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DOI: 10.1055/s-2002-35011
Braucht die Medizin klinische Ethikberater?
Does health care really need clinical ethics consultation?Publication History
eingereicht: 1.8.2002
akzeptiert: 7.10.2002
Publication Date:
24 October 2002 (online)

Ethikberatungsorgane haben sich in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen etabliert. So leuchtet es ein, wenn Politiker auf den Sachverstand des Ethikers zurückgreifen, weil dessen spezifische Kompetenz außerhalb derer des Politikers liegt. Was aber, wenn der Arzt den Ethiker als Berater ruft? Ruft hier der Arzt nicht eine Kompetenz herbei, die eigentlich zu seiner eigenen gehört? Was ist das für eine Medizin - so könnte man fragen - die den Ethiker braucht, um zu einer guten Entscheidung zu gelangen? Besitzt der Ethiker überhaupt eine Expertise, die dem Arzt im konkreten klinischen Alltag eine Hilfe sein kann? Um diese Fragen zu beantworten, muss zunächst zwischen drei verschiedenen Ethikberatungsorganen innerhalb der Medizin unterschieden werden: (a) Klassische Ethikkommissionen: Diese Ethikkommissionen gibt es an medizinischen Fakultäten und Landesärztekammern bereits seit den frühen 80er-Jahren, und mit der Novellierung des Arzneimittelgesetzes von 1994 sind sie sogar gesetzlich vorgeschrieben. Ihr Aufgabenkreis ist auf die Begutachtung von Forschungsvorhaben begrenzt. Eine Beratung bei klinischen Entscheidungssituationen ist bei diesen Kommissionen in der Regel nicht vorgesehen. Diese Aufgabe übernehmen (b) Klinische Ethikkomitees, die seit wenigen Jahren entstanden sind. Im Gegensatz zu den USA, wo seit 1992 jedes Krankenhaus zur Akkreditierung die Existenz eines Klinischen Ethikkomitees nachweisen muss [4], sind die klinischen Ethikkomitees in Deutschland in keiner Weise gesetzlich vorgeschrieben und bislang nur vereinzelt vorzufinden. 1997 gaben die Krankenhausverbände beider Kirchen eine gemeinsame Empfehlung zur Einführung von Klinischen Ethikkomitees heraus [5]. Seitdem sind an vielen konfessionellen Häusern entsprechende klinische Ethikkomitees gegründet worden [11]. Zögerlicher war die Institutionalisierung an den Universitätsklinika. Bislang bestehen lediglich an der Medizinischen Hochschule in Hannover und an der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg entsprechende Komitees. Als dritte Form der Ethikberatung bieten einige Klinika (c) Kommissionsfreie Ethikberatung an. Diese klinische Ethikberatung (oder auch Ethikkonsil genannt) erfolgt durch ein festes Beratungsteam, ist aber nicht an ein institutionalisiertes klinisches Ethikkomitee gebunden. Ein solches Modell findet sich z. B. in Marburg, in Köln, in Tübingen und in Freiburg. In Freiburg reichen die ersten Versuche, einen Ethikberatungsdienst zu etablieren, bis in frühen 90er-Jahre zurück, nachdem Franz Josef Illhardt die Ethikberatung während eines Amerikaaufenthaltes 1990 näher kennengelernt hatte. Bei der Implementierung der Ethikkonsile ging das Angebot des Ethikers einher mit einer von einzelnen Klinikern geäußerten Nachfrage, die erst allmählich zugenommen hat. Gerade in letzter Zeit lässt sich in Freiburg eine zunehmende Inanspruchnahme des Konsilangebots feststellen, von 12 Anfragen im Jahr 2000 auf 37 im zurückliegenden Jahr. Anhand einer kritischen Bestandsaufnahme der eigenen Beratertätigkeit soll im Folgenden reflektiert werden, welche Rolle in einem solchen Beratungsdienst der Disziplin Medizinethik zukommen kann. Dabei soll zunächst auf mögliche Gefahren eingegangen werden.
kurzgefasst: Während die klassischen Ethikkommissionen sich in ihrer Beratung auf Forschungsvorhaben beschränken, haben sich mittlerweile vor allem in vielen konfessionellen Krankenhäusern klinische Ethikkomitees entwickelt, die einen Beratungsdienst für den klinischen Alltag anbieten. Da die Ethik konstitutiv zum ärztlichen Tun gehört, stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, solche Ethikkomitees einzurichten.
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Priv.-Doz. Dr. Giovanni Maio
Zentrum für Ethik und Recht in der Medizin, Universitätsklinikum
Freiburg
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79110
Freiburg
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