Einleitung
Mit der Langzeitregistrierung der Atemgeräusche ist erstmals eine methodische Voraussetzung
gegeben, akustische Phänomene wie bronchiale Obstruktionen kontinuierlich über einen
längeren Zeitraum zu erfassen [1]
[2]
[3]
[4]
[5].
Bronchodilatatoren sind die wichtigsten Medikamente zur symptomatischen Therapie der
COPD, hierzu zählen kurz- und langwirksame β2-Sympathikomimetika, Anticholinergika und Methylxanthine. Die langwirksamen β2-Sympathikomimetika stellen vor allem bei Patienten mit nächtlich auftretenden respiratorischen
Beschwerden eine sinnvolle Therapieoption dar [6]
[7]
[8].
In der vorliegenden Untersuchung wird der Frage nachgegangen, ob der bekannte Effekt
der Reduzierung bronchialer Obstruktionen durch eine antiobstruktive Therapie mit
einem langwirksamen β2-Sympathikomimetikum durch ein akustisches Langzeitregistrierverfahren reproduzierbar
ist. Gleichzeitig gilt das Interesse der Fragestellung, ob eine Verbesserung der respiratorischen
Situation mit einer Optimierung der Schlafqualität einhergeht.
Patienten und Methode
In die Untersuchung wurden 10 Patienten (8 Männer und 2 Frauen) mit COPD und positivem
Auskultationsbefund am Tage (Giemen, Pfeifen und Brummen) aufgenommen. Alle Patienten
hatten eine durch Anamnese und Bronchospasmolysetest gesicherte COPD und waren in
unterschiedlichster Kombination antiobstruktiv vorbehandelt. 9 von 10 Patienten waren
Raucher. Entsprechend den GOLD-Kriterien hatten alle Patienten eine mittelgradige
COPD mit einem FEV1 zwischen 30 und 80 % des Sollwertes [9]. Die FEV1-Werte betrugen vor Durchführung unserer Untersuchungen im Mittel 58 ± 11 % (Bereich:
43 - 73 %). Ein Stadium IIB der COPD konnte bei 3 Patienten festgestellt werden.
Das Alter der Patienten lag zwischen 32 und 68 Jahren (53 ± 11 J), die Größe zwischen
149 und 192 cm (170 ± 11 cm), der BMI zwischen 19 und 37 kg/m2 (31 ± 6 kg/m2). Bei allen Patienten wurden langwirksame β-Mimetika mindestens 24 Stunden, kurzwirksame
mindestens 8 Stunden vor Durchführung der nächtlichen Registrierungen abgesetzt.
Insgesamt wurden 26 Polysomnographien einschließlich Geräuschaufzeichnung durchgeführt,
4 Untersuchungen in der 3. Messnacht wurden seitens der Patienten abgelehnt, da diese
das technisch aufwändige Messequipment der Polysomnographie nicht mehr tolerierten.
In der 1. Messnacht erfolgte eine diagnostische Polysomnographie inklusive akustischer
Geräuschanalyse. In der 2. und 3. Messnacht wurde den Patienten um 22 Uhr zusätzlich
zur bestehenden Medikation 50 µg Salmeterol (inhalativ) verabreicht.
Für die Aufzeichnung der Lungengeräusche wurde das Gerät PulmoTrack 1010 (Karmel Medical
Acoustic Technologies Ltd., Yokneam Illit, Israel) verwendet [2]
[10]. Dieses Gerät zeichnet kontinuierlich über die gesamte Zeit die Wheezing-Ereignisse
mittels 5 piezoelektrischer Sensoren auf. Die Detektion der Auskultationsphänomene
(Giemen, Pfeifen, Brummen) erfolgt beim PulmoTrack mit einer gewichteten Frequenzanalyse
auf der Basis der Fast-Fourier-Transformation. Zur Beschreibung bronchialer Obstruktionen
wurden die folgenden Parameter verwendet [2]
[10]
[11]:
-
Die Wheezing-time-rate (WTR): Die WTR entspricht dem Anteil der erkannten asthmatypischen
Nebengeräusche (Brummen, Giemen, Pfeifen) innerhalb von 30-Sekunden-Fenstern.
-
Die Wheezing-time (WT): Die WT entspricht der Zeit, für die der Anteil der WTR über
5 % lag (relevante Obstruktion vorhanden).
Bei allen Patienten wurde neben der Aufzeichnung der Lungengeräusche eine Polysomnographie
nach Standardkriterien durchgeführt.
Als Maß für eine Veränderung der Parameter unter Therapie wurde der Wilcoxon-Rang-Test
berechnet (SPSS 8.0); p < 0,05 wurde als signifikanter Unterschied der nicht normalverteilten
verbundenen Stichproben angesehen.
