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DOI: 10.1055/s-2003-40552
Berufliche Allergien gegen Cellulasen
Occupational Allergies to Cellulases Diese Arbeit ist eine modifizierte Version einer Publikation der Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (erschienen in der 34. Ergänzungslieferung der toxikologisch-arbeitsmedizinischen Begründungen von MAK-Werten, Wiley VCH, 2002).
Dr. rer. nat. Vera van Kampen
BGFA
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: kampen@bgfa.de
Publication History
Publication Date:
15 July 2003 (online)
Zusammenfassung
In den 60er-Jahren, als eine Reihe von beruflich bedingten Asthma- und Rhinitis-Erkrankungen in der Waschmittelproduktion auftrat und diese auf die Exposition gegen die Protease Subtilisin zurückgeführt werden konnten, fiel erstmals das hohe Sensibilisierungspotenzial von Enzymstäuben auf. Wie die hier vorgestellte Auswertung von Literaturdaten zeigt, trifft dies auch auf die in der Biotechnologie häufig eingesetzten, in der Regel aus Pilzen stammenden Cellulasen zu. Durch eine größere Zahl von Studien sind Fälle von spezifischer Überempfindlichkeit der Atemwege oder der Lunge durch Cellulasen gut belegt. Da Symptome, Hauttestergebnisse, der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und die Ergebnisse spezifischer Provokationstests in der Regel gut übereinstimmen, scheint ein immunologischer Wirkmechanismus gesichert.
#Abstract
In the 1960 s an increasing number of occupational allergies in the detergent industry against the proteolytic enzyme Subtilisin were observed. In this context the high sensitization potential of enzyme dusts attracted attention. The present evaluation of literature data confirms that this is also true for cellulases. These enzymes - mostly of fungal origin - are frequently used in biotechnology. Several cases of specific airway sensitization caused by cellulases are verified by a number of studies. As symptoms, results of skin prick tests, detection of specific IgE-antibodies and results of specific bronchoprovocation tests are consistent, an immunologic mechanism seems to be confirmed.
#Einleitung
Cellulasen (EC 3.2.1.4), die zur enzymatischen Hydrolyse von Cellulose eingesetzt werden, bestehen aus mindestens drei Enzymsystemen, die synergistisch zusammenarbeiten. Endo-beta(1,4)-glucanasen hydrolysieren niedrigkristalline natürliche Cellulose und produzieren freie Kettenenden. Exo-beta(1,4)-glucanasen bauen Cellulose an den Kettenenden ab und setzen somit Cellobiose frei, die durch beta(1,4)-Glucosidase zu Glucose abgebaut wird. Als Stützsubstanz in allen pflanzlichen Geweben ist Cellulose die mengenmäßig am weitesten verbreitete organische Verbindung und ist häufig zusammen mit anderen Gerüstsubstanzen wie Lignin oder Hemicellulosen anzutreffen. Cellulasen werden - oft in Kombination mit Amylasen oder Hemicellulasen - vor allem in der Lebensmittelindustrie z. B. als Backmittelzusatz, bei der Fruchtsaft- und Getränkeherstellung und bei der Spirituosenherstellung verwendet. In Kombination mit anderen Enzymen werden sie auch bei der Weinherstellung (Cellulasen unterstützen die Extraktion von erwünschten Substanzen wie Tanninen und Aromen aus den Traubenschalen), als Futterzusatz (bessere Verwertung der Futtermittel), in Wasch- und Reinigungsmitteln, in der Papierindustrie und in großem Umfang bei der Textilverarbeitung eingesetzt, z. B. bei der Gewebebehandlung des blauen Denims, aus dem Jeans angefertigt werden.
Die wichtigsten cellulaseproduzierenden Organismen sind Schimmelpilze der Gattungen Aspergillus, Trichoderma, Penicillium und Fusarium.
#Literaturauswertung
Mithilfe geeigneter Stichwörter in sinnvoller Kombination wurden die Abstracts infrage kommender Veröffentlichungen in einer Datenbank (MEDLINE) gefunden. Uns im Original zugängliche relevante Publikationen über Studien zur sensibilisierenden Wirkung von Cellulasen wurden hinsichtlich der klinischen Daten ausgewertet. Erfasst wurden neben der Zahl der exponierten Personen die Prävalenzen der einzelnen Symptome bzw. Diagnosen. Darüber hinaus wurde festgehalten, mit welchen Methoden (Hauttest, Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper; Provokationstest) und unter Verwendung welcher Testlösungen eine auf Cellulasen zurückzuführende Sensibilisierung diagnostiziert wurde.
