Z Gastroenterol 2003; 41(4): 347-350
DOI: 10.1055/s-2003-38640
Kommentiertes Referat
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Vom Haemoccult® zum Genoccult®?

From Fecal Occult Blood Testing to Genoccult®?H. P. Török1 , J. Glas1 , C. Folwaczny1
  • 1Medizinische Poliklinik und Chirurgische Klinik und Poliklinik, Standort Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität
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Publication Date:
15 April 2003 (online)

Traverso G, Shuber A, Levin B, Johnson C, Olsson L, Schoetz DJ, Hamilton RS, Boynton K, Kinzler KW, Vogelstein B. Detection of APC mutations in fecal DNA from patients with colorectal tumors. New England Journal of Medicine 2002; 346: 311-320

Während in den Frühstadien kolorektaler Karzinome meist eine kurative Tumorresektion erfolgen kann, ist die Prognose in fortgeschrittenen Krankheitsstadien häufig infaust. Eine Senkung der Mortalität könnte vor allem durch eine verbesserte Früherkennung erreicht werden. Die derzeit verfolgten Strategien sind jedoch hierfür nur von begrenztem Nutzen, da ein erheblicher Teil der kolorektalen Neoplasien durch den Haemoccult®-Test nicht erfasst wird (Toribara NW, Sleisenger MH. N Engl J Med 1995; 332: 861-867; Towler B et al. BMJ 1998; 317: 559-565; Young GP et al. Am J Gastroenterol 2002; 97: 2499-2507; Bond JH. Gastrointest Endosc Clin N Am 2002; 12: 11-21; Schmiegel W et al. Z Gastroenterol 2000; 38: 49-75 und Rasmussen M et al. Scand J Gastroenterol 1999; 34: 73-78). Die Koloskopie stellt zwar ein sensitiveres und spezifischeres Verfahren dar (Schmiegel W et al. Z Gastroenterol 2000; 38: 49-75), wird aber zur Früherkennung kolorektaler Karzinome bisher nur von einem geringen Teil der Bevölkerung in Anspruch genommen.

Molekulargenetische Modellvorstellungen zur Karzinogenese kolorektaler Tumoren ordnen der Entwicklung von einer normalen Kolonepithelzelle zu einer Tumorzelle mehrere genetische Veränderungen, u. a. in den Genen K-ras, p53, APC/MCC und DCC, zu (Vogelstein B et al. N Engl J Med 1988; 319: 525-532; Fearon ER, Vogelstein B. Cell 1990; 61: 759-767 und Cho KR, Vogelstein B. Cancer 1992; 70: 1727-1731). Beim sporadischen Kolonkarzinom wurden im Biopsiematerial Mutationen des p53-Tumorsuppressorgens in ca. 70 % und des K-ras-Onkogens in ca. 50 % beschrieben (Vogelstein B et al. N Engl J Med 1988; 319: 525-532; Fearon ER, Vogelstein B. Cell 1990; 61: 759-767; Cho KR, Vogelstein B. Cancer 1992; 70: 1727-1731 und Hahn SA et al. Deutsches Ärzteblatt 1995; 92: B157-163). Ursprünglich haben Fearon und Vogelstein (Cell 1990; 61: 759-767) diese genetischen Veränderungen in einen Zusammenhang mit dem zeitlichen Ablauf kolorektaler Neoplasien zu setzen versucht. In diesem Modell ist die Entwicklung von einer normalen Kolonepithelzelle zum Adenom, Karzinom und schließlich dessen Metastasierung von einer Abfolge genetischer Veränderungen begleitet. Sie wurden ursprünglich als sequenziell angesehen (Vogelstein B et al. N Engl J Med 1988; 319: 525-532 und Fearon ER, Vogelstein B. Cell 1990; 61: 759-767), wobei die Reihenfolge der Mutationen aus ihrer relativen Häufigkeit in den jeweiligen Stadien der Adenom-Karzinom-Sequenz gefolgert wurde. Es hat sich jedoch gezeigt, dass keine Mutation konstant bei allen Formen des sporadischen Kolonkarzinoms vorkommt, so dass offenbar eher die Summe als die Reihenfolge der Veränderungen ausschlaggebend ist (Cho KR et al. Cancer 1992; 70: 1727-1731; Toribara NW et al. N Engl J Med 1995; 332: 861-867; Hahn SA et al. Deutsches Ärzteblatt 1995; 92: B157-163). Die Abfolge einzelner Mutationen kann bei Kolonkarzinomen verschiedener Genese unterschiedlich sein. So sind Mutationen im p53-Gen bei sporadischen Kolonkarzinomen eher ein spätes Ereignis am Übergang vom fortgeschrittenen Adenom zum Karzinom (Vogelstein B et al. N Engl J Med 1988; 319: 525-532; Fearon ER et al. Cell 1990; 61: 759-767; Cho KR et al. Cancer 1992; 70: 1727-1731), während sie bei Patienten mit Colitiskarzinomen früher auftreten können (Brentnall TA et al. Gastroenterology 1994; 107: 369-378). Schließlich wurden in jüngerer Vergangenheit auch alternative molekulare Mechanismen der Entstehung kolorektaler Karzinome beschrieben (Jass JR et al. Gastroenterology 2002; 123: 862-876). Seit Anfang der 90er-Jahre gibt es Ansätze mit dem Ziel, die genannten genetischen Veränderungen in Stuhlproben nachzuweisen, um ein ausreichend spezifisches und sensitives molekulares Testverfahren zu entwickeln, das mittelfristig den Haemoccult®-Test ersetzen könnte.

Priv.-Doz. Dr. Christian Folwaczny

Medizinische Poliklinik und Chirurgische Klinik und Poliklinik, Standort Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität

Nußbaumstr. 20

80336 München

Email: Christian.Folwaczny@medinn.med.uni-muenchen.de

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