Ergebnisse
Bei allen Patienten konnte eine klinisch relevante schlafbezogene Atmungsstörung ausgeschlossen
werden. Der Anteil der Wheezing-time am Schlaf fand sich in der Therapienacht (Nacht
2) mit 33 ± 17 % vs. 49 ± 30 % bereits deutlich verringert (n. s.). In der nachfolgenden
Therapienacht (Nacht 3), die bei 6 Patienten durchgeführt werden konnte, verringerte
sich der Anteil der Wheezing-time (WT) unter Therapie mit Salmeterol signifikant auf
17 ± 17 % im Vergleich zur diagnostischen Nacht (Nacht 1) mit 51 ± 30 % WT (p < 0,05,
Wilcoxon-Test). Abb. [1] demonstriert am Beispiel eines Patienten die Reduzierung bronchialer Obstruktionen
unter zusätzlicher antiobstruktiver Therapie mit Salmeterol. Abb. [2] zeigt den Vergleich der prozentualen Anteile der Wheezing-time von diagnostischer
Nacht 1 und den Therapienächten 2 und 3. Bei allen Patienten war bei der diagnostischen
Polysomnographie eine gestörte Schlafstruktur in Form von mehrfachem Erwachen sowie
mangelndem Tief- und REM-Schlaf erkennbar. Unter Therapie fanden sich insbesondere
der prozentuale Anteil an REM-Schlaf sowie die Schlafeffizienz erhöht (siehe Tab.
[1]).
Eine signifikante Abhängigkeit der Wheezingereignisse von den Schlafstadien konnte
bei unseren Patienten nicht nachgewiesen werden, wenngleich eine etwas größere Häufigkeit
im REM-Schlaf zu verzeichnen war.
Abb. 1 Gegenüberstellung der nächtlichen Langzeitregistrierung der bronchialen Obstruktionen
eines Patienten vor (Nacht 1: diagnostische Nacht) und unter additiver antiobstruktiver
Therapie mit einem langwirksamen β2-Sympathikomimetikum (Nacht 2 und 3).
Abb. 2 Wheezing time (WT) der Patienten im Verlauf - 1. Nacht: diagnostische Untersuchung,
2. und 3. Nacht: Untersuchung unter Therapie (durchgehende Linie: 3 Messungen, gestrichelte
Linie: 2 Messungen).
Tab. 1 Schlafparameter aller Patienten für den Vergleich 1. und 2. Nacht (n = 10) bzw. 1.
und 3. Nacht (n = 6). Die Verbesserung von Schlafeffizienz, Tiefschlaf- und REM-Anteil
sowie Arousal-Index ist statistisch jedoch nicht signifikant.
|
1. Nacht (n = 10) |
2. Nacht (n = 10) |
1. Nacht (n = 6) |
3. Nacht (n = 6) |
Schlafeffizienz
|
64 ± 23 % |
65 ± 17 % |
62 ± 22 % |
70 ± 14 % |
Total Sleep Time (TST)
|
298 ± 100 min |
291 ± 81 min |
291 ± 98 min |
306 ± 40 min |
Schlaflatenz
|
65 ± 81 min |
42 ± 24 min |
49 ± 37 min |
51 ± 38 min |
Anteil NREM œ
|
73 ± 10 % |
67 ± 8 % |
76 ± 12 % |
62 ± 12 % |
Anteil NREM Ÿ
|
14 ± 7 % |
15 ± 8 % |
15 ± 9 % |
16 ± 7 % |
Anteil der REM-Phasen
|
14 ± 8 % |
18 ± 9 % |
10 ± 6 % |
22 ± 7 % |
Resp. Disturbance Index (RDI)
|
4,8 ± 10,4/h |
4,0 ± 8,1/h |
1,6 ± 2,1/h |
3,5 ± 4,4/h |
Arousal Index (AI)
|
51 ± 22 /h |
36 ± 18 /h |
49 ± 19 /h |
30 ± 12 /h |
Diskussion
Bei der vorgelegten Arbeit handelt es sich um eine Untersuchung, bei der der therapeutische
Effekt eines langwirksamen β2-Sympathikomimetikums bei Patienten mit mittelgradiger COPD anhand eines Langzeitmonitorings
der Atemgeräusche überprüft werden sollte. Bei der durchgeführten Studie ging es weniger
um die Bestätigung des bereits bekannten antiobstruktiven Effekts des β2-Sympathikomimetikums, als um den objektivierbaren Nachweis der Therapieeffizienz
durch eine neue diagnostische Methode. Um Fremdeffekte durch schlafbezogene Atmungsstörungen
sicher auszuschließen, wurde zudem eine Polysomnographie durchgeführt, die gleichzeitig
eine Beurteilung der Schlafqualität erlaubt.
Ein wesentlicher Kritikpunkt der Untersuchung ist die Größe des untersuchten Kollektives.
Die Problematik ergab sich im Verlauf der Studie dahingehend, dass die Patienten das
technisch aufwändige Messequipment der Polysomnographie nur bedingt toleriert haben.
So haben 4 der 10 Patienten eine 3. Messnacht verweigert.
