiven Beatmung bei kardialer
Dekompensation erklärt sich neben der Rekrutierung hypoventilierter Lungenareale und
der Entlastung der Atemmuskelpumpe (siehe unten) vor allem durch eine schnelle ausgeprägte
Senkung der rechtsventrikulären Vorlast. Die Entlastung des rechten Ventrikels führt
über eine Verschiebung des Kammerseptums nach rechts zu einer Verbesserung der linksventrikulären
Kontraktilität und einer Senkung des linksventrikulären enddiastolischen Drucks. Hoffmann
[[11]] konnte bei Patienten mit gering bis mittelgradig eingeschränkter linksventrikulärer
Pumpfunktion zeigen, daß es unter Maskenbeatmung zu einer Steigerung des Cardiac Index
um ca. 20 % kommt, ohne daß sich die pulmonalen Drücke verändern. Diese hämodynamische
Verbesserung geht mit einer Verdopplung der Urinausscheidung pro Stunde einher. Grund
hierfür ist wahrscheinlich eine aufgrund der verringerten Dehnung des rechten Vorhofs
verminderte Freisetzung von antinatriuretischem Peptid. Daneben dürften andere endokrinologische
Regulationsmechanismen (verminderte Katecholaminfreisetzung) ebenfalls eine Rolle
spielen [[12]].
Während der Einsatz der NIPPV bei Lungenödempatienten mit hypertonen und normotonen
Blutdruckwerten als gesichert angesehen werden kann, galten hypotone Kreislaufsituationen
als absolute Kontraindikation. Einzelfallberichte über die erfolgreiche Behandlung
von Patienten mit dekompensierten Aortenvitien legen jedoch nahe, daß die durch die
Vorlastsenkung bedingte weitere Senkung des arteriellen Mitteldrucks durch die Verbesserung
des Herzminutenvolumens mehr als kompensiert wird. Bis jedoch in gut kontrollierten
Studien unter strenger hämodynamischer Kontrolle ein solch positiver Effekt bewiesen
ist, muß der Kreislaufschock weiter als klare Kontraindikation für den Einsatz von
NIPPV gelten.
Obstruktive Atemwegserkrankung
Das respiratorische Versagen bei akuter Exazerbation einer chronisch obstruktiven
Lungenerkrankung ist in erster Linie als Folge einer Erschöpfung der stark belasteten
Atemmuskelpumpe mit nachfolgender alveolärer Hypoventilation [[13]] anzusehen. NIPPV entlastet die Atemmuskelpumpe und die Hypoventilation wird überwunden.
Brochard [[14]] zeigte 1995 in einer randomisierten Studie, daß eine zusätzlich zur Standardtherapie
applizierte nicht-invasive Beatmung die Zahl der Intubationen deutlich verringert.
Die Krankenhausaufenthaltsdauer verkürzt sich um im Schnitt 10 Tage, weil die NIPPV-Patienten
keine aufwendige Entwöhnungsphase durchlaufen. Zudem ist die Zahl nosokomialer, beatmungsassoziierter
Pneumonien wesentlich geringer. Meduri [[15]] veröffentlichte 1996 die größte Zusammenstellung maskenbeatmeter Patienten. Hier
zeigte sich, daß bei chronisch obstruktiven Patienten die Versagerrate der nicht-invasiven
Methode mit 20 % deutlich höher lag als in der Gruppe mit kardiogenem Lungenödem.
3 Gründe sind hierfür ausschlaggebend:
-
Die Rekompensationszeit ist bei chronisch obstruktiven Patienten sehr viel länger
als beim Lungenödem. Während bei letzteren die anfangs als unangenehm erlebte Beatmung
aufgrund der schnellen Besserung der Hypoxie gut toleriert wird, kommt es bei obstruktiven
Patienten zu Complianceproblemen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Patienten zusätzliche
neurologische Symptome zeigen.
-
Bei einem Teil der Patienten spielt eine ausgeprägte Hypersekretion eine Rolle, die
sich auch durch bronchoskopische Absaugung nicht dauerhaft beherrschen läßt. In diesem
Fall ist eine Intubation aus Gründen der Sekretabsaugung unerläßlich.
-
Die Einstellung des Beatmungsgerätes ist bei COPD wesentlich komplizierter als beim
Lungenödem.
