Einleitung
Einleitung
Zur Behandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen ist die Inhalation von Wirkstoffen
heute die Methode der Wahl [1 ]. Das Stufenschema zur Behandlung des Asthma bronchiale wird bis zur dritten Stufe
von inhalativ anzuwendenden Medikamenten geprägt [2 ]. Effektivität und Sicherheit dieser Applikationsform sind unbestritten.
Dies gilt auch für die obstruktiven Atemwegserkrankungen im Kindesalter. Sowohl die
regelmäßig anzuwendende anti-entzündliche Behandlung, als auch die bronchialerweiternde
Akuttherapie erfolgen in aller Regel per Inhalation (z. B. [3 ]). Zwei Techniken konkurrieren in dieser Altersgruppe miteinander: Neben der Feuchtinhalation
per Vernebler ist die Inhalation eines Dosieraerosols über eine Vorschaltkammer üblich.
Für beide Verfahren ist belegt, dass Partikel mit einem mittleren Massendurchmesser
von weniger als 5 µm in einem hohen Prozentsatz bereitgestellt werden, dass radioaktiv
markierte Aerosole in der Lunge deponiert werden und dass die Anwendung, gemessen
an klinischen Kriterien, effektiv ist [4 ].
Obwohl also an der Wirksamkeit der Inhalationstherapie auch vor dem Schulalter grundsätzlich
keine Zweifel bestehen, lässt sich beim einzelnen Patienten im klinischen Alltag der
Erfolg einer Inhalation mit einer definierten Wirkstoffmenge nicht sicher vorhersagen.
Vielmehr ist die Geschwindigkeit des Ansprechens, die notwendige Gesamtdosis an bronchialerweiternden
Medikamenten, der Bedarf an systemischen Steroiden in der Akuttherapie und das Ausmaß
von Nebenwirkungen bei Patienten einer Altersgruppe mit ähnlichen Beschwerden oft
sehr unterschiedlich.
Erklärt werden könnten diese Unsicherheiten beim Ansprechen auf inhalierte Wirkstoffe
möglicherweise durch die geringe Vorhersagbarkeit der Wirkstoffkonzentration in den
Bronchien [5 ]. Hinweise dafür liefert unter anderem eine große Studie zum Einsatz von hochdosierten
Tobramycin-Inhalationen bei CF-Patienten. In Sputumproben, die 10 min nach Inhalation
von 300 mg Tobramycin gewonnen wurden, fanden sich Wirkstoffkonzentrationen von weniger
als 20 bis zu 8085 µg Tobramycin pro Gramm Sputum [6 ].
Erkenntnisse zur Lungendeposition inhalierter Medikamente im Kleinkindalter basieren
üblicherweise auf klinischen Parametern [7 ], auf der Messung von Wirkstoffkonzentrationen im Urin [8 ], im Blut [9 ], im Sputum [6 ] und in Filtern [10 ] oder auf Radioaerosol-Techniken [4 ]. All diese Untersuchungsmethoden liefern indirekte Hinweise für die an der Bronchialschleimhaut
zur Verfügung stehende Menge des verabreichten Medikamentes. Inhalt der vorliegenden
Untersuchung war es, die Konzentration von inhalativ verabreichtem Salbutamol direkt
am vorgesehenen Wirkort, d. h. in der bronchialen Lavage-Flüssigkeit, zu messen. Im
Einzelnen wollten wir damit der Frage nachgehen,
ob sich die Salbutamol-Konzentration in der bronchialen Lavage-Flüssigkeit nach Inhalation
mit Vernebler gegenüber Dosieraerosol unterscheidet;
ob Salbutamol beim einzelnen Patienten möglicherweise ungleichmäßig zwischen rechter
und linker Lunge deponiert wird;
ob eine der beiden Inhalationstechniken in einer bestimmten Altersgruppe zu höheren
Wirkstoffkonzentrationen am Wirkort führt.
