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DOI: 10.1055/s-2001-19207
Vorhofflimmern - Therapie
Atrial fibrillation - TreatmentKorrespondenz
Priv.-Doz. Dr. med. Jens Jung
Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik, Innere
Medizin III (Kardiologie/Angiologie), Universitätskliniken
des Saarlandes
66421 Homburg/Saar
Phone: 06841/1623359
Fax: 06841/1623394
Email: jung@med-in.uni-saarland.de
Publication History
Publication Date:
20 December 2001 (online)
- Thromboembolieprophylaxe
- Frequenzkontrolle
- Kardioversion von neu aufgetretenem Vorhofflimmern
- Vorgehen bei persistierendem Vorhofflimmern
- Rezidivprophylaxe
- Medikamentenrefraktäres Vorhofflimmern
- Literatur
Die Behandlung von Vorhofflimmern beinhaltet im Wesentlichen drei Aspekte: die Prävention thromboembolischer Ereignisse, die Frequenzlimitierung sowie die Wiederherstellung und Erhaltung eines Sinusrhythmus.
#Thromboembolieprophylaxe
Die Antikoagulation ist ein essenzieller Bestandteil in der Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern, da Morbidität und Mortalität bei Vorhofflimmern entscheidend durch thromboembolische Ereignisse bestimmt werden. Patienten mit einem rheumatischen Klappenvitium haben das höchste Risiko für thromboembolische Komplikationen. Das Embolierisiko ist bei diesen Patienten nach den Daten der Framingham-Studie um das 17,6Fache erhöht [11]. Etwa 75 % aller Thromboembolien betreffen das zerebrale Stromgebiet. Aber auch Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern haben ein 4-6 %iges Risiko, innerhalb eines Jahres einen zerebralen Insult bedingt durch eine kardiale Embolie zu erleiden. Besonders gefährdete Patienten können durch klinische und echokardiographische Risikoparameter identifiziert werden. Als Risikoparameter kommen in erster Linie ein höheres Lebensalter, eine stattgehabte Embolie bzw. TIA oder zerebraler Insult, eine arterielle Hypertonie, eine linksventrikuläre Funktionseinschränkung und das Vorliegen einer Herzinsuffizienz in Betracht. In Abhängigkeit vom Lebensalter der Patienten sind weitere Risikomarker wie die koronare Herzerkrankung oder der Diabetes mellitus von zunehmender Bedeutung. Zu den echokardiographischen Risikofaktoren zählen neben der linksventrikulären Funktionseinschränkung der Nachweis atrialer Thromben bzw. eine atriale Dysfunktion.
Antithrombotische Therapie |
Patientengruppe |
Keine Therapie oder ASS 325 mg/d |
Alter <60 Jahre, keine strukturelle Herzerkrankung |
ASS 325 mg/d |
Alter < 60 Jahre, Herzerkrankung, aber keine Risikofaktoren* Alter ≥ 60 Jahre, keine Herzerkrankung, keine Risikofaktoren* |
Orale Antikoagulation (INR 23) |
Alter ≥ 60 Jahre, Diabetes mellitus oder KHK Alle Patienten mit Risikofaktoren* Stattgehabte Embolie Hyperthyreose |
Orale Antikoagulation (INR 2) |
Alter ≥ 75 Jahre |
* Herzinsuffizienz, linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 35 %, arterielle Hypertonie; KHK = koronare Herzerkrankung |
In zahlreichen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass eine orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten das jährliche Risiko thromboembolischer Ereignisse um 47-86 % reduziert [4] [6] [14] [19-21] . Dies gilt sowohl für Patienten mit chronischem als auch mit paroxysmalem Vorhofflimmern. Die kardiologischen Fachgesellschaften empfehlen bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern bei Vorliegen mindestens eines Risikofaktors eine orale Antikoagulation mit einer INR (international normalized ratio) von 2-3 [7]. Bei valvulärem Vorhofflimmern bzw. nach Herzklappenersatz ist eine intensivere Antikoagulation erforderlich (INR 2,5-3,5 oder höher). Die Entscheidung zur oralen Antikoagulation muss individuell getroffen werden. Hierbei gilt es, den Nutzen der oralen Antikoagulation gegen das individuelle Blutungsrisiko abzuwägen. Das Blutungsrisiko hängt von der Intensität der Antikoagulation und dem Alter der Patienten ab. Bei einer INR von 2-3 beträgt die jährliche Inzidenz an schweren Blutungskomplikationen etwa 1 %. Bei Patienten in höherem Lebensalter (> 75 Jahre) sollte aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos die Intensität der oralen Antikoagulation bei einer INR von 2 gehalten werden.
