Einleitung
Massive Hämoptysen entstehen meist durch die Ruptur kleiner Gefäße im Bereich abnormer
Kurzschlussverbindungen zwischen Bronchialarterien und Pulmonalvenen. Solche aufgrund
ihres Zuflusses systemischen Blutdruckverhältnissen ausgesetzte Gefäßverbindungen
bilden sich reaktiv im Rahmen der Gefäßproliferation und -erweiterung bei entzündlichen
und neoplastischen Erkrankungen der Lunge [1 ]. Massive Hämoptysen werden zumeist bei diesen beiden Entitäten beobachtet [2 ]
[3 ]. Anlagebedingte abnorme arteriovenöse Kurzschlussverbindungen (arteriovenöse Malformationen,
AVM) sind in ihrer überwiegenden Mehrzahl zwischen Pulmonalarterien und -venen, also
innerhalb des pulmonalen Niederdrucksystems, ausgebildet, so dass es unter diesen
Bedingungen nur sehr selten zu bedrohlichen Hämoptysen kommt [4 ]. Hingegen verursachen Malformationen mit bronchialarteriellem Zufluss und Shunt
in das Pulmonalgefäßbett - analog zu den o. g. reaktiv entstandenen Kurzschlussverbindungen
- massive Blutungen in den Bronchialbaum.
Kasuistik
Aus vollem Wohlbefinden empfand eine 41-jährige Angestellte, Raucherin seit 20 Jahren,
während ihrer Mittagspause einen Hustenreiz „wie beim Verschlucken”. Im Hustenanfall
expektorierte sie „mehrere Taschentücher voll” hellroten Blutes. Auf dem Weg zum niedergelassenen
Pneumologen folgten wiederholt kurze, jeweils mit hellrot-blutigem Auswurf einhergehende
Hustenanfälle. Die Röntgen-Übersichtsaufnahme der Thoraxorgane zeigte einen regelrecht
altersentsprechenden Befund (s. Abb. [1 ]). Der konsiliarisch in einem auswärtigen Haus tätige Kollege begleitete die Patientin
in die Klinik und führte dort in Anästhesiebereitschaft eine flexible Bronchoskopie
durch. Es zeigte sich eine geringe blutige Belegung der Trachea sowie - bei ansonsten
unauffälligem Bronchialbaum - eine Sickerblutung aus dem apikoposterioren Segmentbronchus
des linken Lungenoberlappens, die bei der Aspiration zur Inspektion deutlich zunahm.
Da sich die Blutung weder durch die lokale Instillation von Norepinephrin noch durch
den Versuch einer Blockade mit dem Bronchoskop stillen ließ, wurde ein Bronchusblocker
in den distalen linken Hauptbronchus platziert. Nach der Deblockade 40 min später
kam es erneut zu einer zunehmend starken Blutung, woraufhin die Patientin mit einem
Doppellumentubus unter Blockade des linken Oberlappenbronchus intubiert wurde. Die
insgesamt während der Untersuchung abgesaugte Blutmenge betrug 300 ml. Hb- und kreislaufstabil
wurde die Patientin auf die Intensivstation verlegt, die anschließende Röntgenkontrolle
zeigte neben einer korrekten Tubuslage nunmehr apikal betonte Transparenzminderungen
links (s. Abb. [2 ]). Bei der planmäßigen Extubation 12 Stunden später konnte mittels eines über das
linksläufige Tubuslumen eingebrachten Choledoskopes beim Zurückziehen des Tubus eine
erneut einsetzende Blutung ausgeschlossen werden. Das anschließend durchgeführte Computertomogramm
der Thoraxorgane zeigte bei fehlendem Hinweis auf das Vorliegen einer Tumorformation
blutungsbedingte Infiltrationen mit segmentalem Verteilungsmuster (Segmente 1 - 3)
im linken Oberlappen (s. Abb. [3 ]).
Die Patientin wurde mit der Diagnose einer Lungenhämorrhagie unklarer Ursache in unsere
Thoraxchirurgische Klinik verlegt, am Folgetag führten wir die linksseitige Thorakotomie
über einen posterolateralen Zugang durch. Inspektorisch zeigte sich auf der Lungenoberfläche
eine hauptsächlich die obere Segmentgruppe des Oberlappens betreffende feindisperse
Hämatomverfärbung, nebenbefundlich lag eine mäßiggradige Anthrakose vor. Die Palpation
ergab keinen Anhaltspunkt für eine Tumorbildung oder suspekte Lymphknotenvergrößerungen.