Das Ziel der Untersuchung bestand darin, eine Empfehlung zur Inhalationstechnik und
-dosis im Säuglings- und Kleinkindalter in Abhängigkeit vom Alter abzuleiten.
Material und Methoden
Material und Methoden
Übersicht
Untersucht wurden Patienten, bei denen aus klinischen Gründen eine Bronchoskopie vorgesehen
war. Direkt vor der Untersuchung inhalierten die Kinder nach Randomisierung die jeweils
empfohlene Maximaldosis Salbutamol entweder über einen Vernebler oder als Dosieraerosol
mit Vorschaltkammer. Während der nachfolgenden Bronchoskopie wurde eine Bronchiallavage
im Mittellappen und im linken Unterlappen durchgeführt. In der Spülflüssigkeit wurde
die Konzentration von Salbutamol per high precision liquid chromatography gemessen.
Die Studie wurde von der Ethikkommission der Ruhr-Universität Bochum genehmigt.
Studienpopulation
In die Studie wurden Patienten der Universitäts-Kinderklinik Bochum zwischen Geburt
und Ende des sechsten Lebensjahres aufgenommen, bei denen zur Abklärung von Beschwerden
an den unteren Atemwegen unabhängig von der Studie eine Bronchoskopie durchgeführt
werden sollte. Einschlusskriterien waren persistierender Husten und/oder Auswurf und/oder
Tachydyspnoe zur Abklärung. Ausschlusskriterium war die Anwendung langwirksamer β2 -Mimetika und die Notwendigkeit, Salbutamol während der letzten 12 Stunden vor der
Bronchoskopie zu inhalieren.
Die Eltern der infrage kommenden Patienten wurden schriftlich über die Studie informiert.
Im Fall des elterlichen Einverständnisses wurden zur Charakterisierung der Kinder
per Fragebogen und aus den Patientenakten die folgenden Daten erhoben: Alter, Geschlecht,
Zeit zwischen Inhalation und Spülung, Anteil der zurückgewonnenen Spülflüssigkeit,
abschließende Diagnose.
Per Zufallszahlen (Microsoft Excel® 2000, Deutschland) erfolgte eine Randomisierung
in eine Gruppe von Kindern, die über Vernebler inhalierte (NEB) und in eine zweite
Gruppe, die Dosieraerosol über eine Vorschaltkammer inhalierte (MDI).
Inhalation
Die Inhalation erfolgte unmittelbar vor der Sedierung zur Bronchoskopie. Um einheitliche
Ausgangsbedingungen zu gewährleisten, inhalierten alle Kinder unter Verwendung weicher,
runder Silikonmasken. Die Größe der Masken wurde so gewählt, dass der Rand dem Gesicht
dicht auflag und Mund und Nase, nicht aber die Augen, einschloss. Als Dosierung wurde
die vom Pharmahersteller jeweils als Maximaldosis für die Akuttherapie von Kleinkindern
empfohlene Menge Salbutamol gewählt. Ein Elternteil und einer der Untersucher (H.W.)
unterstützten die Inhalation.
Die Probanden der NEB-Gruppe inhalierten mit dem Pari Turboboy®, ausgestattet mit
dem Pari LC plus® Vernebler (Fa. Pari, Starnberg). Die Kinder dieser Gruppe erhielten
2000 µg Salbutamol (= 8 Tropfen = 0,4 ml Sultanol®-Lösung, Glaxo Wellcome, Bad Oldesloe),
verdünnt mit 1,6 ml physiologischer Kochsalzlösung.
Die andere Gruppe, im Folgenden als MDI-Gruppe bezeichnet, inhalierte 200 µg Salbutamol
(= 2 Hübe) als Dosieraerosol (Sultanol®, Glaxo Wellcome, Bad Oldesloe) über eine Vorschaltkammer
(Babyhaler®, Glaxo Wellcome, Bad Oldesloe) mit Silikonmaske. Nach Schütteln des Kanisters
und Aufsetzen der Maske auf das Gesicht des Kindes wurde der erste Hub in die Vorschaltkammer
gesprüht. Zehn Atemzüge lang atmete das Kind aus der Vorschaltkammer. Zwischen Inhalation
des ersten und des zweiten Sprühstoßes hielten wir einen zeitlichen Abstand von 3
Minuten ein.