#Ergebnisse
Die Auswertung der Literatur zeigt, dass Cellulasen ebenso wie vielen anderen Enzymen ein hohes Sensibilisierungspotenzial zukommt (Übersicht bei Baur u. Mitarb. [1]). Neben der atemwegssensibilisierenden Wirkung wurden in einigen Fällen auch Hautsensibilisierungen durch cellulasehaltige Produkte beschrieben.
#Hautsensibilisierende Wirkung
Bei 4 Beschäftigten traten nach 0,5- bis 4-jähriger Exposition gegen Cellulase - 2 von ihnen waren zusätzlich gegen Xylanase exponiert - zunächst allergische Reaktionen an der Haut in Form von Kontakturtikaria auf, denen später Rhinitis und Asthma folgten. Im Pricktest reagierte ein Patient positiv auf 0,01 % Cellulase, zwei Patienten positiv auf 0,001 % Cellulase und Xylanase und ein Patient nur auf 0,01 % Xylanase. Je einer der Patienten reagierte auch im 48-stündigen Epikutantest nach 48 und 96 Stunden deutlich positiv auf 0,33; 1 und 3,3 % Cellulase bzw. Xylanase in Vaseline, wobei die Reaktionen direkt nach Abnahme der Testpflaster einen urtikariellen Anteil aufwiesen. Die parallel untersuchten 20 Kontrollpersonen zeigten keine Reaktion auf die 3,3 %igen Zubereitungen [2] [3].
Eine Patientin entwickelte eine Woche nach Einnahme mehrerer Medikamente, darunter auch eine cellulasehaltige Zubereitung, einen generalisierten erythematösen Pruritus. Es zeigte sich ein vesikulär-exsudatives Erscheinungsbild und schließlich ein ausgeprägtes und schuppendes generalisiertes Erythem. Im Epikutantest mit der Enzymzubereitung sowie mit Cellulase und Amylase traten nach 48 und 96 Stunden wenig ausgeprägte papulovesikuläre Reaktionen auf. Kontrollpersonen zeigten keine Reaktion. Im Pricktest war bei der Patientin weder nach 20 Minuten noch nach 48 Stunden eine Reaktion festzustellen [4].
Auch Jolanki u. Mitarb. [5] sowie Kanerva u. Mitarb. [6] [7] nannten in Übersichtsarbeiten den beruflichen Kontakt mit Cellulase ohne nähere Dokumentation als Ursache von Kontakturtikaria.
#Atemwegssensibilisierende Wirkung
Einen zusammenfassenden Überblick über die Ergebnisse der Literaturauswertung hinsichtlich der atemwegssensibilisierenden Wirkung von Cellulasen sowie Angaben über die verwendeten Testextrakte - soweit sie aus den Originalarbeiten hervorgehen - gibt Tab. [1].