Die akustische Lungengeräuschaufzeichnung ist mittlerweile eine anerkannte Methode,
deren diagnostische Relevanz anhand mehrerer Studien belegt werden konnte [1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[10]. Das Langzeitmonitoring der Atemgeräusche stellt ein sinnvolles und effizientes
Verfahren zur Beurteilung der antiobstruktiven Therapieeffizienz bei Patienten mit
Asthma bronchiale und COPD dar. Unabhängig davon ermöglicht es die frühzeitige Diagnostik
von Patienten mit ausschließlich im Schlaf auftretenden respiratorischen Beschwerden
im Sinne eines „nächtlichen Asthma bronchiale”. Die synchrone Durchführung von Poly(somno)graphien
und Lungengeräuschaufzeichnungen erlaubt zudem die Beurteilung der Interaktion zwischen
Schlaf und bronchialer Obstruktion.
Der erweiterte antiobstruktive Therapieeffekt durch ein langwirksames β2-Sympathikomimetikum konnte bei unseren Patienten durch das Langzeitmonitoring der
Atemgeräusche eindrucksvoll bestätigt werden. Die Häufigkeit der in bronchialer Obstruktion
verbrachten Zeit war deutlich reduziert. Mit der Verbesserung der respiratorischen
Situation war spekulativ auch eine Optimierung der Schlafstruktur erwartet worden.
Unsere Untersuchungsergebnisse sind im Hinblick auf die Beurteilung der Schlafqualität
aufgrund der geringen Fallzahl jedoch nur sehr eingeschränkt beurteilbar, die erhöhte
Schlafeffizienz sowie der erhöhte Anteil an REM-Schlaf lassen jedoch auf eine Verbesserung
der Schlafqualität schließen.
Von Patienten mit Asthma bronchiale und COPD ist bekannt, dass sie verstärkt unter
Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit und einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit am Tage
leiden [8]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]. Dieser Symptomenkomplex ist pathogenetisch durchaus durch eine gestörte Schlafstruktur
mit einem Mangel an Tief- und REM-Schlaf erklärbar [18]. Es ist demzufolge von großer Relevanz, nachzuweisen, dass es durch einen medikamentös
verbesserten respiratorischen Status auch zu einer Verbesserung der Schlafstruktur,
insbesondere einer Erhöhung des Tiefschlafanteils kommt.
Langwirksame β2-Sympathikomimetika stellen einen elementaren Baustein der antiobstruktiven Therapie
bei Patienten mit Asthma bronchiale und COPD dar [6]
[7]
[9]
[19]. Vor allem Patienten mit im Schlaf auftretenden respiratorischen Beschwerden profitieren
von dem Langzeiteffekt dieser Medikation. In unserer Untersuchung wurden ausschließlich
Patienten mit mittelgradiger COPD eingeschlossen, die am Tage Zeichen der bronchialen
Obstruktion in Form von Giemen, Pfeifen oder Brummen trotz bestehender antiobstruktiver
Therapie aufwiesen. Ein solches Patientenkollektiv wurde bewusst gewählt unter dem
Aspekt der Beurteilung vorbestehender Geräuschphänomene. Bei Patienten mit chronischer
schwergradiger Bronchialobstruktion und einem Lungenemphysem ist die Beurteilung akustischer
Phänomene zweifellos eingeschränkt, da diese Patienten eher selten Auskultationsphänomene
(„silent lung”) aufweisen.
In zukünftigen Untersuchungen wird die Leistungsfähigkeit des Langzeitmonitorings
bronchialer Obstruktionen zu überprüfen sein. Es erscheint offensichtlich, dass das
Verfahren vor allem bei Patienten mit einem Asthma bronchiale und leichter bis mittelgradiger
COPD eine Relevanz haben wird. Möglicherweise ist die Beurteilung von Frequenzspektren
der Atemgeräusche aussagefähiger als die ausschließliche Auflistung von Ereignissen
wie Giemen, Brummen und Pfeifen.
Um die Frage der pathophysiologischen Verknüpfung von Bronchialobstruktionen und Schlafqualität
beantworten zu können, ist die Durchführung von Polysomnographien notwendig. Schlafbezogene
Atmungsstörungen, die wiederum selbst Einfluss auf den Schlaf nehmen können, sollten
sicher erkannt und von der Bewertung ausgeschlossen werden. Es hat sich gezeigt, dass
gerade im Schlaf bedeutsame Interaktionen zwischen kardialem und respiratorischem
System bestehen. Vor allem im Rapid-Eye-Movement-(REM-) Schlaf kann es zu Prozessabläufen
mit einer Desynchronisation von Herz-Kreislauf- und respiratorischen Parametern kommen.
Ob der REM-Schlaf, insbesondere für Asthmatiker und COPD-Patienten, ein vulnerables
Schlafstadium darstellt, ist eine interessante und klärungsbedürftige Fragestellung.