Wir führten eine anatomische Resektion der superioren Segmentgruppe des Oberlappens
durch. Der postoperative Verlauf gestaltete sich glatt und komplikationslos. Bei einer
Nachbeobachtungszeit von mittlerweile einem halben Jahr ist es zu keinem erneuten
Blutungsereignis gekommen.
Bei der feingeweblichen Aufarbeitung des Operationspräparates zeigten sich im Bereich
eines Segmentbronchus - 1,5 cm vom Absetzungsrand entfernt - in parabronchialer Lokalisation
vermehrt Anschnitte weitlumiger Gefäße in enger Nachbarschaft zueinander. Eine Kurzschlussverbindung
zwischen einem Bronchialarterien- und einem Pulmonalarterienast war nachweisbar; der
hierbei beteiligte Bronchialarterienast wies einen pathologischen Wandaufbau mit fokalen
Ausdünnungen der Gefäßwandung auf. Insgesamt entsprach der Befund demjenigen einer
Malformation der Bronchialarterie mit arterioarteriellem Shunt in das Pulmonalgefäßbett
(s. Abb. [4 ]
[5 ]
[6 ]).
Abb. 1 Röntgen-Übersichtsaufnahme nach Expektoration hellroten Blutes: altersentsprechender
Befund (p. a.-Strahlengang).
Abb. 2 Röntgen-Übersichtsaufnahme nach Intubation mit einem linksläufigen Doppellumentubus
und Blockade des Oberlappenbronchus zur Blutstillung: apikal betonte Transparenzminderung
links (Liegendaufnahme a. p.).
Abb. 3 CT des Thorax nach Entfernung des Doppellumentubus: flächige Infiltrationen mit segmentalem
Muster in der superioren Segmentgruppe des linken Oberlappens, paravertebrale Atelektase.
Abb. 4 Übersichtsvergrößerung eines Segmentbronchus (Br) mit parabronchialen Blut- und Lymphgefäßen,
zahlreiche eingeblutete Alveolen (Elastika-van-Gieson, 18 ×).
Abb. 5 Stärker vergrößerter Ausschnitt aus Abb. [4 ]: Bronchialarterienast (BrA) mit z. T. erheblicher Verschmälerung seiner Wandung
und direktem Übergang in einen Pulmonalarterienast (PA). Im Übergangsbereich fehlt
die im Falle physiologischer arterioarterieller Anastomosen (sog. Sperrarterien) typischerweise
reichlich ausgebildete Längsmuskelschicht (46 ×).
Abb. 6 Stärkere Vergrößerung des in Abb. [5 ] mit BrA bezeichneten Gefäßes. Die nun deutlich sichtbare Elastika interna und muskuläre
Media erlauben seine sichere Identifizierung als Bronchialarterienast (185 ×).
Diskussion
Bluthusten wird von betroffenen Patienten subjektiv als ausgeprochen bedrohliches
Ereignis wahrgenommen. Da der tracheobronchiale Totraum des Erwachsenen ein Volumen
von 100 - 200 ml aufweist, gilt eine Blutung von 200 ml/24 h oder mehr insofern als
potenziell vital gefährdend, als sie zur Asphyxie führen kann. Vielfach wird daher
dieser Grenzwert zur Bezeichnung einer massiven Hämoptyse verwendet [5 ]
[6 ]. Dweik und Stoller [7 ] kommen nach einer Analyse von Veröffentlichungen, die über einen Zeitraum von 30
Jahren bis zum Jahr 1997 publiziert wurden, zu dem Schluss, dass den massiven Hämoptysen
ein über den genannten Zeitraum weitgehend konstant dominierendes Spektrum von Erkrankungen
zugrunde liegt: Lungentuberkulose, Bronchiektasen, Lungenabszesse sowie Bronchialkarzinome.
