Einleitung
Husten ist sehr oft Auslöser von Arzt-Patient-Kontakten. Am häufigsten handelt es
sich um einen akuten Husten, die meist zugrunde liegende akute virale Bronchitis heilt
spätestens nach drei bis vier Wochen spontan aus. Ein subakuter, bis zu acht (bis
zwölf) Wochen anhaltender Husten kann nach bestimmten bronchopulmonalen Infekten (Pertussis,
Mykoplasmen- oder Adenovirusinfekte) infolge Schädigung des Bronchialepithels, postviraler
Bronchiolitis oder einer vorübergehenden Erhöhung der bronchialen Reaktionsbereitschaft
entstehen. Der chronische über acht Wochen anhaltende Husten ist oft Symptom definierter
Lungenerkrankungen [Asthma, COPD (chronic obstructive pulmonary disease), interstitielle
Lungenerkrankungen, Tuberkulose, Bronchialkarzinom]. Die Röntgen-Thoraxaufnahme und
die Lungenfunktionsprüfung weisen meist die Richtung zur Diagnose. Manche Patienten
aber husten chronisch ohne radiologisch und lungenfunktionsanalytisch evidente Ursache
(chronisch persistierender Husten CPH) [1 ], obwohl sie Nichtraucher sind. Ihr Husten kann oft erfolgreich nach dem anatomisch-diagnostischen
Protokoll [2 ] abgeklärt werden. Die häufigsten Ursachen für einen solchen chronischen Husten sind:
banale entzündliche Erkrankungen der oberen Atemwege, Husten als Asthmaäquivalent
sowie gastroösophagealer Reflux oder die Einnahme von ACE-(angiotensin converting
enzyme)Hemmer [3 ]. Bei mindestens 10 % der CPH Patienten lässt sich die Ursache des Hustens trotz
exzessiver Diagnostik nicht abklären [4 ]
[5 ]
[6 ]. Die eosinophile Bronchitis als seltene Ursache des CPH wurde erst in den letzten
Jahren von zwei Arbeitsgruppen bei wenigen Patienten beschrieben [7 ]
[8 ]
[9 ]. Wir stellen einen solchen Patienten vor.
Kasuistik
Der 30-jährige Patient klagte über seit 2 Monaten anhaltenden starken, oft nächtlichen
Husten. Er huste so stark, dass er sich manchmal übergeben müsse. Er habe vor drei
Jahren bereits einen wochenlang anhaltenden Husten nach einem Virusinfekt gehabt.
Als Kind habe er an Heuschnupfen gelitten, sei desensibilisiert worden und habe seit
zehn Jahren keinen Heuschnupfen mehr gehabt. Eine Vorbehandlung mit Roxigrün® und
Codipront® habe nicht geholfen. Der Patient ist Nichtraucher.
Bei der körperlichen Untersuchung fanden sich keine Auffälligkeiten. Die Nasenatmung
war völlig frei, die Nasenschleimhaut unauffällig, keine Pharyngitis. Auskultationsbefund
über den Lungen war ebenfalls unauffällig.
Die Thoraxaufnahme fiel normal aus und erklärte den Husten nicht.
Die Lungenfunktionsprüfung ergab eine Vitalkapazität von 94 %, die Einsekundenkapazität
(FEV1 ) betrug 100 % des Sollwertes. Somit wurde eine manifeste Bronchialobstruktion ausgeschlossen.
Es wurde eine unspezifische inhalative Provokationstestung mit der Dosimetermethode
(APS Jaeger, Würzburg) durchgeführt. Die Metacholinschwelle für einen 100 %-igen Anstieg
der ganzkörperplethysmographisch gemessenen spezifischen Resistance lag höher, als
5,25 mg vernebelte Dosis von Metacholin (2,5 %ige Lösung). Eine bronchiale Hyperreagibilität,
wie man sie beim Husten als Asthmaäquivalent sieht, wurde damit ausgeschlossen.
Laborbefunde: Blutsenkung 2 mm n. W., C-reaktives Protein < 5 mg/l, Leukozytenzahl:
6100/mm³. Differenzialausstrich: 70 % Neutrophile, 22 % Lymphozyten, 7 % Monozyten,
1 % Eosinophile.
Es handelte sich um einen CPH, dessen Ursache trotz einer sorgfältig erhobenen Anamnese,
körperlicher Untersuchung und Durchführung der Routinediagnostik ungeklärt blieb.
Angesichts der Heuschnupfenanamnese dachten wir an Husten als Asthmaäquivalent, die
negative bronchiale Provokationstestung schloss aber diese Diagnose aus. Eine relativ
häufige Ursache des chronisch persistierenden Hustens ist der gastroösophageale Reflux.