Literatur | Zahl der Untersuchten | arbeitsplatzbezogene Symptome bzw. klinische Diagnosen | Nachweismethode | ||
Pricktest (Testkonz.) | spezif. IgE-Antikörper (Methode) | bronchiale Provokation (Testkonz.) | |||
3 | 4 | bei 3/4 Asthma, bei 2/4 Rhinitis, bei 4/4 Urtikaria, bei 2/4 Dermatitis | positiv bei 3/4 (0,01 % oder 0,001 % in Coca-Lösung/Glycerin, 1 : 1) | bei 4/4 positiv (RAST) | - |
7 | 1 | Rhinitis, Hautsymptome | positiv (0,1 mg/ml in Coca-Glycerin-Lösung*)) | positiv (RAST) | - |
8 | 1 | Atemwegsbeschwerden, Husten, Rhinitis, Konjunktivitis | positiv (1 : 10 in physiologischer Kochsalzlösung) | positiv (RAST, Klasse 3) | - |
9 | 2 | bei beiden Atemwegsbeschwerden, Husten, Rhinitis | positiv bei 2/2 (10 % in PBS, pH 7,3) | bei 2/2 positiv (REIA) | positiv bei 2/2 (0,5 mg in 99,5 mg Laktose) |
10 | 5 | bei 5/5 Atemwegsbeschwerden, Rhinitis, Konjunktivitis | positiv mit Cellulase-Extrakt (3,2 mg/ml in PBS*), 1 : 10 verdünnt) bei 4/5 | bei 4/5 positiv (REIA) | positiv bei 4/4 (3,2 mg/ml in PBS, 1 : 400, 1 : 1000, 1 : 10 000 bzw. 1 : 1 000 000 verdünnt) |
11 | 1 | Atemnot, Husten | positiv (1 : 10 in PBS/Glycerin) | positiv (ELISA) | positiv (2,5 mg/ml) |
12 | 11 | 8 × Atemwegsbeschwerden, 6 x Rhinitis, 1 × Konjunktivitis, 3 × Hautsymptomatik | positiv bei 10/11 (50 µg/ml in Coca-Glycerin-Lösung*)) | bei 8/11 positiv (RAST) | Symptome bei 11/11 (4 × 30 mg, 4 × 300 mg, 2 × 3 g sowie 1 × 10 g, jeweils in 100 g Laktose) |
13 | 1064 | bei 5,3 % Asthma, bei 3 % Rhinitis, bei 0,6 % Urtikaria | - | bei 4 % von 284 positiv (RAST) | - |
14 | 171 | bei allen „allergische Atemwegssymptome” | - | bei 22/171 (13 %) positiv (EAST) | - |
15 | 365 | Symptomatik bei 57/365 (davon bei 85 % Rhinitis); Atemwegsbeschwerden bei 5 % von 153; Konjunktivitis oder Hautsymptomatik bei 4 % von 153 und 3 % von 150 | positiv bei 3/365 (50 µg/ml in Coca-Glycerin-Lösung*)) | - | - |
16 | 342 | bei 16 % Atemwegsbeschwerden, bei 19 % Rhinitis oder Augensymptomatik | positiv bei 51/342 (1 mg/ml) | 95 %ige Korrelation von spezifischem IgE (RAST) und positivem Prick-Test | - |
Eine Atemwegsallergie gegen Cellulase wurde erstmals 1981 bei einem Laborangestellten beschrieben. Der 29-jährige Mann klagte über Husten, Rhinitis, Konjunktivitis und Atemwegsbeschwerden beim beruflichen Umgang mit Cellulase. Im Pricktest mit gelöstem Cellulase-Pulver zeigte der Patient neben einer deutlichen Hautreaktion auch rhinitische Beschwerden und tränende Augen. IgE-Antikörper gegen Cellulase konnten mittels Radio Allergo Sorbent Test (RAST) nachgewiesen werden [8].
Zwei Beschäftigte eines pharmazeutischen Betriebes in Spanien, in dem Cellulase-Pulver aus Aspergillus niger bei der Herstellung eines verdauungsfördernden Medikaments eingesetzt wurde, klagten über arbeitsplatzbezogene Symptome wie Atemwegsbeschwerden, Rhinitis und Husten, die sich am Wochenende und während des Urlaubs deutlich besserten. Im Pricktest mit der betriebseigenen Cellulase zeigten beide Personen eine positive Reaktion. Bei 15 exponierten asymptomatischen Personen, 15 nichtexponierten Atopikern und 15 nichtexponierten Nichtatopikern lieferte der Hauttest ein negatives Ergebnis. Cellulase-spezifische IgE-Antikörper konnten bei beiden Beschäftigten mittels Radio Enzyme Immuno Assay (REIA; modifizierter RAST) nachgewiesen werden, wobei die Spezifität im REIA-Inhibitionstest bestätigt wurde; in einem Fall wurde ein Prausnitz-Küstner-Test mit ebenfalls positivem Ergebnis durchgeführt. Der bronchiale Provokationstest wurde mithilfe eines atemgesteuerten Kapselinhalators durchgeführt. Die verwendeten Kapseln enthielten 100 mg Laktose oder ein Gemisch aus 99,9 mg Laktose und 0,1 mg Cellulase bzw. 99,5 mg Laktose und 0,5 mg Cellulase. Bei beiden Patienten führte die Inhalation von 0,5 mg Cellulase zu einer Sofortreaktion mit einem signifikanten Abfall des forcierten exspiratorischen Volumens in der ersten Sekunde (FEV1), während neun Kontrollpersonen keine Reaktion zeigten [9].