Die Daten zur Gabe von ASS zur Prävention thromboembolischer Ereignisse sind nicht überzeugend, so dass ASS lediglich bei Patienten mit einem niedrigen Risiko für thromboembolische Ereignisse [Tab. 1] oder bei Kontraindikationen für eine orale Antikoagulation eingesetzt werden sollte. Nur bei Patienten unter 60 Jahren ohne strukturelle Herzerkrankung und ohne Risikofaktoren kann auf eine antithrombotische Therapie ganz verzichtet werden. Daten zur Anwendung neuerer Thrombozytenaggregationshemmer wie beispielsweise Ticlopidin oder Clopidogrel bei Vorhofflimmern liegen derzeit nicht vor.
kurzgefasst: Die Indikation zur Antikoagulation besteht bei rheumatischem Klappenvitium (Ziel-INR 2,5-3,5) und bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern mit mindestens einem Risikofaktor (Ziel-INR 2-3). Die Gabe von ASS kommt nur bei Niedrigrisikopatienten oder bei Kontraindikationen für Vitamin-K- Antagonisten in Betracht.
#Frequenzkontrolle
Die Akutbehandlung von Vorhofflimmern beinhaltet neben der Einleitung einer Antikoagulation die Frequenzlimitierung als erste symptomatische Therapie. Die Normalisierung der Herzfrequenz basiert auf einer Hemmung der AV-Überleitung. Dies kann durch die Gabe von β-Rezeptorenblockern, Calciumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazem-Typ und durch Digitalisglykoside erreicht werden. Digitalis greift indirekt über einen vagomimetischen Effekt am AV-Knoten an, so dass eine ausreichende Frequenzlimitation unter sympathikotonen Einflüssen wie z. B. bei körperlicher Belastung oft nicht erzielt werden kann. Aus diesem Grunde werden Digitalisglykoside häufig mit Betablockern oder Calciumantagonisten kombiniert. Im klinischen Alltag wird zur Frequenzlimitation eine mittlere Kammerfrequenz unter 90 Schläge pro Minute angestrebt. Die Effektivität einer frequenzlimitierenden Therapie kann mittels Belastungsuntersuchungen und im 24-Stunden-Langzeit-EKG überprüft werden. Bei Patienten mit nicht mehr konvertierbarem, so genanntem permanentem Vorhofflimmern, die trotz einer frequenzlimitierenden Therapie weiterhin häufig tachyarrhythmische Episoden aufweisen oder die Medikation aufgrund unerwünschter Wirkungen nicht vertragen, bietet die Radiofrequenzstromablation des AV-Knotens mit nachfolgender Implantation eines frequenzadaptiven Herzschrittmachers eine etablierte therapeutische Option [13]. Die Antikoagulation muss auch nach einer AV-Knoten-Ablation weitergeführt werden, da das Thromboembolierisiko bei permanentem Vorhofflimmern unverändert weiterbesteht.
kurzgefasst: Zur Frequenzkontrolle stehen Digitalisglykoside, β- Rezeptorenblocker und Calciumantagonisten vom Verapamil- bzw. Diltiazemtyp zur Verfügung. Die Katheterablation des AV- Knotens mit nachfolgender Schrittmacherversorgung kommt bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern und ineffektiver Frequenzlimitation zum Einsatz.
