Aktuelle Urol 2002; 33(1): 17-20
DOI: 10.1055/s-2002-41942
Fragen für den Facharzt

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Fragen / Antworten für den Facharzt

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Publication Date:
07 February 2002 (online)

 
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    Frage 1 - Urogynäkologie

    Welche der nachfolgenden Aussagen sind hinsichtlich der Urethraldivertikel bei der Frau zutreffend?

    Antworten

    1. Zystische Ausstülpungen im Bereich der Harnröhre können mittels transvaginalem Ultraschall, Miktionszystourethrogramm, Doppelballondarstellung, MRT, direkter Punktion und Kontrastmitteldarstellung dargestellt werden.

    2. Harnröhrendivertikel liegen grundsätzlich infrasphinktär, d.h. distal der funktionellen Harnröhre.

    3. Symptomatisch kann eine Vorwölbung im Bereich der Vaginalwand bei Abszessbildung oder auch eine erschwerte Miktion, bis hin zum kompletten Harnverhalt, durch Urethralkompression im Vordergrund stehen.

    4. In der präoperativen Aufklärung sollte die Patientin auf das Risiko einer postoperativen Ausbildung einer Urethrovaginalfistel oder eines Rezidivdivertikels hingewiesen werden.

    A 1 und 3 sind richtig

    B 2 und 3 sind richtig

    C 1 und 2 sind richtig

    D 2, 3 und 4 sind richtig

    E alle sind richtig

    Frage 2 - Kinderurologie

    Prüfe die Aussagen zur Diagnostik bei Dilatationen der Harnwege.

    Antworten

    1. Häufige Ursachen für konnatale Ektasien des Harntraktes sind Harnleiterabgangsengen und Megaureteren.

    2. Die MAG3-Szintigraphie ist dem i.v.-Urogramm in der Beurteilung einer konnatalen Dilatation der Harnwege überlegen.

    3. Die statische Nierenszintigraphie mit DMSA kann zur Beurteilung der Nierenmorphologie eingesetzt werden.

    4. Entscheidend für die operative Therapie einer Dilatation der oberen Harnwege ist der Nachweis einer Obstruktion.

    A 1 und 3 sind falsch

    B 2 und 4 sind richtig

    C 2, 3 und 4 sind richtig

    D nur 1 ist falsch

    E alle Antworten sind richtig

    Frage 1 - Urogynäkologie

    Die in der Literatur angegebenen Inzidenzen weiblicher Harnröhrendivertikel schwanken zwischen 3 und 40 % (Urology 1987; 30: 407-415). Harnröhrendivertikel der Frau können vielfältige Symptome, u.a. eitrigen schmerzhaften Ausfluss aus der Harnröhre, Schmerzen und Ausfluss während des Geschlechtsverkehrs, Dysurie bis zum Harnverhalt aber auch rezidivierende Zystitiden verursachen. Größere Divertikel können als rundliche, zystische jedoch verschiebliche Tumoren an der vorderen Vaginalwand palpiert werden. Auf Druck kann sich eitriges Sekret aus dem Meatus urethrae entleeren. Vereinzelt wird auch über gleichzeitig mehreren Divertikeln, angeborene Divertikel oder auch Divertikelsteine in der Literatur berichtet (Int Urogynecol J 2001; 12: 51-57). Neben anderen bildgebenden Verfahren findet zur Abklärung eines Harnröhrendivertikels auch die Doppelballondarstellung Anwendung. Grundsätzlich liegen die Divertikel der weiblichen Harnröhre distal der funktionellen Harnröhre. Die Therapie der Wahl ist die Divertikelexstirpation oder die Marsupialisation, wobei als mögliche Komplikationen Urethrovaginalfisteln (Inzidenz 0,9-8,3 %) sowie Rezidivdivertikel (Inzidenz: 1-30 %) vorkommen können. Zu beachten ist, dass in der Literatur in bis zu 15 % der Fälle nach Marsupialisation eine Harninkontinenz auftreten kann (s.o.).