Tarvainen u. Mitarb. [3] berichten über vier finnische Beschäftigte biotechnologischer Laboratorien, die nach beruflicher Cellulase-Exposition unter Atemwegsbeschwerden und Hautsymptomen litten. Zwei der Beschäftigten waren zusätzlich gegen Xylanase exponiert. Im Pricktest zeigten drei der vier Untersuchten eine deutlich positive Reaktion gegen Cellulase; 20 nichtexponierte Kontrollpersonen reagierten nicht. Mittels RAST konnten im Serum aller vier Patienten cellulasespezifische IgE-Antikörper nachgewiesen werden. Die Spezifität der Antikörper wurde mittels RAST-Inhibitionstest überprüft. Mithilfe dieser Methode wurde eine Kreuzreaktion zwischen Cellulase und der Hemicellulase Xylanase ermittelt. Bei drei der Patienten wurde aufgrund der Symptome, eines hyperreaktiven Bronchialsystems und aufgrund des Abfalls des exspiratorischen Spitzenflusses (PEF) bei beruflicher Exposition ein beruflich bedingtes Bronchialasthma diagnostiziert.
Fünf Bäckereiangestellte klagten nach dem Kontakt mit einem α-Amylase- und cellulasehaltigen Backmittelzusatz über Rhinitis, Konjunktivitis und Atemnot. Die Cellulase stammte dabei aus Aspergillus niger. Über Beschwerden beim Verzehr von Brot oder Brotprodukten klagte jedoch keine der Personen. Die Zeit zwischen Berufsbeginn und dem Auftreten der ersten Symptome variierte zwischen 1 und 33 Jahren. Im Pricktest mit Cellulase-Extrakt zeigten 4 der 5 Getesteten eine positive Reaktion. Im Vergleich dazu ergab sich bei 15 atopischen nichtexponierten sowie bei 15 nichtallergischen Personen mit beiden Enzymen im Hauttest keine Reaktion. Spezifische IgE-Antikörper gegen Cellulase konnten mittels REIA bei 4 der 5 Patienten nachgewiesen werden. Eine Kreuzreaktion zwischen Cellulase und α-Amylase konnte im Inhibitionstest nicht gefunden werden. Im bronchialen Provokationstest reagierte je einer der vier untersuchten Personen auf die Exposition gegen den Cellulase-Extrakt (1 : 400, 1 : 1000, 1 : 10.000 bzw. 1 : 1.000.000) mit einem signifikanten FEV1-Abfall, wobei es sich in drei Fällen um eine Sofortreaktion und in einem Fall um eine duale Reaktion handelte. Alle vier Patienten reagierten auch auf α-Amylase und drei von ihnen auf Weizenmehlstaub. Provokationstests bei zehn nichtexponierten asthmatischen Personen waren in allen Fällen negativ [10].
Ein 38-jähriger Beschäftigter in der Stärkeherstellung entwickelte neben einer Rhinitis deutliche Hautsymptome an den Unterarmen. Im Pricktest mit Cellulase zeigte der Mann eine deutliche Reaktion, nicht aber auf die übrigen getesteten Enzyme (α-Amylase, Phytase, Lipase, Xylanase, Protease). Außerdem zeigten 20 Kontrollpersonen im Pricktest mit der Cellulase-Zubereitung ein negatives Ergebnis. Im Serum des Probanden konnten mittels RAST spezifische IgE-Antikörper gegen Cellulase nachgewiesen werden [7].
Bei einem 23-jährigen koreanischen Textilarbeiter, der über Husten und Atemwegsbeschwerden nach dem Umgang mit Cellulase-Pulver klagte, trat im Pricktest mit einem Cellulase-Extrakt eine positive Reaktion auf, während je zehn atopische und nicht-atopische, nichtexponierte Personen keine Reaktion im Hauttest zeigten. Mittels Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay (ELISA) konnten sowohl spezifische IgE- als auch IgG4-Antikörper gegen Cellulase detektiert werden. Die Spezifität der Antikörper wurde durch die entsprechenden Inhibitionstests bestätigt. Der bronchiale Provokationstest mit Cellulase führte in einer Sofortreaktion zu einem signifikanten FEV1-Abfall, wodurch die Diagnose eines beruflich bedingten Asthmas durch Cellulase-Staub bei diesem Beschäftigten bestätigt wurde [11].
