Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(46): 1302
DOI: 10.1055/s-2001-18474
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Differentialdiagnose von Hämorrhoiden in der Schwangerschaft

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Publication Date:
15 November 2001 (online)

Ohne Zweifel sind Fragen zur Behandlung von Hämorrhoiden, wie sie auch in der DMW gestellt wurden [1], von großer Bedeutung, weil es in der Schwangerschaft und post partum häufig zu Symptomen und Beschwerden im Analbereich kommt. Aber handelt es sich hier wirklich immer um Hämorrhoiden [5]?

Hämorrhoiden sind in der Schwangerschaft so selten wie auch sonst bei jungen Menschen, weil Hämorrhoiden eine Erkrankung der älteren Generation sind [2]. Zwar wurde behauptet, Hämorrhoiden träten gehäuft in der Schwangerschaft auf ([3], [4]), aber niemand hat dies bewiesen und wahrscheinlich werden sie häufig mit Marisken verwechselt.

Marisken, sogenannte Vorpostenfalten, sind Hautfalten rund um den After, deren Ursache spekulativ ist. Sie können bei Patientinnen während der Schwangerschaft und unmittelbar post partum, zu grotesker Größe anschwellen (Mariskenödem). So fand sich bei einer 36-jährigen Patientin ein Mariskenödem [Abb. 1a], das sich innerhalb von 3 Tagen zurückbildete [Abb. 1b] und nach einem Jahr fast verschwunden war [Abb. 1c]. Sobald die lokale Entzündung abklingt, verschwindet die Schwellung.

Abb. 1 a) Mariskenödem bei einer 36-jährigen Patientin am 8.Tag post partum. b) 3 Tage später erkennt man bereits Falten auf den Marisken als Zeichen des Rückgangs des Ödems. c) Ein Jahr später finden sich nur noch reizlose Hautfalten perianal (Marisken).

Diese Entzündung des analen und perianalen Gewebes kann durch die tägliche Routine-Nass-Reinigung des Körpers (z.B. duschen) und des Afters nach dem Stuhlgang (z.B. mit Wasser, Feuchttüchern, den Duschkopf auf den After halten oder im Bidet/Sitzbad) als Additionseffekt ausgelöst werden [6]. Motto: Je sauberer, desto besser.

Sauberkeit ist ein erstrebenswertes Ziel. Aber nicht jede Haut kann derartige Reinigungsintensitäten aushalten. Dann entzündet sich die Analhaut und schwillt an. Wird stattdessen der After mit einem ganz weichen Papier trocken gereinigt oder mit einem ganz weichen Papier und einigen Tropfen Baby-Öl, z.B. Penaten-Öl, wenn es unbedingt eine Flüssigkeit für die Reinigung des Afters sein muss, dann geht die entzündliche Schwellung schnell zurück [6].

Chirurgische Maßnahmen sind im akut-entzündlichen Stadium gefährlich, weil sie zu schmerzhaften, langen, komplikationsreichen Heilverläufen führen und im Intervall (zwischen den Schwangerschaften) kaum je indiziert. Die Abbildungen zeigen, wie bei der hier beschriebenen Patientin die entzündlichen Schwellungen durch konsequente Einhaltung der o.g. Behandlungsvorschläge schnell zurückgingen.

Literatur

  • 1 Hasse C. Hämorrhoiden in der Schwangerschaft.   Dtsch Med Wochenschr. 2001;  126 832
  • 2 Hyams L, Philpot J. An epidemiological investigation of hemorrhoids.  Amer J Proc. 1970;  21 177-193
  • 3 Johanson J F, Sonnenberg A. The prevalence of hemorrhoids and chronic constipation.  Gastroenterology. 1990;  98 380-386
  • 4 Mazier W P. Hemorrhoids, fissures, and pruritus ani.  Surg Clin North Amer. 1994;  74 1277-1292
  • 5 Rohde H. Diagnostic errors.  Lancet. 2000;  356 1278
  • 6 Rohde H. Routine anal cleansing, so-called hemorrhoids, and perianal dermatitis: cause and effect?.  Dis Colon Rectum. 2000;  43 561-562

Prof. Dr. med. H. Rohde

Praxis für Endoskopie und Proktologie

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