Bronchoskopie
Nach der Inhalation wurden die Kinder aus beiden Probandengruppen mit Pethidin (1
bis 1,5 mg/kg) und Midazolam (0,1 bis 0,3 mg/kg, fraktioniert) sediert. Als Bronchoskop
wurde das flexible Instrument der Firma Olympus mit einem Außendurchmesser von 3,7
mm verwendet (BF 3C20, Fa. Olympus, Hamburg). Die Bronchoskopie selbst begann ca.
10 min nach der Inhalation. Zunächst wurde die Bronchialschleimhaut inspiziert. Der
Grad der Entzündung der Schleimhaut wurde anhand eines semiquantitativen Scores unter
Berücksichtigung von Erythem, Ödem und Sekretion (jeweils „0” für nicht vorhanden
bis „3” für maximale Ausprägung) festgestellt [11 ] (Tab. [1 ]).
Tab. 1 Semiquantitativer Score zur Erfassung entzündlicher Veränderungen der Bronchialschleimhaut
(nach M. Roth u. Mitarb. [11 ]). Durch Addition der Punkte für jedes der drei Kriterien ergibt sich „0” für „keine
Entzündung” bis „9” für „maximale entzündliche Veränderungen”
0
1
2
3
Erythem
kein
hellrot
rot
fleischfarben
Ödem
kein
Verlust von Struktur
stumpfe Bifurkation
Verengung
Sekretion
keine
Spuren
Schleimtröpfchen
Schleimpfropf
Danach wurde bei allen Kindern an zwei Stellen der Lunge eine Bronchiallavage mit
physiologischer Kochsalzlösung durchgeführt, zum einen links im Unterlappen, zum anderen
rechts im Mittellappen. Das Bronchoskop wurde dabei in dem jeweils zuführenden Bronchus
so weit vorgeschoben, bis die Spitze des Bronchoskops ringsum dicht mit der Schleimhaut
abschloss (wedge position). Durch den Arbeitskanal des Bronchoskops wurden dann einmalig
1 ml physiologische Kochsalzlösung je Kilogramm Körpergewicht des Probanden in den
betreffenden Lungenabschnitt verabreicht. Ohne zeitliche Verzögerung wurde die Spülflüssigkeit
manuell mit der Spritze wieder zurückgewonnen und die Recovery bestimmt. Im Mittel
lag der zurückgewonnene Anteil bei 17,8 % (für den Unterlappen bei der MDI-Gruppe)
bis 25,5 % (für den Mittellappen bei der NEB-Gruppe) mit einer Spannweite von 1 bis
65 % (Tab. [2 ]). Je ca. 1,2 ml der Spülflüssigkeit aus dem linken Unterlappen und dem Mittellappen
wurden für die HPLC-Untersuchung getrennt in Eppendorfhütchen abgefüllt und bis zur
Untersuchung für maximal acht Wochen bei -20 °C gelagert.