#Kardioversion von neu aufgetretenem Vorhofflimmern
Bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern mit einer Dauer von weniger als 24-48 Stunden kommt es in bis zu zwei Dritteln der Fälle zu einer Spontankonversion in Sinusrhythmus [3]. Auf die Rate dieser spontanen Rhythmisierung hat die Art der eingesetzten frequenzlimitierenden Medikation keinen Einfluss. Die Rate thromboembolischer Komplikationen ist in den ersten 3-4 Wochen nach Wiederherstellung des Sinusrhythmus besonders groß. Dies wird auf eine mechanische Dysfunktion der Vorhöfe nach Kardioversion zurückgeführt (»atrial stunning«), die bis zu einigen Wochen persistieren kann. Dieses Phänomen tritt unabhängig von der Art der Konversion (spontan, medikamentös oder elektrisch) in einen Sinusrhythmus auf. Die Dauer der atrialen Dysfunktion korreliert mit der Dauer der Vorhofflimmerepisode, d. h. je länger der Zeitraum ist, über den das Vorhofflimmern besteht, desto länger ist nach Kardioversion mit einer atrialen Pumpfunktionsstörung zu rechnen.
In der Praxis wird unterschieden, ob die Arrhythmie länger als 48 Stunden besteht oder nicht. Bei einem erst seit weniger als 48 Stunden bestehenden Vorhofflimmern kann eine sofortige Kardioversion ohne vorausgehende Antikoagulation durchgeführt werden. Bei Vorhofflimmern unklarer Dauer bzw. einer Dauer von mehr als 2 Tagen wird eine effektive orale Antikoagulation über mindestens 3 Wochen vor und 4 Wochen nach Kardioversion empfohlen. Diese Empfehlungen gelten unabhängig von der Art der Kardioversion (medikamentös oder elektrisch). Der Zeitraum bis zur Kardioversion kann durch den Einsatz der transösophagealen Echokardiographie (TEE) verkürzt werden, weil damit kardiale Thromben ausgeschlossen werden können. Die Vorteile liegen hierbei in der rascheren Wiederherstellung des Sinusrhythmus, was insbesondere bei Patienten mit ausgeprägten Beschwerden von Bedeutung ist. Weiterhin kann die Effektivität der Kardioversion und die Rezidivrate von Vorhofflimmern nach Kardioversion durch eine möglichst frühzeitige Wiederherstellung des Sinusrhythmus günstig beeinflusst werden. Letztlich wird durch eine Verkürzung des Zeitraumes der Antikoagulation das Risiko von Blutungskomplikationen vermindert [12]. Zum Zeitpunkt der TEE muss eine therapeutische Heparinisierung etabliert sein. Die Antikoagulation muss bis zur Kardioversion und bei stabilem Sinusrhythmus über 4 Wochen hinaus beibehalten werden. [Abb. 1] zeigt die Vorgehensweise bei Kardioversion von neu aufgetretenem Vorhofflimmern.

Abb. 1 Vorgehensweise bei der Kardioversion von neu aufgetretenem Vorhofflimmern (TEE: transösophageale Echokardiographie).
Vergleichende Untersuchungen zur Sicherheit und Effektivität einer medikamentösen oder elektrischen Kardioversion liegen nicht vor. Die medikamentöse Kardioversion hat ihren Stellenwert in der Behandlung von Vorhofflimmern, das erst seit wenigen Tagen besteht, da die Konversionsraten bei einer medikamentösen Kardioversion ganz wesentlich durch die Dauer der aktuellen Arrhythmieepisode bestimmt werden. Klasse-IC-Antiarrhythmika scheinen hierbei hinsichtlich der Konversionsrate den Klasse-III-Antiarrhythmika überlegen zu sein [15]. Durch die Gabe relativ hoher oraler Dosen z. B. von 600 mg Propafenon oder 200 mg Flecainid oder nach intravenöser Injektion in einer Dosierung von 1-2 mg/kg Körpergewicht können beide Substanzen Konversionsraten von 60-80 % erreichen [8] . Das früher häufig eingesetzte Chinidin wird heute aufgrund seiner hohen Inzidenz an proarrhythmischen Effekten nicht mehr empfohlen [2]. Die Akutgabe von Sotalol führt in etwa 25-35 % zur Konversion in einen Sinusrhythmus. Amiodaron kommt insbesondere in der Intensivmedizin bei rezidivierend auftretendem