Einleitung
Einleitung
Das erstmals von Majocchi 1883 beschriebene Krankheitsbild des Granuloma trichophyticum
(GTM) ist klinisch durch polymorphe, erythematöse, intrakutan-subkutan liegende Infiltrate
gekennzeichnet [1]. Der Verlauf ist im allgemeinen primär chronisch. Zeichen der akuten Entzündung
wie Abszedierung und Suppuration fehlen, im Gegensatz zur akuten Trichophytia profunda
(Kerion Celsi) [1]. Selten kommt es im Rahmen einer sekundären Impetiginisierung zu Pustulation, was
auch mit regionären Lymphknotenschwellungen einhergehen kann [1]
[5]. Eine Abheilung erfolgt im Allgemeinen spontan nach längerer Zeit unter teils atrophischer,
teils hypertropher Narbenbildung [5]. Histopathologische Charakteristika des GTM sind u. a. Untergang epidermaler Anhangsgebilde,
Fibrose und Verdickung der Kutis, angedeutet tuberkuloide, perivaskuläre und perifollikuläre
Granulome mit Zunahme zu tieferen Kutisschichten, Plasmazellreichtum, Russel’sche
Körperchen, Riesenzellen vom Fremdkörpertyp sowie follikuläre und perifollikuläre
PAS-positive Pilzelemente [1].
Das GTM entwickelt sich zumeist sekundär als Folge oberflächlicher, epidermaler Trichophytie-Herde.
Das pathogenetische Prinzip ist die passive Penetration der Pilzelemente in die Dermis
im Rahmen eines entzündlichen Prozesses, der zur Ruptur von Haarfollikeln führt. Dies
mündet in eine granulomatös-dermale, follikelassoziierte Entzündungsreaktion, was
auch als „diafollikuläre Trichophytie” Eingang in die Literatur fand [1]
[5].
Das Erregerspektrum des GTM umfasst in Mitteleuropa in erster Linie Trichophyton rubrum.
Daneben wurden in wechselnder Häufigkeit auch T. violaceum, T. mentagrophytes, T.
tonsurans, T. epilans, T. megninii, Microsporum audouinii, M. gypseum, M. ferrugineum,
M. canis und Epidermophyton floccosum als Erreger identifiziert [1]
[4]
[5]
[6]
[8]
[10]
[11]
[15].
Eine geschlechtsgebundene Häufigkeit des GTM ist nicht gegeben. Kinder sollen häufiger
betroffen sein. Ein Umgang mit Tieren wurde als Risikofaktor für die Erkrankung ebenso
herausgestellt [1]
[15] wie lokale oder systemische Immunsuppression. So wurde über ein Auftreten des GTM
nach okklusiver lokaler Steroidanwendung berichtet [4]. Auch Multimorbidität, zelluläre Immundefekte und iatrogene Immunsuppression, z.
B. mit oralen Steroiden sowie Tacrolimus bei Transplantatempfängern sind als begünstigende
Faktoren für das GTM in der Literatur beschrieben [6]
[11]
[13]
[14].
Differenzialdiagnostisch ist je nach Lokalisation und Klinik an bakterielle Folliculitis,
Vasculitis allergica, Periarteriitis nodosa cutanea, Perniones, Aktinomykose, kutane
Sarkoidose, papulöse oder lupoide Rosazea, Lepra, Erythema induratum Bazin, Erythema
nodosum, Granulomatosis disciformis Miescher, tubero-serpiginöses Syphilid, Panniculitis,
diskoiden und subakut-kutanen Lupus erythematodes, Sporotrichose, Schwimmbadgranulom,
atypische Mykobakteriosen und andere tiefe Trichophytien (s. o.) zu denken [1]
[4]
[5]
[6]
[8]
[10]
[11]
[13]
[14]
[15].
Es wird über einen 68-jährigen Mann mit GTM berichtet. Anhand dieser Kasuistik soll
unter Verwendung von klinischem und histologischem Bildmaterial auf dieses relativ
selten in der Literatur reflektierte Krankheitsbild und auf die erfolgreiche Therapie
mit oralem Terbinafin hingewiesen werden.
Falldarstellung
Falldarstellung
Anamnese und Befund
R. D., 68 Jahre, berentet. In der Vorgeschichte und aktuell keine schweren Grunderkrankungen.
Behandlung 1997 - 99 aufgrund chronisch-idiopathischer Urticaria mit Zyrtec-Tabletten.