Tab. 2 Charakterisierung der beiden Probandengruppen, die in der Studie per Vernebler (NEB)
oder Dosieraerosol (MDI) inhalierten
Variable
NEB
MDI
Statistik
Probandenzahl (Anzahl)
29
20
--
Mädchen/Jungen (Anzahl [Anteil])
14/15 (48 %/52 %)
8/12 (40 %/60 %)
--
Größe (in cm, Median [Spannweite])
80 (51 - 118)
79 (60 - 114)
p = 0,35
Gewicht (in kg, Median [Spannweite])
11,6 (5,2 - 24,7)
9,9 (6,0 - 22,6)
p = 0,35
Alter (in Jahren, Median [Spannweite])
1 ,5 (0,2 - 5,9)
2,1 (0,3 - 6,1)
p = 0,31
Entzündungsscore (Median [Spannweite])
3,5 (0 - 8)
4 (1 - 8)
p = 0,28
Zeit zwischen Inhalation und Lavage (in Minuten, linker Unterlappen, Median [Spannweite])
15 (8 - 35)
16,5 (8 - 42)
p = 0,28
Zeit zwischen Inhalation und Lavage (in Minuten, Mittellappen, Median [Spannweite])
16 (9 - 36)
17,5 (10 - 35)
p = 0,29
Recovery (Anteil, linker Unterlappen, Median [Spannweite])
19 (1 - 65)%
17,8 (1 - 51)%
p = 0,24
Recovery (Anteil, Mittellappen, Median [Spannweite])
25,5 (10 - 58)%
21 (3 - 51)%
p = 0,11
Messung der Salbutamol-Konzentration
Die Konzentration des in der Spülflüssigkeit vorhandenen Salbutamol wurde im Labor
für Analytik und Metabolismusforschung Service GmbH (Bergheim) mittels high precision
liquid chromatography (HPLC) bestimmt.
Bei diesem Verfahren wird das zu trennende Substanzgemisch (mobile Phase, Eluensflüssigkeit)
mittels einer Pumpe über ein System aus Filtern und Ventilen in die HPLC-Säule getrieben,
die mit Kieselgel gefüllt ist. Aufgrund der stark lipophilen Eigenschaft des Gels,
wird hier das zu untersuchende Salbutamol zusammen mit anderen lipophilen Stoffen
abgefangen, während die restliche Lösung die Säule passiert und verworfen wird.
Im zweiten Arbeitsschritt werden die gebundenen lipophilen Stoffe mit Azetonitril
wieder aus dem Kieselgel gelöst und über eine Weiche dem Tandem-Massenspektrometer
zugeführt. In diesem wird die Flüssigkeit zunächst mit Stickstoff versprüht, die Tröpfchen
dann bei 500 °C verdampft und der Dampf anschließend mit einer Spannung von 5000 V
ionisiert, um die Teilchen im Magnetfeld der Anlage zu beschleunigen. Das Substanzgemisch
erreicht das erste Massenspektrometer, in dem alle Teilchen mit einem Molekulargewicht
ungleich dem von Salbutamol (240 Dalton) herausgefiltert werden. Die verbleibenden
Teilchen passierten eine mit Argon gefüllte Kammer, in der alle Moleküle unter Einfluss
des Argons in Bruchstücke zerfallen. Aus dem Salbutamol entsteht so ein Molekülrest
mit einer Größe 166 Dalton. Im zweiten Massenspektrometer wird jetzt dieser Molekularrest
selektiert und dessen Ladung im Detektor gemessen. Aus der gemessenen Ladung kann
die Konzentration der Originalprobe errechnet werden. Parallel zum Salbutamol wurde
Terbutalin als interner Standard gemessen.
Die Lavage-Flüssigkeit aus rechter und linker Lunge des einzelnen Patienten wurde
getrennt analysiert. Für einen Teil der Auswertung wurde der Mittelwert aus den beiden
Konzentrationen errechnet.
Statistische Methoden
Die Datenanalyse erfolgte unter Verwendung des Statistical Package for Social Sciences
(SPSS, München). Für Häufigkeitsanalysen nutzten wir den χ2 -Test. Untergruppenanalysen erfolgten durch Anwendung U-Testes nach Mann-Whitney,
weil eine Normalverteilung nicht angenommen werden konnte. Die Übereinstimmung von
Werten wurde mit der Methode von Bland und Altman getestet [12 ], indem die Differenz korrespondierender Werte in Abhängigkeit vom Mittelwert des
Wertepaares grafisch dargestellt wurde. In allen Tests wurde Signifikanz angenommen,
wenn p < 0,05.