In einer neueren Publikation wurde über elf Cellulase-Sensibilisierte berichtet, die in der Enzymproduktion oder in Laboratorien beschäftigt waren. Alle klagten über Atemwegsbeschwerden oder Rhinitis nach dem Umgang mit Cellulase. Auf Cellulase aus Trichoderma reesei reagierten 10 der 11 Getesteten im Pricktest positiv. Cellulasespezifische IgE-Antikörper konnten mittels RAST bei acht der elf Personen nachgewiesen werden. Im bronchialen Provokationstest mit einem Cellulase-Laktose-Gemisch wurden aufsteigende Cellulase-Mengen (30 mg, 300 mg, 3 g, 10 g; jeweils vermischt mit 100 g Laktose) über einen Zeitraum von jeweils 30 Minuten eingesetzt. Bei Verwendung von 30 mg Cellulase wurden bei zwei Messungen in der Luft des 6 m3 großen Expositionsraumes Cellulase-Konzentrationen von 1 und 6 µg/m3 ermittelt. Die Provokation mit dem 300 mg Cellulase enthaltenen Gemisch führte zu Cellulase-Konzentrationen von 25 und 140 µg/m3. Alle elf Patienten zeigten im Verlauf der arbeitsplatzbezogenen Cellulase-Exposition Symptome wie Rhinitis und Atemwegsbeschwerden [12].
In einer retrospektiven Follow-up-Studie wurden die Daten von 1064 in der Enzymproduktion tätigen und gegen zahlreiche Enzyme exponierten Personen ausgewertet. Innerhalb der ersten 3 Jahre der Tätigkeit fanden sich bei 5,3 % der Beschäftigten asthmatische Beschwerden, bei 3 % rhinitische Beschwerden und bei einigen auch Urtikaria in Verbindung mit der Enzymstaubexposition am Arbeitsplatz. Spezifische IgE-Antikörper gegen cellulase wurden mittels RAST bei 4 % von 284 Untersuchten nachgewiesen [13].
Alle 171 in einer retrospektiven Studie von 1992 bis 1997 untersuchten symptomatischen Bäcker klagten über Atemwegsbeschwerden, z. T. über Rhinitis und Konjunktivitis beim Umgang mit enzymhaltigen Backmitteln. Mittels Enzym Allergo Sorbent Test (EAST) konnten in 22 (13 %) der 171 asservierten Seren cellulasespezifische IgE-Antikörper nachgewiesen werden [14].
In einer 1996 publizierten finnischen Querschnittstudie wurden 365 Mitarbeiter von fünf Backbetrieben und einer Mühle hinsichtlich berufsbedingter Enzymallergien untersucht. Arbeitsplatzbezogene Symptome, zumeist Rhinitis, seltener Atemwegsbeschwerden, Konjunktivitis oder Urtikaria gaben 57 (16 %) der Beschäftigten an. Auf Cellulase aus Trichoderma reesei reagierten im Pricktest 0,8 % (3/365) der Untersuchten. Mittels RAST wurden bei diesen Patienten jedoch keine positiven Befunde ermittelt [15].
In einer 1998 durchgeführten Untersuchung in einer modernen europäischen Waschmittelfabrik wurden die Informationen zum Gesundheitszustand und zu berufsbedingten Symptomen bei 350 Mitarbeitern mittels Fragebogen erfasst. Von den 342 im Pricktest untersuchten Beschäftigten gaben 54 Personen (16 %) arbeitsplatzbezogene Beschwerden an. Im Pricktest reagierten 90 Beschäftigte (26 %) auf mindestens eines der getesteten Enzyme (α-Amylase, Cellulase, Protease) positiv, davon 51 Personen (15 %) auf 1 mg/ml Cellulase mit guter Korrelation (95 %) zum Nachweis von spezifischem IgE mittels RAST [16]. Von besonderem Interesse ist die Aussage der Autoren, dass - obwohl in dieser Fabrik ausschließlich verkapselte Enzyme Verwendung fanden - die Prävalenz der Enzymsensibilisierungen noch ähnlich hoch war wie in den 60er-Jahren. Dies gibt einen Hinweis darauf, dass die Kapselung der Enzyme als alleinige Präventionsmaßnahme nicht ausreichend ist.