Keine weitere Medikamenteneinnahme, keine Roborantien. 2 Monate vor Erstvorstellung
bemerkte der Patient am linken Unterarm zunächst rötliche Papeln, die an Größe zunahmen
und zu einem kissenartig erhabenen Plaque konfluierten (Abb. [1]). Es bestand zunehmender Pruritus. Ein Umgang mit Tieren, Gartenarbeiten sowie ein
Trauma im Bereich des linken Unterarmes werden verneint. Lymphknoten, übriges Integument,
einsehbare Schleimhäute und Nägel ohne pathologischen Befund.
Mykologie
Im Nativpräparat mit 15 % KOH Nachweis von Hyphen. In der mykologisch-kulturellen
Untersuchung von Hautschuppen der Läsion vom Unterarm Nachweis von Trichophyton rubrum
auf Sabourand-Glukose-Agar.
Histopathologie
Neutrophile Krusten, trichostatische Granulome mit Haarfragmenten, umgeben von Lymphozyten,
neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. Reichlich Myzelien in der Hornschicht.
In Stufenschnitten können mittels PAS-Färbung Hyphen und Sporen in Haarfragmenten
und daneben am Follikelrand nachgewiesen werden (Abb. [3]
[4]
[5]).
Therapie und Verlauf
Therapie und Verlauf
Nach mykologischer und histologischer Sicherung der Diagnose Einleitung einer Therapie
mit Terbinafin (Lamisil®) 250 mg Tabletten 1-0-0. Abheilung der granulomatösen Hautveränderung
innerhalb von 2 Monaten (Abb. [2]). Nachbeobachtung über 3 Monate ohne Anhalt für Rezidiv.
Abb. 1Scharf begrenzter, erythematosquamöser Plaque mit papulösem Randwall an der Streckseite
des linken Unterarmes proximal des Handgelenkes.
Abb. 2Klinischer Befund nach 2-monatiger Therapie: abgeflachtes, unscharf begrenztes, blass-rosa-farbenes,
flächiges Erythem.
Abb. 3Reichlich Myzelien in der Hornschicht. Neutrophile Krusten. Dermal trichostatische
Granulome mit Haarfragmenten, umgeben von Lymphozyten, neutrophilen und eosinophilen
Granulozyten (PAS-F. × 25).
Abb. 4Myzelien in der Hornschicht, darunter bandförmige Anordnung von Granulozyten (PAS-F.
× 200).
Abb. 5Haarfragment mit Myzelien, umgeben von massenhaft neutrophilen und eosinophilen Granulozyten
(PAS-F. × 200).
Diskussion
Diskussion
Das GTM wurde erstmals 1883 als kutan-subkutane Dermatophytose durch Trichophytie-Erreger
von Domenico Majocchi (1849 - 1929) beschrieben [5]
[10].
Die Dermatophyten überwinden die geschädigte Hautbarriere oder gelangen durch Mikrotraumen
in die Haut. Krüger berichtet über granulomatöse Trichophytien durch Kratzverletzungen
mit pilzbefallenen Fuß- und Fingernägeln, nach Insektenstichen sowie durch Mikroverletzungen
an Pflanzendornen auf dem Boden von Durchblutungsstörungen oder Akrocyanose [8]. Radentz et al. sehen die Rasur der Beine, vor allem beim weiblichen Geschlecht,
als mögliche Quelle der Infektion an [13]. Lepage bezweifelt die Rasur als ursächliche Infestationsquelle und weist auf die
Möglichkeit akzidenteller, nächtlicher Kratzverletzungen, verursacht durch einen Lebenspartner
mit Fußnagelpilz hin („clawing injury”) [9].
Feingeweblich wird zwischen einer perifollikulären Form im Rahmen eines Traumas und einer subkutan-knotigen Form bei Immunsuppression unterschieden [1]
[8].
Die Veränderung der Wachstumsrichtung des pilzbefallenen Haares in Richtung Dermis
und die Perforation eines intrafollikulären mykotischen Mikroabszesses werden neben
traumatisch verlagerten Pilzelementen für die Entstehung des granulomatösen Entzündungsprozesses
im kutan-subkutanen Gewebe verantwortlich gemacht [1]
[8].
Im vorliegenden Fall ließ sich die epidermale Infestation mit Dermatophyten durch
ein positives Nativpräparat und den kulturellen Nachweis von Trichophyton rubrum bestätigen.