Vorhofflimmern zum Einsatz. Für dieses Medikament werden Konversionsraten zwischen 37 und 73 % beschrieben. Die Auswahl des Antiarrhythmikums zur medikamentösen Kardioversion muss nach individuellen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der kardialen Grunderkrankung oder eventuell vorhandener Begleiterkrankungen getroffen werden. Als akuter proarrhythmischer Effekt bei der Gabe von Klasse-IC-Antiarrhythmika ist in 3,5-5 % mit einem Übergang von Vorhofflimmern in Vorhofflattern mit rascher ventrikulärer Überleitung zu rechnen. Bei der Akutgabe von Klasse-III-Antiarrhythmika stehen im Wesentlichen Torsade-de- pointes-Tachykardien als Proarrhythmie im Vordergrund. Ihre Inzidenz liegt bei Sotalol zwischen 1 und 2 %. Die Anwendung dieses Verfahrens sollte daher durch einen in der medikamentösen Kardioversion erfahrenen Arzt erfolgen. Eine medikamentöse Rhythmisierung sollte unter stationären Bedingungen mit Monitorüberwachung durchgeführt werden, um neben etwaiger proarrhythmischer Effekte eine bei Konversion in Sinusrhythmus auftretende pathologische präautomatische Pause oder bradykarde Rhythmusstörungen erfassen und therapieren zu können. Bei frustranem pharmakologischem Kardioversionsversuch wird in aller Regel eine elektrische Kardioversion angeschlossen. Die elektrische Kardioversion kann auch primär zur Rhythmisierung von akut aufgetretenem Vorhofflimmern eingesetzt werden. Sie sollte insbesondere bei Patienten mit ausgeprägter struktureller Herzerkrankung aufgrund der höheren Proarrhythmierate der medikamentösen Rhythmisierung vorgezogen werden.
kurzgefasst: Die Rhythmisierung eines akut aufgetretenen Vorhofflimmerns kann mittels medikamentöser oder elektrischer Kardioversion erfolgen. Klasse-IC-Antiarrhythmika sind den Klasse-III-Antiarrhythmika hinsichtlich ihrer Konversionsrate überlegen. Die Art der Kardioversion und die Auswahl des Antiarrhythmikums muss nach individuellen Gesichtspunkten getroffen werden.
#Vorgehen bei persistierendem Vorhofflimmern
Ob die Wiederherstellung des Sinusrhythmus mit nachfolgender Rezidivprophylaxe mit einer besseren Prognose einhergeht als eine reine Frequenzkontrolle, ist derzeit nicht bekannt. Diesbezüglich müssen laufende Studien abgewartet werden [22]. Hinsichtlich Lebensqualität und Symptomfreiheit scheinen sich diese beiden Strategien nicht zu unterscheiden [10]. Die Entscheidung für eine Rhythmisierung muss daher individuell getroffen werden. Insbesondere bei Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern besteht die Indikation zur Rhythmisierung. In aller Regel kommt hierbei die Gleichstromkardioversion zum Einsatz, da bei länger anhaltender Dauer der aktuellen Arrhythmieepisode die Konversionsrate bei pharmakologischer Kardioversion lediglich bei 10-30 % liegt. Sinusrhythmus kann mittels elektrischer Kardioversion unter Verwendung optimaler Techniken in etwa 95 % der Fälle wiederhergestellt werden [5]. Zu den Einflussfaktoren, die den Akuterfolg und die Rezidivrate im Langzeitverlauf negativ beeinflussen, werden z. B. Arrhythmiedauer und Vorhofgröße gerechnet, wobei die Wertigkeit dieser Parameter unterschiedlich beurteilt wird. Bei entsprechender klinischer Symptomatik sollte daher auch bei einer ungünstigen Konstellation nicht zwingend auf einen Kardioversionsversuch verzichtet werden. Die Kontraindikationen zur Kardioversion sind in [Tab. 2] zusammengefasst. Vor Durchführung der Kardioversion muss entsprechend den oben aufgeführten Empfehlungen eine ausreichende Antikoagulation etabliert sein.
|
kurzgefasst: Die Indikation zur Kardioversion bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern muss entsprechend der Symptomatik und den individuellen Begleitumständen gestellt werden.