#Schlussfolgerung
Durch eine größere Zahl von Studien aus verschiedenen Ländern sind Fälle von spezifischer Überempfindlichkeit der Atemwege oder der Lunge durch die in der Regel aus Pilzen stammenden Cellulasen gut belegt. Da Symptome, Hauttestergebnisse, der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und die Ergebnisse spezifischer Provokationstests in der Regel gut übereinstimmen, scheint ein immunologischer Wirkmechanismus gesichert. Außerdem sind auch urtikarielle Sofortreaktionen der Haut durch Kontakt mit Cellulasen möglich. Eindeutige Hinweise auf eine zellvermittelte kontaktallergene Wirkung liegen nicht vor.
#Literatur
- 1 Baur X, Sander I, Kampen V van. Aerogene Enzyme sind aggressive berufliche Inhalationsallergene. Dtsch Med Wochenschr. 2000; 125 912-917
- 2 Kanerva L, Tarvainen K. Allergic contact dermatitis and contact urticaria from cellulytic enzymes. Am J Contact Dermatitis. 1990; 1 244-245
- 3 Tarvainen K, Kanerva L, Tupasela O. et al . Allergy from cellulase and xylanase enzymes. Clin Exp Allergy. 1991; 21 609-615
- 4 Del Pozo M D, Navarro J A, Gastaminza G. et al . Delayed systemic dermatitis from amylase, cellulase, and protease. Am J Contact Dermatitis. 1995; 6 9-12
- 5 Jolanki R, Estlander T, Kanerva L. Occupational dermatoses among laboratory assistants. Contact Dermatitis. 1999; 40 166-168
- 6 Kanerva L, Toikkanen J, Jolanki R. et al . Statistical data on occupational contact urticaria. Contact Dermatitis. 1996; 35 229-233
- 7 Kanerva L, Vanhanen M, Tupasela O. Occupational contact urticaria from cellulase enzyme. Contact Dermatitis. 1998; 38 176-177
- 8 Ransom J H, Schuster M. Allergic reactions to enzymes used in plant cloning experiments. J Allergy Clin Immunol. 1981; 67 412-415
- 9 Losada E, Hinojosa M, Moneo I. et al . Occupational asthma caused by cellulase. J Allergy Clin Immunol. 1986; 77 635-639
- 10 Quirce S, Cuevas M, Diez-Gomez M. et al . Respiratory allergy to Aspergillus-derived enzymes in bakers' asthma. J Allergy Clin Immunol. 1992; 90 970-978
- 11 Kim H Y, Nahm D H, Park H S. et al . Occupational asthma and IgE sensitization to cellulase in a textile industry worker. Ann Allergy Asthma Immunol. 1999; 82 174-178
- 12 Vanhanen M, Tuomi T, Tupasela O. et al . Cellulase allergy and challenge tests with cellulase using immunologic assessment. Scand J Work Environ Health. 2000; 26 250-256
- 13 Johnsen C R, Sorensen T B, Ingemann Larsen A. et al . Allergy risk in an enzyme producing plant: a retrospective follow up study. Occup Environ Med. 1997; 54 671-675
- 14 Sander I, Raulf-Heimsoth M, Siethoff C. et al . Allergy to Aspergillus-derived enzymes in the baking industry: identification of beta-xylosidase from Aspergillus niger as a new allergen (Asp n 14). J Allergy Clin Immunol. 1998; 102 256-264
- 15 Vanhanen M, Tuomi T, Hokkanen H. et al . Enzyme exposure and enzyme sensitisation in the baking industry. Occup Environ Med. 1996; 53 670-676
- 16 Cullinan P, Harris J M, Newman Taylor A J. et al . An outbreak of asthma in a modern detergent factory. Lancet. 2000; 356 1899-1900
Dr. rer. nat. Vera van Kampen
BGFA
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: kampen@bgfa.de
Literatur
- 1 Baur X, Sander I, Kampen V van. Aerogene Enzyme sind aggressive berufliche Inhalationsallergene. Dtsch Med Wochenschr. 2000; 125 912-917
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Dr. rer. nat. Vera van Kampen
BGFA
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Email: kampen@bgfa.de