Wie einleitend erwähnt, bilden sich bei diesen entzündlichen und neoplastischen Erkrankungen
reaktiv - vermutlich als Antwort auf angiogene Stimuli - arteriovenöse Gefäßkommunikationen,
die von systemischen Zuflüssen, meist Bronchialarterienästen, gespeist werden. Fallweise
kann bei schweren entzündlich-einschmelzenden Erkrankungen der Lunge auch ein mykotisches
Pseudoaneurysma eines Pulmonalarterienastes der Ausgangspunkt einer lebensbedrohlichen
Blutung sein [8 ].
Zu den seltenen Ursachen massiver Hämoptysen zählen AVM der Lunge. Am häufigsten werden
diese innerhalb des pulmonalen Niederdrucksystems vorgefunden. Der erste solche Fall
wurde von Churton [9 ] Ende des 19. Jahrhunderts autoptisch beschrieben. Er betraf einen 12-jährigen Jungen
mit multiplen, zwischen Pulmonalarterien und -venenästen ausgebildeten arteriovenösen
Aneurysmen. Seit Ende der 40er Jahre ist die Assoziation pulmonalarteriell gespeister
AVM mit der HHT bekannt [10 ]. Bei dieser regional in sehr unterschiedlicher Häufigkeit auftretenden dominant
vererbbaren Erkrankung (Inzidenz: 2,5 - 43 : 100000 Einwohner) kommt es bereits im
Kindesalter zu rezidivierendem Nasenbluten, um das 20. Lebensjahr treten mukokutane
Teleangiektasien auf. 15 - 30 % der betroffenen Patienten weisen AVM auf, wobei -
ohne dass hierfür bislang eine Erklärung gefunden werden konnte - Frauen in einem
Verhältnis von 1,6 : 1 überwiegen [11 ]. Die Patienten werden meist im mittleren Lebensalter durch die Folgen des extrakardialen
Rechts-links-Shuntes (Zyanose, Belastungsdyspnoe, Trommelschlegelfinger, Polyglobulie,
paradoxe Thrombembolien) symptomatisch. Umgekehrt liegt bei bis zu 80 % der im pulmonalen
Niederdrucksystem ausgebildeten AVM eine HHT vor [1 ]. Über 500 Fälle wurden unter einer Vielzahl von Bezeichnungen (arteriovenöse Lungenfistel,
arteriovenöses Angiom, Hämangiom, Hamartom, arteriovenöses Aneurysma) veröffentlicht,
bis Burke 1986 [12 ]
[13 ] die einheitliche Verwendung des Begriffes pulmonale arteriovenöse Malformation (PAVM)
vorschlug. Lokalisiert sind die überwiegend multipel und bilateral auftretenden PAVM
meist in den Lungenunterlappen, häufiger als eine zentrale Lage wird eine subpleurale
beschrieben [4 ]
[14 ]
[15 ]. In einer Serie von 143 Patienten mit HHT und PAVM waren Blutungskomplikationen
bei insgesamt 11 Patienten zu konstatieren, bei 5 Patienten kam es zu relevanten Hämoptysen,
bei weiteren 5 zu spontanen Hämatothoraces, bei einer Patientin traten sukzessive
beide Komplikationen auf [16 ].
Zu bronchialarteriell gespeisten Malformationen mit Shunt in das Pulmonalgefäßbett
gibt es nur wenige Mitteilungen. Aus funktioneller Sicht liegt bei ihnen ein extrakardialer
Links-rechts-Shunt (bei Kommunikation der Bronchialarterie mit einer Pulmonalarterie)
oder ein Links-links-Shunt (bei Kommunikation der Bronchialarterie mit einer Pulmonalvene)
vor. v. Babo u. Mitarb. [17 ] berichteten 1976 über drei Patienten (24, 29, 42 J.), bei denen es ohne Prodromi
zu rezidivierenden Hämoptysen hellroten Blutes gekommen war. Bei bronchoskopisch nicht
sicher lokalisierbarer Blutungsquelle wurde eine selektive Angiographie der Bronchialarterie
durchgeführt, die jeweils um Segmentbronchien angeordnete Gefäßnetze mit bronchialarteriellem
Zufluss und Shuntbildung darstellte. Bei den beiden jüngeren Patienten wurde eine
Lappenresektion durchgeführt, der ältere Patient verweigerte jede Therapie. Die feingeweblichen
Befunde der beiden operierten Patienten wurden später von Cain und Spanel [18 ] publiziert, die gleichartige Veränderungen von Bronchialarterienästen in weiteren
drei Operationspräparaten gesehen hatten (detaillierte klinische Angaben zu diesen
Patienten sind in der histomorphologisch ausgerichteten Arbeit nicht enthalten). Sie
bewerteten das in diesen insgesamt 5 Fällen jeweils in der Wand von Segmentbronchien
sektorförmig vorgefundene Gefäßkonvolut als angeborene Fehlbildung der Bronchialarterie
und bezeichneten es als Angioma arteriovenosum racemosum.