#Rezidivprophylaxe
Nach Kardioversion ist in den meisten Fällen zur Aufrechterhaltung des Sinusrhythmus eine medikamentöse Rezidivprophylaxe notwendig. Bei erstmalig aufgetretenem Vorhofflimmern kann zunächst der Spontanverlauf abgewartet werden. Bei rezidivierenden Episoden wird die Entscheidung zur rezidivprophylaktischen antiarrhythmischen Therapie und die Auswahl des Medikamentes individuell getroffen. Hierbei fließen neben klinischer Symptomatik und genauer Arrhythmieanamnese, Art und Ausmaß der kardialen Grunderkrankung und eventuell bestehender Begleiterkrankungen sowie das Vorhandensein von Triggerfaktoren ein [Tab. 3]. Empfehlenswert ist häufig zunächst ein Therapieversuch mit einem konventionellen Betablocker, bevor ein spezifisches Antiarrhythmikum verabreicht wird.
Kardiale Grunderkrankung |
Antiarrhythmikum |
Keine oder minimale |
Betablocker, Flecainid, Propafenon, So talol, Amiodaron, Disopyramid, Chinidin |
Vagal induziertes Vorhofflimmern |
Flecainid, Disopyramid |
Koronare Herzerkrankung |
Betablocker, Sotalol, Amiodaron |
Hypertensive Herzerkrankung (LVH <14 mm) |
Betablocker, Flecainid, Propafenon, Amiodaron, Sotalol, Disopyramid, Chinidin |
Hypertensive Herzerkrankung (LVH 14 mm) |
Betablocker, Amiodaron |
Herzinsuffizienz |
Betablocker, Amiodaron |
LVH = Linksventrikuläre Hypertrophie; modifiziert nach [7] |
Die Effektivität einer rezidivprophylaktischen antiarrhythmischen Therapie im Langzeitverlauf ist limitiert und bei den einzelnen Substanzen kaum unterschiedlich. Amiodaron scheint Propafenon oder Sotalol hinsichtlich dem Erhalt eines Sinusrhythmus überlegen zu sein, wobei auch unter Amiodaron nach einem Jahr mit Rezidivraten zwischen 31 und 44 % zu rechnen ist [10] [16]. Aufgrund des Nebenwirkungsprofils von Amiodaron wird diese Substanz in der Praxis meist nach Versagen einer rezidivprophylaktischen Therapie mit anderen Substanzen eingesetzt. Aufgrund der hohen Rezidivrate trotz medikamentöser Langzeittherapie werden bei einem großen Teil der symptomatischen Patienten im Langzeitverlauf serielle Kardioversionen einhergehend mit einer jeweiligen Modifikation der rezidivprophylaktischen Therapie erforderlich. Man kann davon ausgehen, dass nach seriellen Kardioversionen über einen Zeitraum von 4 Jahren nur noch etwa ein Drittel der Patienten im Sinusrhythmus bleibt [23]. Als Einflussfaktoren auf die Effektivität der Rhythmuskontrolle im Langzeitverlauf konnten die Dauer der Arrhythmie, das Patientenalter und eine fortgeschrittene Herzinsuffizienz identifiziert werden [23].
Bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern kann, falls durch eine rezidivprophylaktische antiarrhythmische Therapie keine effektive Arrhythmiesuppression gelingt, zumindest die Häufigkeit und Dauer der Arrhythmieepisoden und damit die Symptomatik des Patienten günstig beeinflusst werden. Die Einleitung einer antiarrhythmischen Therapie kann bei Patienten mit normaler linksventrikulärer Funktion, fehlender Sinusknoten- oder AV-Knotenerkrankung und normaler QRS-Dauer und QT-Zeit auch unter ambulanten Bedingungen durchgeführt werden. Vor der Gabe von Klasse-IC-Antiarrhythmika sollte eine Therapie mit einem β-Rezeptorenblocker oder einem Calciumantagonisten vom Verapamiltyp etabliert sein, um einem Übergang von Vorhofflimmern in Vorhofflattern mit 1 : 1 atrioventrikulärer Überleitung vorzubeugen. Mit einem erhöhtem proarrhythmischen Risiko von Sotalol muss bei Patienten mit linksventrikulärer Hypertrophie, einer Nierenfunktionseinschränkung und bei Frauen gerechnet werden. Generell sollte eine antiarrhythmische Therapie mit niedrigen Tagesdosen begonnen werden und die Dosistitration langsam erfolgen. Unabdinglich sind regelmäßige EKG-Kontrollen unter Berücksichtigung von PQ-Zeit (Klasse-IC- und Klasse-III-Antiarrhythmika), QRS-Dauer (Klasse-IC-Antiarrhythmika) und QT-Intervall (Klasse-III-Antiarrhythmika), die insbesondere nach jeder Dosissteigerung wiederholt werden müssen. Bei Patienten mit struktureller Herzerkankung und Herzinsuffizienz sollte eine Einstellung auf Antiarrhythmika nur unter stationären Bedingungen erfolgen. Hierbei ist vor allem bei Patienten mit hohem Proarrhythmie-Risiko (z. B. fortgeschrittene Herzinsuffizienz oder Überleitungsstörungen) eine Monitorüberwachung erforderlich.
