Geburtshilfe Frauenheilkd 2001; 61(8): 569-577
DOI: 10.1055/s-2001-16930
Übersicht

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Bedeutung von Ess-Störungen in der gynäkologischen Praxis

Eating Disorders in Gynecologic PatientsG. Bülchmann1 , V. Seifert-Klauss2 , H. Backmund1 , M. Gelinghoff1
  • 1 Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Therapie-Centrum für Ess-Störungen, München
  • 2 Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Frauenklinik und Poliklinik, München
Further Information

Publication History

Publication Date:
04 September 2001 (online)

Preview

Zusammenfassung

Die folgende Übersicht beschreibt die Häufigkeit, Ursachen, Diagnosekriterien, medizinischen Komplikationen und Therapiemöglichkeiten von Ess-Störungen. Dabei wird insbesondere auf die gynäkologischen Aspekte dieser bei jungen Frauen häufigen psychiatrischen Erkrankungen eingegangen. Die endokrinologischen Ursachen und die Therapiemöglichkeiten der anorexiebedingten Osteoporose werden diskutiert. Zyklusstörungen wie z. B. anovulatorische Zyklen, Oligo- oder Amenorrhö sind bei der Bulimia nervosa häufig, bei der Anorexia nervosa ist die Amenorrhö eines der vier Diagnosekriterien. Dennoch auftretende Schwangerschaften beeinflussen den Verlauf der Ess-Störung meist negativ. Andererseits führt eine in der Schwangerschaft bestehende Ess-Störung zu einem erhöhten Fehl- und Frühgeburtsrisiko und auch termingeborene Kinder sind oft untergewichtig. Gynäkologinnen und Gynäkologen spielen eine wichtige Rolle in der sekundären Prävention von Ess-Störungen, da sie aufgrund der meist frühzeitig auftretenden Zyklusstörungen für viele Patientinnen die ersten professionellen Ansprechpartner sind. Wegen des erhöhten Risikos für Mutter und Kind sollte vor Beginn einer Sterilitätsbehandlung eine Ess-Störung ausgeschlossen werden.

Summary

We review the epidemiology, etiology, diagnosis, medical complications, and treatment of patients with eating disorders. The gynecologic aspects of anorexia and bulimia nervosa are discussed. Osteopenia due to hypoestrogenemia, malnutrition, hypercortisolism and low IGF-1 levels are frequent complications of anorexia. Treatment frequently includes estrogen replacement. Nearly all patients with eating disorders have menstrual abnormalities such as anovulation, oligomenorrhea and amenorrhea. Hypothalamic amenorrhea caused by impaired pulsatile GnRH secretion is one of the four diagnostic criteria for anorexia nervosa and an early sign of the disorder. Patients with bulimia frequently have inadequate follicular maturation or a disturbed luteal phase. Nonetheless pregnancies can occur and often have an unfavorable effect on the eating disorder. Pregnancies are at increased risk for spontaneous pregnancy loss, premature delivery, and intrauterine growth retardation. Gynecologists have an important role in the secondary prevention of eating disorders because many patients first seek medical attention for menstrual abnormalities. An eating disorder should be ruled out before initiating treatment for infertility.

Literatur

Dr. Gabriele Bülchmann

Therapie-Centrum für Ess-Störungen

Schleißheimer Straße 267

80809 München

Email: westerbuelchmann@t-online.de