Den letzten in der Literatur nachweisbaren histologisch dokumentierten Fall teilen
Sukoh u. Mitarb. [19 ] 1999 mit. Als primäres racemöses Hämangiom bezeichnen die Autoren die Veränderungen
im Bereich des Lappenbronchus und dessen Segmentaufzweigung im Mittellappenresektat
einer 38-jährigen Patientin. Die Frau war aufgrund einer aus voller Gesundheit aufgetretenen
massiven Hämoptyse aufgenommen worden, als deren Ausgangspunkt im blutungsfreien Intervall
eine kleine pulsatile Protrusion im Mittellappenbronchus identifiziert werden konnte,
die unter der bronchoskopischen Untersuchung erneut massiv blutete.
Eine Zusammenstellung aller bislang veröffentlichten Fälle von Malformationen der
Bronchialarterie mit Shunt in das Pulmonalgefäßbett ist in Tab. [1 ] aufgeführt. Aus ihr geht hervor, dass die Geschlechterverteilung gleichwichtig ist
und sich Fälle in allen Altersgruppen finden, vorwiegend jedoch jüngere Erwachsene
betroffen sind. Darüber hinaus ist erkennbar, dass das klinische Bild uniform durch
das Auftreten von meist massiven Hämoptysen bestimmt wurde und die Malformation überwiegend
im Bereich von Segmentbronchien lokalisiert war. Was die Art der Therapie angeht,
so ist festzustellen, dass zumeist Resektionen unterschiedlichen Ausmaßes vorgenommen
wurden. In einem Fall wurde zusätzlich die Arteria bronchialis ligiert, in einem weiteren
ausschließlich eine thorakoskopische Ligatur mit Durchtrennung der Arteria bronchialis
durchgeführt. Bei der jüngsten Patientin sowie den beiden ältesten Patienten wurde
die Malformation jeweils selektiv embolisiert.
Stellt man PAVM und Malformationen der Bronchialarterie mit Shunt in das Pulmonalgefäßbett
hinsichtlich einiger wesentlicher Charakteristika einander gegenüber, so ergibt sich
ein deutlich differierendes Bild (s. Tab. [2 ]).
Was die Nomenklatur angeht, so erscheint eine Vereinheitlichung der Begriffe wie sie
im Hinblick auf die arteriovenösen Gefäßkommunikationen im pulmonalen Niederdrucksystem
mit der Bezeichnung PAVM gelungen ist, wünschenswert. Da die Bezeichnung Malformation
den vermuteten Fehlbildungscharakter hervorhebt ist sie auch bei den hier behandelten
Veränderungen von Bronchialarterienästen anwendbar und mithin den Benennungen Angiom,
Arteriom oder Hämangiom vorzuziehen. Eine begriffliche Unterscheidung von den „konventionellen”
PAVM forderten Pouwels u. Mitarb. [22 ] 1992 und schlugen den Terminus S-PAVM (systemic to pulmonary arteriovenous malformation)
vor. Die Autoren subsumieren unter diesen Begriff jedoch auch die Vielzahl von Fällen
aberrierender systemischer Zuflüsse (etwa aus atypischen Ästen der thorakalen Aorta,
Arterien der Brustwand oder Koronararterien) zu abnormen Gefäßkommunikationen der
Lunge, die ganz überwiegend posttraumatischer, postoperativer oder postentzündlicher
Genese sind [26 ]
[27 ]
[28 ] und somit unseres Erachtens gerade nicht mit der Bezeichnung Malformation belegt
werden sollten. Für die hier behandelten orthotopen, überwiegend im Bereich der Segmentbronchien