Während bei letzterem mit einer Standardeinstellung (inspiratorischer Druck 15 - 20
cm H2O, PEEP 3 - 6 cm H2O) und unabhängig von der Wahl des Geräts praktisch immer ein Beatmungserfolg zu verzeichnen
ist, führt bei der COPD der stark gesteigerte Atemantrieb der Patienten dazu, daß
sie häufig mehr gegen als mit dem Beatmungsgerät arbeiten. Im Gegensatz zu den Niedrigdruck-,
Niedrigvolumen-, Niedrigflußstrategien bei der invasiven Beatmung dieser Patientengruppe
[[16]], ist unter NIPPV in erster Linie auf ein ausreichendes Atemminutenvolumen zu achten.
Atemzugvolumen und Frequenz müssen deshalb hoch gewählt werden, gleiches gilt für
den inspiratorischen Fluß. Zu niedriger Flow bei ausreichendem Zugvolumen gibt dem
Patienten das Gefühl des Luftmangels, so daß er unruhig wird, hyperventiliert und
sich erschöpft. Aufgrund der unterschiedlichen Flußprofile und Triggeransprechraten
verschiedener Respiratoren, ist ein Wechsel des Geräts bei Patienten mit COPD manchmal
vorteilhaft und verbessert die Erfolgsrate.
Über die Behandlung anderer Krankheitsbilder mit schwerer Atemwegsobstruktion wie
Asthma bronchiale, Bronchiektasenkrankheit und Mukoviszidose und den Einsatz von NIPPV
bei restriktiven Erkrankungen wie der Lungenfibrose existieren nur Einzelfallberichte
[[17]]. Beatmungspflichtige Asthmaexazerbationen sind aufgrund der deutlich verbesserten
Basistherapie mit inhalativen Steroiden und der guten Wirksamkeit der Notfalltherapie
mit β2-Sympathomimetika selten geworden [[18]]. Sie stellen immer dann eine Indikation für NIPPV dar, wenn die Ermüdung der Atemmuskelpumpe
- sichtbar an der zunehmenden Hyperkapnie - in den Vordergrund tritt. Solange die
Obstruktion - meist verbunden mit einer Hypoxie - alleine die Situation bestimmt,
ist eine Sauerstoffinsufflation über Nasensonde oder Gesichtsmaske ausreichend. Ähnlich
ist die Situation bei Patienten mit Lungenfibrose, die meist über lange Phasen des
Krankheitsverlaufs unter einer reinen Hypoxie ohne Hyperkapnie leiden. NIPPV ist meist
erst in den Spätphasen der Erkrankung, eventuell auch zur Überbrückung der Zeit bis
zu einer Lungentransplantation möglich, wobei gerade bei diesen Patienten das Risiko
der Pneumothoraxentstehung unter positiver Druckbeatmung zu beachten ist.
Bronchiektasen und Mukoviszidose sind aufgrund der ausgeprägten Sekretproblematik
schwierige Indikationen für NIPPV. Besonders in der Notfallsituation mit ausgeprägter
Hypoxie ist in der Regel keine ausreichende Sauerstoffsättigung zu erreichen. Eine
ausgeprägte Hyperkapnie (pCO2 > 55 mm Hg) ist bei Mukoviszidosepatienten ein prognostisch ungünstiges Zeichen [[19]]. Möglicherweise kann hier eine frühzeitige Einleitung einer intermittierenden Selbstbeatmung
die Überlebenszeit verlängern. Dies ist bisher nicht in größeren Studien geprüft worden.