Ältere Patienten haben dabei oft kein Sodbrennen, bei Jüngeren ist das Sodbrennen
eher richtungweisend. Unser Patient hatte auch auf Befragen kein häufiges (öfter,
als einmal pro Woche auftretendes ) Sodbrennen angegeben. Die 24-Stunden-pH-Metrie
ergab eine Säureexpositionszeit von 2,2 % der Gesamtzeit (normal bis 3,4 %). Eine
Assoziation zwischen Husten und Refluxepisoden fand sich nicht.
Die Pricktestung im Juni mit den 15 häufigsten inhalativen Allergenen ergab schwach
positive Reaktionen (jeweils 3 mm bei einer Histaminquaddel von 5 mm) auf Birken-
und Gramineenpollen.
Die Bronchoskopie zeigte unauffällige Ostien, auch bei Husten oder forcierter Atmung
keine Zeichen einer Bronchialwandinstabilität. Die Schleimhaut war unauffällig. In
der Bronchiallavage fanden sich nur vereinzelt Keime (H. influenzae, Streptococcus,
nicht gruppierbar und Neisseria species).
Die histologische Untersuchung der Schleimhautbioptate aus dem Mittellappen (Abb.
[1 ]) zeigte eine deutlich verbreiterte Basalmembran und reichlich eosinophile Infiltrate
der Schleimhaut. Der Patient konnte zunächst kein Sputum produzieren. Er hatte einen
definitionsgemäß trockenen Husten (deutlich weniger, als 30 ml Auswurf/24 Stunden),
so dass nach Vorliegen der Ergebnisse der Histologie zunächst das induzierte Sputum
(Inhalation von 3 ml 3 %ige Kochsalzlösung mit dem Pari Turboboy™) untersucht wurde.
Wir fanden 28 % Eosinophile. Die qualitative mikroskopische Untersuchung des zwei
Tage später (noch ohne Therapie) nachgereichten, für eine Aussage normalerweise nicht
geeigneten Morgensputums: (<1 ml, 10 - 15 Epithelzellen, <25 Leukozyten pro Sichtfeld):
Eosinophilie von 21 %.
Abb. 1 Bronchialschleimhautbiopsie bei eosinophiler Bronchitis (Hematoxylin-Eosin-Färbung).
Die Pfeile zeigen eosinophile Granulozyten. Die Basalmembran ist auf 7 - 10 µ verdickt.
Damit wurde die Diagnose einer eosinophilen Bronchitis gestellt.
Die Therapie erfolgte mit 2 × 400 µg Budesonid aus dem Pulverinhalator. Der Patient
wurde nach einer Woche Therapie völlig beschwerdefrei. Die Behandlung wurde über drei
Wochen fortgesetzt. Er blieb zwei Monate nach Absetzen des inhalativen Steroids symptomfrei.
Diskussion
Der Patient klagte - 10 Jahre nachdem er das letzte Mal Heuschnupfen gehabt hat -
während der Pollenflugzeit über sehr starken Husten. Heuschnupfen, Konjunktivitis
oder Asthma traten nicht auf. Eine exogen allergische Genese der histologisch und
sputumzytologisch gefundenen Eosinophilie erscheint wenig wahrscheinlich, da ein (allergisches)
Asthma bei dem nicht therapierten Patienten weder klinisch (fehlende Atemnot, fehlendes
Pfeifen und Brummen) noch durch Lungenfunktionsprüfung (fehlende Obstruktion, fehlende
Hyperreagibilität) wahrscheinlich gemacht werden konnte.
Gibson et al. [8 ] beschrieben bereits 1989 in Lancet ein kleines Kollektiv von sieben Patienten, die
ähnlich, wie Asthmatiker im Sputum vermehrt Eosinophile hatten. Sie litten nicht an
Asthma und hatten im Metacholintest - wie unser Patient - keine bronchiale Hyperreagibilität.
Alle sieben sprachen auf eine Kortikosteroidtherapie an. In einer weiteren Gruppe
von 9 Patienten mit Husten und Eosinophile fand die gleiche Gruppe [9 ] nur bei drei Patienten eine plateauförmig begrenzte Metacholin-Hyperreagibilität
und nur bei einem asthmatypische Peak-flow-Variationen. Sie folgern, dass Sputum-Eosinophilie
nicht notwendigerweise nur bei Asthma auftreten kann. Brightling et al. [7 ] fanden 1999 unter 856 wegen Husten überwiesenen Patienten 18 Fälle mit eosinophiler
Bronchitis. Auch diese Patienten hatten eine normale bronchiale Reaktionsbereitschaft
und keine Asthmasymptome gehabt. Sie sprachen klinisch auf inhalatives Budesonid sehr
gut an. Auch die Anzahl der Eosinophilen im Sputum ging unter dieser Therapie zurück.