lokalisierten Bronchialarterienäste erscheint die von Soda u. Mitarb. [23 ] 1995 verwendete Bezeichnung AVM der Bronchialarterie (bronchial AVM) genauer. Wie
die in ihrer Arbeit präsentierte Bronchialarteriographie allerdings zeigt, erfolgte
der Kontrastmittelabfluss über einen Pulmonalarterienast, so dass hier offenbar ein
arterioarterieller und kein arteriovenöser Shunt vorlag. Das gleiche Dilemma ist auch
bei den zwei operierten Fällen in der Arbeit von v. Babo u. Mitarb. [17 ] erkennbar: Obschon es in beiden Fällen bronchialarteriographisch zu einer Frühkontrastierung
von Pulmonalarterienästen kam lautete die histologische Diagnose Angioma arteriovenosum racemosum [18 ]. Als traubenartig (razemös) gestaltet stuften Pathologen des 19. Jahrhunderts vor
allem im zentralen Nervensystem vorgefundene Gefäßgeschwülste ein, die sie daher Angioma
arteriale racemosum oder Rankenangiom nannten [29 ]. In diesen beschrieb Jores 1924 „das Vorkommen eines direkten Überganges arterieller
Gefäße in venöse unter Fortfall der Kapillaren”, also abnorme arteriovenöse Gefäßkommunikationen
[30 ]. Wie die Gewebeschnitte unseres Falles zeigen, kann es sich bei Malformationen der
Bronchialarterie um durchaus diskrete Läsionen handeln. Bei den von anderen Autoren
vorgestellten Bronchialarteriographien sieht man überwiegend feine Gefäßnetze und
keine größeren, traubenartigen Gefäßkonvolute. Hinsichtlich ihrer Größe scheint bei
Malformationen der Bronchialarterie ein ähnlich weites Spektrum zu bestehen wie bei
den PAVM.
Offenbar unabhängig davon, zu welchem Schenkel des pulmonalen Niederdrucksystems (pulmonalvenöse
oder -arterielle Strombahn) abnorme Gefäßkommunikationen ausgebildet waren, präsentierten
sich die allermeisten Fälle mit dramatischer Klinik. Die von uns gewählte Bezeichnung
Malformation der Bronchialarterie mit Shunt in das Pulmonalgefäßbett umfasst beide
Shuntformen. Ungeachtet dieser Überlegungen zur Nomenklatur kommt im klinischen Einzelfall
der Frage, ob ein arterioarterieller oder arteriovenöser Shunt vorliegt, vor allem
dann Bedeutung zu, wenn therapeutisch die Embolisation der Malformation vorgesehen
ist, dies besonders im Hinblick auf die Möglichkeit eines Übertritts des Embolisates
in den Systemkreislauf.
Tab. 1 In der Literatur mitgeteilte Fälle von Malformationen der Bronchialarterie mit Shunt
in das Pulmonalgefäßbett
Autor
Jahr
n
Alter/Geschlecht
Symptome
Lokalisation
Therapie
v.Babo [17 ]
1976
3
24 w 29 m 42 m
Hämoptyse Hämoptyse blutiges Sputum
2 Segmentbronchien (re Unterlappen) Segmentbronchus B4 li Mittellappenbronchus re
Lobektomie Lobektomie keine
Cain [18 ]
1980
3
k. A. k. A. k. A.
Hämoptyse Hämoptyse Hämoptyse
Segmentbronchus Segmentbronchus Segmentbronchus
operativ operativ operativ
Tanigawa*
1981
1
40 m
massive Hämoptyse
Segmentbronchus B9 re
Lobektomie
Yagi*
1983
1
52 w
massive Hämoptyse
Segmentbronchien B8 - 10 re
Lobektomie
Mark [20 ]
1984
1
k. A.
massive Hämoptyse
k. A.
k. A.
