Zusammenfassung
In einer repräsentativen Untersuchung wurden 234 Frauen aus der Schweiz zu ihrem Erleben
des Menstruationszyklus mit Hilfe eines strukturierten Interviews zu Hause befragt.
Vom Gesamtkollektiv waren 41 % eher negativ eingestellt, 41 % neutral und 18 % eher
positiv. 30 % der Frauen fühlen sich nicht, 34 % wenig, 32 % ziemlich und 4 % sehr
stark durch die Menstruation beeinträchtigt.
Bei der Beeinträchtigung insgesamt zeigt sich, dass sich die Frauen aus der französischen
Schweiz im Gegensatz zu den Deutschschweizerinnen, sowie Pilleneinnehmerinnen im Gegensatz
zu den Frauen, die keine Verhütung betreiben, weniger beeinträchtigt fühlen.
Die Menstruation wird zwar mehrheitlich als unangenehm erlebt, aber als dazugehörig
und Teil der Natürlichkeit oder Natur. Deutlich weniger wird die Menstruation als
Ausdruck des Frauseins, der Weiblichkeit, gewertet.
26 % der Befragten bewerten Blutungen, bei denen sie bis zu 5 Binden am Tag verwenden
müssen, als abnorm und behandlungsbedürftig. Knapp die Hälfte der Frauen würde nur
bei subjektiv sehr starken Schmerzen einen Arzt aufsuchen.
Beim Umgang mit Beschwerden fällt auf, dass knapp 30 % gelegentlich medikamentöse
Hilfe (Schmerzmittel) in Anspruch nehmen. Der Rest wendet Verhaltensmaßnahmen an,
die der Ruhe, des Rückzuges entsprechen und gewissermaßen eine heilende Regression
darstellen. Es werden offensichtlich in der Schweiz keine oder vernachlässigbar wenige
Psychopharmaka oder andere Medikamente eingesetzt, obgleich wie im ersten Teil der
Studie gezeigt, die psychischen Beschwerden im Vordergrund stehen.
Fast die Hälfte der Frauen äußert Bedenken gegen den Einsatz eines Kontrazeptivums
zur Beeinflussung der Menstruation. Die Verhütung wird bejaht, die Menstruationsbeeinflussung
uneinheitlich beurteilt. Ganz deutlich finden sich hier wieder Ängste vor dem Eingriff
in die Natur und die möglichen Folgen. Auf der einen Seite werden die Vorteile gesehen
und praktisch benannt, auf der anderen Seite aber befürchten die Frauen nicht näher
bezeichnete Risiken durch Unnatürlichkeit etc.
Insgesamt ist also eine Ambivalenz dem Phänomen Menstruation gegenüber spürbar. Einerseits
unangenehm, belastend, einschränkend und andererseits dazugehörend, natürlich und
reinigend. Diese Ambivalenz gilt es in der ärztlichen Beratung zu verstehen und zu
berücksichtigen.
Abstract
In a representative survey 234 Swiss women were interviewed at home about their experiences
regarding the menstrual cycle. 41 % had a more negative, 41 % a neutral and 17 % a
more positive attitude towards menstruation. 30 % considered themselves not at all,
34 % a little, 32 % rather and 4 % severely handicapped by menstruation. Women from
the French speaking part of Switzerland and women using oral contraceptives rated
themselves less bothered by menstruation than woman from the German speaking part
and those not using OCs. The majority of women regards menstruation as unpleasant
but at the same as belonging to oneself and being part of nature. Menstruation is
much less viewed as symbol of being a woman or part of female identity. 26 % consider
menstrual bleeding abnormal and demanding treatment if they would have to use more
than five sanitary pads a day. Almost half of the women would consult a physician
only if they have very strong dysmenorrhea. Regarding the coping with menstrual complaints,
30 % of the women use analgesics intermittently. 70 % take behavioral measures like
rest and withdrawal from activities corresponding to a partial “healing regression”.
None or very little psychopharmaca are used although affective complaints are predominant.
Almost half of the women are reluctant using contraceptives to modify menstruation.
Contraception is accepted but changes in the menstrual pattern cause ambivalent feelings.
On one hand the advantages regarding quality of life are seen and described on the
other hand there is considerable anxiety regarding undefined risks of interfering
with nature. This ambivalence with respect to menstruation has to be understood in
counselling women with menstrual complaints and with respect to contraception.
Schlüsselwörter
Menstruation - Lebensqualität - Krankheit - Psychosomatik - Bedeutungszuweisungen
- Kontrazeption
Key words
Menstruation - quality of life - illness - psychosomatic gynecology - attitudes and
beliefs - contraceptive methods