Der Ausdruck eosinophile Bronchitis wurde in der Vergangenheit gelegentlich als pathogenetisch
orientierte Beschreibung des Asthma bronchiale (in Abgrenzung zu COPD: neutrophile
Bronchitis) benützt. Beim Asthma handelt es sich definitionsgemäß neben variabler
Bronchialobstruktion und bronchialer Hyperreagibilität um eine durch Dominanz der
eosinophilen Granulozyten charakterisierte Entzündung der Bronchialschleimhaut. Typisch
ist bei chronischem Asthma auch die Verdickung der Basalmembran („remodelling”). Husten
ist eines der Kardinalsymptome des Asthmas. Es gibt ein rudimentäres Asthma, charakterisiert
nur durch Husten und Hyperreagibilität: Husten als Asthmaäquivalent, in der englischsprachigen
Literatur „cough type asthma” oder „cough variant asthma” genannt. [10 ]. Bei diesem rudimentären Asthma wurde allerdings auch eine eosinophile Entzündung
[12 ] neuerdings sogar „remodelling” der Schleimhaut [13 ] beschrieben. Bei manchen Patienten mit Husten als Asthmaäquivalent treten sogar
asthmatypische Peak-flow-Schwankungen auf [14 ].
Es wurde in den letzten Jahren neben Husten als Asthmaäquivalent eine weitere Form
des CPH mit eosinophiler Bronchitis beschrieben [7 ]
[8 ], wie bei unserem Patienten. Hierbei fehlen zum klassischen Asthmaphänotyp nicht
nur die Atemnot, das Pfeifen und Brummen sondern auch noch die Hyperreagibilität.
Die eosinophile Entzündung und bei unserem Patienten überraschenderweise auch die
Verdickung der Basalmembran (remodelling) sind jedoch nachweisbar: die Basalmembrandicke
betrug 7 - 10 µ gegenüber dem Normalbefund von 3 - 5 µ [20 ]. Bei Asthmatikern wie bei solchen CPH-Patienten fanden sich in der bronchoalveolären
Lavage identische messenger Ribonucleinsäuren (mRNA's) für die Expression von Interleukin-5
und GM-CSF (granulocyte-macrophage colony stimulating factor) [15 ], somit dürfte der Pathomechanismus der eosinophilen Entzündung bei beiden Krankheitsbildern
der gleiche sein. Inwieweit dieses Krankheitsbild eventuell später zum Husten als
Asthmaäquivalent führt (mit anderen Worten: auf dem Boden der eosinophilen Entzündung
Hyperreagibilität hinzutritt) oder gar in das klassische Asthma mündet, ist zur Zeit
noch nicht klar. Der Übergang von Husten als Asthmaäquivalent zum klassischen Asthma
ist hingegen fließend: 17 - 56 % der Fälle bekommen später ein klassisches Asthma
[15 ]
[16 ]. Im Gegensatz zur in der Literatur vorherrschenden Ansicht, dass CPH infolge eosinophiler
Bronchitis und Husten als Asthmaäquivalent getrennte Entitäten seien [17 ], könnten die eosinophile Bronchitis und Husten als Asthmaäquivalent eher zwei Formen
des Asthmaphänotyps oder zwei Stadien der gleichen Entität: des klassischen Asthma
bronchiale darstellen.
Wie Husten als Asthmaäquivalent spricht auch die eosinophile Bronchitis sehr gut auf
inhalatives Kortison an, bereits eine einwöchige Behandlung mit höchstens mittelhoch
dosiertem inhalativen Kortison (800 µg Beclomethasondipropionat) [9 ] bzw. Budesonid [7 ] reicht wie bei unserem Patienten aus, um sowohl den Husten als auch die Eosinophilie
zum Abklingen zu bringen.
Ein weiterer höchst bemerkenswerter Aspekt ist die Basalmembranverdickung (beginnendes
remodelling) bei unserem Patienten, der niemals asthmatische Symptome hatte, obstrukionsfrei,
ja sogar nicht einmal hyperreagibel war. „Remodelling” wurde auch bei Husten als Asthmaäquivalent
beschrieben [13 ]. Die Verdickung der Basalmembran kann in diesem Fall nur als ein zytokinvermittelter
eosinophiler Entzündungsprozess angesehen werden, welcher bereits vor dem asthmatypischen
Epithelschaden auftritt und mit obstruktiver Atemmechanik offensichtlich nichts zu
tun hat. In dieser Hinsicht bleibt zu diskutieren, ob die inhalative Kortisontherapie
nicht doch viel länger, als sie zur reinen Symptomkontrolle erforderlich war, verordnet
werden sollte.
Die Untersuchung des ggf. induzierten Sputums auf Eosinophile muss in das diagnostische
Arsenal [19 ] des CPH aufgenommen werden. Eine Bronchoskopie scheint bei negativem Röntgen-Thoraxbefund,
Sputumeosinophilie und schnellem Ansprechen auf eine inhalative Kortisontherapie nicht
erforderlich zu sein.