Ergebnisse
Ergebnisse
Studienpopulation
49 Probanden, 22 Mädchen und 27 Jungen, im Alter von 2 bis 73 Monaten, Median 20 Monate,
wurden in der Studie untersucht. Durch die Randomisierung wurden 29 Patienten der
NEB-Gruppe und 20 Patienten der MDI-Gruppe zugeordnet (zur Charakterisierung beider
Patientengruppen siehe Tab. [2 ]). Die abschließenden pneumologischen Diagnosen umfassten folgendes Spektrum mit
ähnlicher Verteilung in den beiden Gruppen: rezidivierende obstruktive Bronchitiden
bzw. Asthma bronchiale (7/29 der NEB-Gruppe vs. 9/20 der MDI-Gruppe), chronisch purulente
Bronchitis bzw. Bronchiektasen (5/29 der NEB-Gruppe vs. 4/20 der MDI-Gruppe), anatomische
Enge (Stenose, Malazie; 9/29 der NEB-Gruppe vs. 4/20 der MDI-Gruppe), akute Infektion
und Fremdkörperaspiration (7/29 der NEB-Gruppe vs. 3/20 der MDI-Gruppe), interstitielle
Lungenerkrankung (1/29 der NEB-Gruppe vs. 0/29 der MDI-Gruppe).
Salbutamol-Konzentration in der Bronchiallavage-Flüssigkeit
Die gemessenen Salbutamol-Konzentrationen in der Lavage-Flüssigkeit wiesen in beiden
Gruppen eine große Spannweite auf. In der NEB-Gruppe lagen die Mittelwerte der Konzentrationen
von rechter und linker Lunge zwischen 12 ng/ml und 1139 ng/ml (Median 160 ng/ml),
in der MDI-Gruppe fanden sich mittlere Konzentrationen zwischen 5,2 ng/ml und 641
ng/ml (Median 163 ng/ml). Ein signifikanter Unterschied bestand zwischen den beiden
Gruppen nicht (p = 0,27, Abb. [1 ]).
Abb. 1 Mittlere Salbutamol-Konzentration in der bronchialen Lavage-Flüssigkeit von Kleinkindern
unmittelbar nach der Inhalation von 200 µg als Dosieraerosol (MDI) oder von 2000 µg
Salbutamol über Vernebler (NEB). Dargestellt sind Median (horizontaler Balken), 1.
und 3. Quartil (Box) sowie die 95 %-Spannweite (vertikaler Balken). Die Streuung innerhalb
der beiden Gruppen ist groß, der Unterschied zwischen den beiden Gruppen nicht signifikant
(p = 0,27).
Anschließend wurde überprüft, ob sich die Salbutamol-Konzentrationen in der Bronchiallavage-Flüssigkeit
der rechten von der in der linken Lunge unterschieden, und zwar getrennt nach der
jeweiligen Inhalationstechnik.
In der NEB-Gruppe wurden Werte zwischen unterer Nachweisgrenze (4,7 ng/ml) und 1414
ng/ml für die rechte Lunge (Median 179 ng/ml) und Werte zwischen 5,2 ng/ml und 1085
ng/ml (Median 112 ng/ml) für die linke Lunge gemessen. Im Gruppenvergleich unterschieden
sich die Werte für die rechte und die linke Lunge nicht (p = 0,32; U-Test nach Mann-Whitney).
Vergleicht man jedoch intra-individuell nach der Methode von Bland und Altman [12 ], so ergibt sich mit zunehmender Gesamtdeposition eine Bevorzugung der rechten Lunge
(Abb. [2 ]).
Abb. 2 Intra-individueller Vergleich der Salbutamol-Konzentration der linken mit der der
rechten Lunge nach Inhalation per Vernebler (NEB) nach der Methode von Bland und Altman
[12 ]. Je höher die Gesamtdeposition beim einzelnen Patienten ([Salbutamol]rechts + [Salbutamol]links )/2), desto größer ist die Differenz zwischen rechter und linker Lunge ([Salbutamol]links - [Salbutamol]rechts ). Die rechte Lunge wird dabei bevorzugt.