kurzgefasst: Die Indikation zur Rezidivprophylaxe von Vorhofflimmern und die Auswahl des Antiarrhythmikums erfolgt nach individuellen Gesichtspunkten.
#Medikamentenrefraktäres Vorhofflimmern
Als etabliertes nicht-pharmakologisches Therapieverfahren bei hochsymptomatischen Patienten mit medikamentenrefraktärem Vorhofflimmern kommt die AV-Knoten-Ablation mit nachfolgender Schrittmacherversorgung in Frage [13]. Bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern und einer Indikation zur Schrittmachertherapie führt der Einsatz eines vorhofbeteiligten Schrittmachersystems im Vergleich zu einer rein ventrikulären Stimulation zu einer Reduktion von Episoden mit Vorhofflimmern. Der Stellenwert präventiver Stimulationsalgorithmen insbesondere auch bei Patienten mit Vorhofflimmern ohne klassische Indikation zur antibradykarden Stimulation wird in derzeit laufenden Studien untersucht. Die Maze-Operation als chirurgisches Therapieverfahren von Vorhofflimmern kommt insbesondere bei Patienten mit Indikation zur Mitralklappenchirurgie zum Einsatz. Durch die intraoperative Hochfrequenzstromablation im Rahmen einer modifizierten Maze-Prozedur konnte das Verfahren wesentlich vereinfacht werden [9]. Bei Patienten, die unter einer rezidivprophylaktischen Therapie mit Klasse-IC-Antiarrhythmika bzw. Amiodaron typisches Vorhofflattern entwikkeln, kann durch eine Katheterablation im Sinne einer »Hybridtherapie« dauerhaft Sinusrhythmus wiederhergestellt werden [17]. Die antiarrhythmische Medikation muss dann jedoch im Anschluss an die Ablation weitergeführt werden. Bei Patienten mit Vorhofflimmern, das sich aus einer regelmäßigen Tachykardie (z. B. AV-Knoten-Reentrytachykardie oder atriale Tachykardie) entwickelt, sollte eine Katheterablation durchgeführt werden, da sie hiervon auch hinsichtlich ihres Vorhofflimmerns profitieren können. Die Katheterablation als kurativer Ansatz bei Vorhofflimmern ist derzeit noch eine experimentelle Therapie, die insbesondere bei Patienten mit medikamentenrefraktärem, fokal getriggertem Vorhofflimmern in Betracht kommt [1] [18]. Unter Einbeziehung von Wiederholungseingriffen wird über Erfolgsraten von bis zu 70 % berichtet. Das Verfahren ist derzeit jedoch noch mit einer relativ hohen Rate an z. T. schwerwiegenden Komplikationen (neurologische Defizite in 1-2 %, Perikardtamponaden in 1 %, Pulmonalvenenstenosen in 20-30 % z. T. mit konsekutiven Verschlüssen) behaftet und sollte daher nur im Rahmen klinischer Studien durchgeführt werden.
#Literatur
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Korrespondenz
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des Saarlandes
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Literatur
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Korrespondenz
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Phone: 06841/1623359
Fax: 06841/1623394
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Abb. 1 Vorgehensweise bei der Kardioversion von neu aufgetretenem Vorhofflimmern (TEE: transösophageale Echokardiographie).