Nagai*
1987
1
35 m
massive Hämoptyse
Segmentbronchien B8 - 10 re
Lobektomie
Sheffield [21 ]
1988
1
71 w
massive Hämoptyse
Segmentbronchus B1 li
Lobektomie
Satio*
1989
1
29 w
massive Hämoptyse
Segmentbronchien B4 - 5 re, Segmentbronchus B5 li
keine
Nakagawa*
1989
2
72 w 45 m
massive Hämoptyse massive Hämoptyse
Segmentbronchus B4 li Segmentbronchus B3 li
Lobektomie Segmentresektion
Suda*
1990
1
18 m
massive Hämoptyse
Segmentbronchien B6 - 10 re
Lobektomie
Pouwels [22 ]
1992
1
21 m
massive Hämoptyse
Mittel- und Unterlappen-Bronchus re
untere Bilobektomie
Oshika*
1993
1
74 m
Hämoptyse
Segmentbronchus B5 re
Embolisation
Soda [23 ]
1995
1
52 m
Hämoptyse
Subsegmentbronchus B3a re
Segmentresektion, Ligatur der A. bronchialis
Shafari [24 ]
1996
1
11 w
massive Hämoptyse
Unterlappenbronchus re
Embolisation
Ohshima *
1996
1
80 w
massive Hämoptyse
Segmentbronchien B4 - 5 bds
Embolisation
Sukoh [19 ]
1999
1
38 w
massive Hämoptyse
Mittellappenbronchus, Segmentbronchien B4 - 5 re
Lobektomie
Kanamori [25 ]
2000
1
61 w
Hämoptyse
Segmentbronchien B5 , B8 re
Thorakoskopische Ligatur u. Durchtrennung der A. bronchialis
Wolf
2001
1
41 w
massive Hämoptyse
Segmentbronchien B1 - 2 li
obere Segmentresektion (S1 - 3 )
Mit * gekennzeichnete Literaturstellen (japanische Arbeiten) zitiert nach [19 ]
[25 ]; k. A. = keine Angabe
Tab. 2 Charakteristika von PAVM und Malformationen der Bronchialarterie mit Shunt in das
Pulmonalgefäßbett (MBSP) im Vergleich
PAVM
MBSP
mitgeteilte Fälle
> 500
23
Geschlechterverteilung (w:m)
∼ 1,6 : 1
∼ 1 : 1
hereditärer Hintergrund
bis 80 % mit der HHT assoziert
nicht vorhanden
Art des vorliegenden Shuntes
extrakardial, rechts-links
extrakardial, links-rechts oder links-links
shuntbedingte klinische Symptomatik
Zyanose, Belastungsdyspnoe, Trommelschlegelfinger u. a.
keine
Lokalisation
meist subpleural meist multipel meist basal
zentral (meist Segmentbronchien) meist solitär keine augenfällige Bevorzugung
Blutungskomplikationen (massive Blutung)
selten
häufig
- Art
Hämoptyse oder Hämatothorax (∼ 1 : 1)
Hämoptyse
- Farbe
dunkelrot
hellrot
Schlussfolgerung
Wie der präsentierte Fall zeigt, sollte das Vorliegen einer Malformation der Bronchialarterie
mit Shunt in das Pulmonalgefäßbett als seltene Ursache der Hämoptyse unter folgenden
Umständen erwogen werden:
Wenn es sich um eine einmalig oder rezidivierend auftretende heftige Expektoration
hellroten Blutes handeltund zugleich
das Vorliegen einer der häufigen Ursachen der massiven Hämoptyse (entzündliche und
neoplastische Erkrankungen der Lunge) anamnestisch, klinisch, labordiagnostisch und
radiologisch mit zureichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Als auffallend bezeichneten schon v. Babo u. Mitarb. [17 ] „die Diskrepanz zwischen der Schwere der Symptomatik und den uncharakteristischen
oder sogar unauffälligen Röntgenbefunden der Lunge”. Gelingt es in einem solchen Kontext,
den Ursprung der Blutung bronchoskopisch zweifelsfrei zu identifizieren, so ist unseres
Erachtens die Indikation zur Operation frühelektiv zu stellen und eine möglichst parenchymsparende
Resektion im Gesunden anzustreben. Kann die bronchoskopische Diagnostik die Lage der
Blutungsquelle im Bronchialbaum hingegen nicht sicher zuordnen, so muss eine selektive
Angiographie der Bronchialarterien vorgenommen werden. Bei anhaltender, durch endobronchiale
Maßnahmen nicht kontrollierbarer Blutung oder funktioneller Inoperabilität kann auf
diesem Wege zudem eine einstweilige oder definitive Blutstillung durch selektive Embolisation
des zuführenden Bronchialarterienastes erreicht werden.
Danksagung
Wir danken Herrn Dr. med. A. Lingenfelser, niedergelassener Pneumologe in Münster,
für die Zuweisung dieses interessanten Falles.