Die histopathologische Untersuchung zeigte massenhaft Myzelien in der Hornschicht
sowie follikuläre und perifollikuläre Pilzelemente in der Dermis (Abb. [3]
[4]
[5]).
Bei dem hier beschriebenen 68-jährigen männlichen Patienten waren anamnestisch weder
eine Immunsuppression noch ein lokales Trauma der Haut eruierbar. Umgang mit Tieren
sowie Gartenarbeit kamen als Infektionsquellen ebenfalls nicht infrage. Eine Rasur
der Unterarme war nicht erfolgt. In dem von uns beschriebenen Fall kommt pathogenetisch
vermutlich das Zusammentreffen des Terrainfaktors akrale Minderdurchblutung in Verbindung
mit einem unbemerkten Mikrotrauma in Betracht, was nach Auffassung der Autoren zur
Inokulation des ubiquitär verbreiteten Erregers führte.
Ein Nachweis von Myzelien im Haar ist histologisch relativ selten möglich (Übersichten
bei [1]
[8]). Die histopathologische Untersuchung einer Probeexzision vom linken Unterarm ergab
den Nachweis von Myzel in Hornschicht, Follikelrand, außerhalb von Haarfragmenten
in der Dermis sowie trichostatische Granulome, Lymphozyten, neutrophile und eosinophile
Granulozyten (Abb. [3]
[4]
[5]). Unsere Beobachtungen gleichen denen von Braun-Falco et al., Krüger sowie Tappeiner
et al. [1]
[8]
[15].
Therapeutisch wurde die topische Anwendung von Azol-Antimykotika wie Clotrimazol 1
% in Cremegrundlage empfohlen [4]
[5]. Aufgrund der Lokalisation der Erreger im kutan-subkutanen Gewebe ist jedoch eine
systemische antimykotische Therapie, ggf. in Kombination mit einem topischen Antimykotikum
zu bevorzugen. In der älteren Literatur wird mehrfach über die erfolgreiche Therapie
mit oralem Griseofulvin berichtet, wobei eine lange Therapiedauer und eine hohe Rezidivquote
als problematisch gelten [1]
[8]
[15]. Ketoconazol per os (400 mg tgl. über 3 Monate) bei Immunosuppression beschrieben
Radentz et al. als erfolgreich [13]. Bei zwei Nierentransplantatempfängern mit GTM unter Immunsuppression mit 4 mg Methylprednisolon
täglich und übertägig systemischer Verabreichung von 1 mg Tacrolimus, behandelten
Sequeira et al. mit Itraconazol 2 × 200 mg tgl. per os, sahen jedoch nur eine geringe
Besserung der Hautveränderungen nach 2 Monaten. Eine in der Folge verabreichte Therapie
mit oralem Terbinafin 250 mg tgl. führte dagegen bereits nach 4 Wochen zu einer wesentlichen
Besserung und zur Abheilung nach 3 Monaten unter Beibehaltung der systemischen Immunsuppression
[14].
Im eigenen Fall setzten wir ebenfalls orales Terbinafin 250 mg täglich ein. Es kam
zur Abheilung des Hautbefundes nach 8 Wochen (Abb. [1] u. 2). Die schnellere Abheilung bei unserem Patienten im Vergleich zu den Fällen von Sequeira
et al. [14] führen wir auf die hier fehlende Immunsuppression zurück.
Bei unklaren, solitär oder multipel auftretenden erythmato-papulösen oder -squamösen
Hautveränderungen sollte prinzipiell auch an eine tiefe Mykose bzw. ein GTM gedacht
werden. Eine Nativuntersuchung von Hautschuppen der Läsion sowie das Anlegen einer
Pilzkultur sind unverzichtbar. Zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung anderer granulomatöser
Dermatosen ist eine histopathologische Untersuchung nützlich. Bei Sicherung der Diagnose
eines GTM ist unseres Erachtens, nach Ausschluss von Kontraindikationen, die Therapie
mit oralem Terbinafin 250 mg pro die bei Erwachsenen das Mittel der ersten Wahl.
Vor dem Hintergrund des häufigeren Vorkommens des GTM im Kindesalter stellt sich die
Frage nach einer sicheren und effektiven Behandlungsoption. Dosisadaptiertes, systemisch
verabreichtes Terbinafin erfüllt nach neueren Literaturmitteilungen auch bei Neugeborenen
und Kindern mit Problem-Mykosen diese Voraussetzungen unter Beachtung einer strengen
Indikationsstellung [2]
[3]
[7]
[12].