In der MDI-Gruppe ist die Differenz zwischen Mittellappen und linkem Unterlappen weniger
offensichtlich. Hier liegt der Median der linken Seite bei 92 ng/ml, der der rechten
Seite bei 86 ng/ml (p = 0,42; U-Test nach Mann Whitney, Abb. [3 ]).
Abb. 3 Intra-individueller Vergleich der Salbutamol-Konzentration der linken mit der der
rechten Lunge nach Inhalation von Dosieraerosol (MDI) nach der Methode von Bland und
Altman [12 ]. Je höher die Gesamtdeposition beim einzelnen Patienten ([Salbutamol] rechts + [Salbutamol] links )/2), desto größer ist die Differenz zwischen rechter und linker Lunge, im Einzelfall
mit bevorzugter Deposition im Mittellappen, bei anderen Probanden im linken Unterlappen.
Schließlich wurde, wiederum getrennt für die NEB-Gruppe und die MDI-Gruppe, in einem
dritten Schritt überprüft, ob das Alter der Patienten Einfluss auf die Salbutamol-Konzentration
in der Bronchiallavage-Flüssigkeit hatte. Dazu teilten wir die beiden Versuchsgruppen
nach ihrem Alter in je eine Teilgruppe, deren Alter oberhalb oder auf dem Teilgruppen-Altersmedian
lag und eine zweite Teilgruppe, deren Alter darunter lag. Die Salbutamol-Konzentrationen
zeigte für die MDI-Gruppe keine Altersabhängigkeit (p = 0,28), für die NEB-Gruppe
tendenziell eine Abnahme der mittleren Salbutamol-Konzentrationen mit zunehmendem
Alter (p = 0,06; jeweils U-Test nach Mann-Whitney).
Diskussion
Diskussion
In der vorliegenden Untersuchung variierte die Salbutamol-Konzentration in der bronchialen
Lavage-Flüssigkeit von Säuglingen und Kleinkindern nach einmaliger Inhalation stark.
Mit Vernebler und Dosieraerosol ließen sich im Gruppenvergleich ähnliche Konzentrationen
erzielen, obwohl unterschiedliche Mengen des Bronchodilatators inhalativ verabreicht
wurden. Zwischen rechter und linker Lunge bestanden beim einzelnen Probanden zum Teil
erhebliche Unterschiede. Eine Altersabhängigkeit der Salbutamol-Konzentration war
im untersuchten Kollektiv nicht festzustellen.
Bronchiallavage-Flüssigkeit findet sich als Probenmaterial zur Untersuchung der Deposition
inhalierter Medikamente in früheren Studien kaum. Dies mag auf den großen Aufwand
bei der Probengewinnung zurückzuführen sein. Auch in unserer Untersuchung wurden die
Bronchoskopien nicht aus Studienzwecken, sondern mit klinischer Indikation durchgeführt.
Dies bedingt die zahlenmäßige Begrenzung und die Heterogenität des Kollektivs bez.
Alter und abschließender pneumologischer Diagnose. Im Sinne der Fragestellung war
die Streubreite wünschenswert.
Bei der Gewinnung des Materials wurden die Empfehlungen zur Durchführung der broncho-alveolären
Lavage zur Erregerdiagnostik bzw. zur Gewinnung von Material für zytologische Untersuchungen
berücksichtigt [13 ]. Bewusst wurde Material aus der ersten Fraktion analysiert, die besonders die bronchiale
Schleimhaut repräsentiert, während mit zweiter und dritter Portion einer broncho-alveolären
Lavage bevorzugt die alveolare Oberfläche gespült wird [14 ]. Damit dürfte das Untersuchungsmaterial Rückschlüsse auf diejenigen Anteile der
respiratorischen Schleimhaut erlauben, die durch Inhalation antiobstruktiver Medikamente
erreicht werden sollen.