    Antwort E ist richtig

    Bezug: Editorial: Divertikel der weiblichen Harnröhre. Seite 33

    Frage 2 - Kinderurologie

    Die Ektasie des Harntraktes ist intrauterin im Ultraschall ab der 16. Schwangerschaftswoche nachweisbar. Häufigste Ursachen sind Harnleiterabgangsengen, Megaureteren, Urethralklappensyndrom, vesikorenaler Reflux und multizystische (Ringert, Kallerhoff: Urologe A, 5/98). Derzeit existiert keine Untersuchungsmethode, die eine exakte Bewertung der Ektasie ermöglicht. Somit ist nicht ein Untersuchungsbefund für die Therapieplanung entscheidend, sondern ein flexibler Untersuchungsplan. Als diagnostische Hilfsmittel steht die Ultraschalluntersuchung sowie die Technetium 99 MAG3-Szintigraphie im Vordergrund. Die MAG3-Szintigraphie hat gegenüber dem i.v.-Urogramm in den meisten Fällen vergleichbare diagnostische Aussagekraft, bietet jedoch zusätzlich die Möglichkeit einer seitengetrennten Funktionsbestimmung. Die statische Nierenszintigraphie mit DMSA ist eine ideale Methode zur Beurteilung der Nierenmorphologie, akuter entzündlicher Veränderungen, Nierennarben sowie der fehlenden Funktion, z.B. bei multizystischer Nierendysplasie (Ringert, Kallerhoff: Urologe A, 5/98). Die Entscheidung wann eine konnatale Dilatation der oberen Harnwege therapeutische Konsequenzen bzw. ein operatives Vorgehen notwendig macht, werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Das Konsensuspapier einigt sich auf den Sachverhalt, dass Patienten, die eine Dilatation des oberen Harntraktes aufweisen und gleichzeitig eine Obstruktion, die durch ein Nierenfunktionsbelastungsszintigramm nachgewiesen ist, frühzeitig erkannt und operativ korrigiert werden sollen, bevor es zu einer möglicherweise dauerhaften Nierenfunktionseinschränkung kommt. Eine bereits eingeschränkte Nierenfunktion bei der Ausgangsuntersuchung und die Persistenz einer szintigraphisch relevanten Harnabflussbehinderung bei Verlaufskontrollen stellen die wesentlichen Operationsindikationen dar.

    Antwort E ist richtig

    Bezug: Konsensusgruppe der Arbeitgemeinschaft für Pädiatrische Nephrologie (APN) in Kooperation mit dem Arbeitskreis Kinderurologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie und mit der Arbeitsgemeinschaft für Kinderurologie in der Gesellschaft für Kinderchirurgie: Diagnostik bei konnataler Dilatation der Harnwege. Seite 36

    Frage 3 - Neurourologie

    Welche der folgenden Aussagen zu komplexen Malformationen mit Harntransportstörungen treffen zu?

    Antworten

    1. Mögliche Komplikationen einer Kuchenniere sind u.a. Harnstauung, HWI, Harnsteinbildung oder Niereninsuffizienz.

    2. Eine sakrale Agenesie kann nur in Kombination mit einer Lageanomalie der Nieren zu einer neurogenen Blasenentleerungsstörung führen.

    3. Zur Abklärung einer komplexen Malformation der Harnwege kann neben einem MZU, IVP, Isotopennephrogramm auch eine explorative Laparotomie notwendig sein.

    4. Eine Sakralagenesie ist durch das Fehlen von mindestens einem Sakralwirbelkörper definiert.

    A 1 und 3 sind richtig

    B 2 und 3 sind richtig

    C 1 und 2 sind richtig

    D 2 und 4 sind richtig

    E 2, 3 und 4 sind richtig

    Frage 3 - Neurourologie

    Komplexe Malformationen der Harnwege, insbesondere Lage- und Verschmelzungsanomalien der Nieren bleiben oftmals, da sie per se keinen Krankheitswert haben, unentdeckt. Problematisch werden sie, wenn eine komplizierte Pathologie wie Harntransportstörungen fieberhafte Harnwegsinfekte, Niereninsuffizienz oder Urolithiasis hinzutreten, die häufig erst im Erwachsenenalter manifest werden. Die Sakralagenesie führt oftmals zu einer Störung der Speicher- und Entleerungsfunktion der Blase; andere angeborene Defekte des Nervensystems, die mit einer neurogenen Blasenentleerungsstörung einhergehen, sind z.B. die Spina bifida, Sakrallipom, Diastomyelie, Filum-terminale-Syndrom oder die Meningomyelozele (JW Thüroff: Kinderurologie. In: Urologie, P. Alken, PH Walz (Herausgeber), Weinheim, Chapman & Hall S. 387-432). Definiert ist die sakrale Agenesie durch Fehlen von 2 oder mehr Sakralsegmenten. Bei der seltenen Kombination beider Entitäten, Kuchenniere mit einer Sakralagenesie wie im vorliegenden Fall, ist die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Harntransportstörung mit konsekutiver Schädigung der Nierenfunktionsleistung deutlich erhöht. Zur Abklärung der Funktion und Morphologie einer komplexen Fehlbildung des Harntraktes ist neben den konventionellen bildgebenden (MRT, CT, IVP, Pyelogramm, MZU) und funktionellen (ING, Urodynamik) Untersuchungsverfahren zur Therapieentscheidung auch eine explorative Laparotomie zu erwägen. Das Primärziel jeder Therapie ist stets die Erhaltung der Nierenfunktion durch Senkung der intravesikalen Drücke und Beseitigung einer möglichen Stauung und Reflux. Die Gefährdung des oberen Harntraktes korreliert mit der Höhe der gemessenen intravesikalen Drücke, daher sollte in solchen Fällen auch eine urodynamische Untersuchung angestrebt werden.

    Antwort A ist richtig

    Bezug: OA Brinkmann et al.: Komplexe Malformationen: Kuchenniere und begleitende sakrale Agenesie.Seite 64