Pneumonie und Acute Respiratory Distress Syndrom (ARDS)
Antonelli [[20]] publizierte 1998 die erste randomisierte Vergleichsstudie von NIPPV mit invasiver
Beatmung über einen Endotrachealtubus. Er konnte zeigen, daß die Intubation in 22
von 32 Fällen der NIPPV-Gruppe vermieden werden konnte. Unterschiede in der Mortalität
fanden sich zwischen den Gruppen nicht. Allerdings war die Beatmungszeit in der NIPPV-Gruppe
deutlich kürzer als in der der konventionell Beatmeten. Grund war die wesentlich höhere
Komplikationsrate bei letzteren, wobei vor allem die beatmungsassoziierten Pneumonien
und Sinusitiden (10 vs. 1 unter NIPPV) ins Gewicht fiel. Die Indikationen für die
Beatmung waren in dieser Arbeit sehr unterschiedlich, neben Patienten im kardiogenen
Lungenödem und mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wurden auch 5 Patienten mit Pneumonie
erfolgreich mit NIPPV behandelt. Insgesamt muß jedoch diese Indikation als nicht ausreichend
belegt angesehen werden. Die respiratorische Insuffizienz bei Pneumonie entsteht durch
einen intrapulmonalen Rechts-Links-Shunt, da es in den befallenen Lungenarealen zu
einem Alveolarkollaps mit fehlender Ventilation bei erhaltener Perfusion kommt. Bei
weit fortgeschrittenem Krankheitsbild mit ausgeprägter Lungeninfiltration und schwerer
Hypoxie ist ein hoher PEEP notwendig, um kollabierte Alveolen zu rekrutieren. Hohe
exspiratorische Drücke und ein verändertes Atemzeitverhältnis werden jedoch von den
unter NIPPV wachen unsedierten Patienten nur schlecht toleriert. Insofern scheint
ein Einsatz von NIPPV nur dann bei Pneumonie indiziert, wenn eine moderate respiratorische
Insuffizienz vorliegt, vor allem dann, wenn gleichzeitig eine Erschöpfung der Atemmuskelpumpe
mit Hyperkapnie vorliegt. Möglicherweise ergibt sich eine zusätzliche Anwendungsmöglichkeit
bei Tumorpatienten mit Pneumonie, bei denen eine invasive Beatmung aufgrund der schlechten
Prognose der Grunderkrankung nicht mehr erwogen wird.
Die gleichen Überlegungen gelten für das ARDS. Rocker [[21]] fand in einem erweiterten Fallbericht mit 14 Patienten eine Erfolgsquote für NIPPV
von 50 %, die Mortalität der Therapieversager war hoch. Auch hier gilt, daß mit den
mit NIPPV applizierbaren Drücken in vielen Fällen keine Korrektur der Hypoxie gelingt
und eine invasive Beatmung zwingend indiziert ist.
Die Problematik der hohen Versagerrate bei Pneumonien und ARDS weist noch einmal auf
ein Grundproblem der nicht-invasiven Methodik hin. Sie ist kein Ersatz, sondern eine
Ergänzung zur konventionellen Beatmung. NIPPV kann deshalb nur dort durchgeführt werden,
wo invasive Beatmungsmöglichkeiten verfügbar sind. Außer bei Patienten im kardiogenen
Lungenödem muß mit einer nennenswerten Anzahl von Therapieversagern gerechnet werden.
Es ist deshalb notwendig, genaue Kriterien für den Übergang von NIPPV zu invasiver
Beatmung zu definieren, um nicht durch zu lange insuffiziente Maskenbeatmung den Patienten
zu gefährden. Tab. [1] zeigt die bei uns in Magdeburg geltenden Richtlinien [[22]].
Schlußbemerkung
Nicht-invasive Beatmung über Gesichtsmasken hat sich in der Akutmedizin in der Behandlung
des kardiogen bedingten Lungenödems und der Exazerbation der COPD etabliert. Auch
als Bestandteil differenzierter Weaningstrategien gewinnt sie weiter an Bedeutung.
Erkrankungen, bei denen eine Gasaustauschstörung mit intrapulmonaler Shuntbildung
im Vordergrund steht, sind nur in frühen Phasen durch NIPPV korrigierbar und werden
auch in Zukunft keine Regelindikation darstellen. Insgesamt ist das Einsatzgebiet
inzwischen jedoch so weit, daß die Möglichkeit zu NIPPV auf jeder Intensivstation
vorhanden sein sollte.
Ein zukünftiges Einsatzgebiet für nicht-invasive Verfahren könnte im präklinischen
Bereich liegen. Gerade im Rettungsdienst, in dem internistische Krankheitsbilder vorherrschend
sind, zeichnen sich Indikationen ähnlich den oben beschriebenen ab. Bisher fehlt es
jedoch leider noch an Erfahrungsberichten.
Tab. 1Abbruchkriterien für nicht-invasive Beatmung
innerhalb von 15 Minuten |
keine Verbesserung von peripherer Sättigung und/oder arterieller BGA |
innerhalb von 2 Stunden |
nach anfänglicher Verbesserung bleibt arterielle BGA konstant auf pathologischem Niveau |
im Verlauf |
unter nicht-invasiver Beatmung tritt eine neuerliche, respiratorische Verschlechterung
ein |
immer |
bei anhaltendem Sekretverhalt |