Kritisch anzumerken ist, dass die große Variabilität der gemessenen Salbutamol-Konzentrationen
in der Bronchiallavage nicht gleichzusetzen ist mit der tatsächlichen Streubreite
der Salbutamol-Konzentrationen am Wirkort. Vielmehr ist bekannt, dass es bei der Spülung
der Atemwege zu einem unkalkulierbaren Verdünnungseffekt kommt, der maßgeblichen Einfluss
auf die Konzentration nicht-zellulärer Bestandteile der Bronchiallavage-Flüssigkeit
haben kann [17 ]
[18 ]. Es wird nicht allgemein empfohlen, Korrekturfaktoren einzuführen. Die Lavage selbst
jedoch sollte, wie in der vorliegenden Studie, standardisiert durchgeführt werden
in Bezug auf Spülvolumen, Anzahl der Aliquots und Lokalisation [19 ].
Wenig bekannt ist über die Kinetik inhalierter Wirkstoffe. Bezüglich des zeitlichen
Abstands zwischen Inhalation und Lavage haben wir uns daher an klinischen Erfahrungswerten
orientiert.
Salbutamol ist als Molekül stabil. Zudem bietet die HPLC-Methode den Vorteil, Salbutamol
sowohl in freier als auch in gebundener Form zu quantifizieren. Somit ist eine durch
die Messtechnik verursachte Fehlbestimmung der Salbutamol-Konzentration in der Spülflüssigkeit
nicht anzunehmen.
Zusammenfassend dürften somit die Ergebnisse dieser Studie die tatsächliche Salbutamol-Konzentration
am Wirkort bei Kindern vor dem Schulalter widerspiegeln, auch wenn die Variabilität
der Ergebnisse zumindest zum Teil auf Verdünnungsphänomene zurückgeführt werden muss.
Messungen der Konzentration von inhalierten Wirkstoffen am Wirkort finden sich in
bisherigen Studien nur selten. Die bereits erwähnte Studie von Pitlick [6 ] belegt die riesige Spannweite bezüglich der Ablagerung von Tobramycin im Sputum
von CF-Patienten nach Inhalation mit dem Vernebler. Der Nachweis der Äquipotenz von
Vernebler und Dosieraerosol im Kindesalter basiert überwiegend auf Untersuchungen
mit klinischen Outcome-Parametern [1 ]. Als weiterer Beleg seien die wenigen Studien an Kindern mit Radioaerosoltechniken
genannt, in denen ebenfalls eine im Gruppenvergleich übereinstimmende Belegung mit
inhalierten Gamma-Strahlern nachzuweisen war [11 ].
In einer Studie an neun männlichen Frühgeborenen kamen Salmon u. Mitarb. zu dem Schluss,
dass nach einer Inhalation von Chromoglycinsäure über Dosieraerosol mit Spacer und
Maske etwa 0,3 % bis 1,5 % des inhalierten Wirkstoffes die Lunge erreichen [15 ]. Mit einer szintigraphischen Methode stellten Tal u. Mitarb. fest, dass ca. 2 %
des Wirkstoffes die Bronchien erreichen [16 ], wenn Kleinkinder Salbutamol per Dosieraerosol inhalieren. Vernebler wurden in dieser
Studie nicht untersucht.
Dass die Inhalation von Medikamenten intra-individuell zu einer ungleichmäßigen Deposition
in der Lunge führt, lässt sich ebenfalls aus Studien auf der Grundlage von Radioaerosoltechniken
ableiten. In der eigenen Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass erhebliche
Unterschiede zwischen linker und rechter Lunge insbesondere bei einer hohen Gesamtdeposition
bestehen. Klinische Effekte sind zu erwarten.
Im klinischen Alltag wäre es von Bedeutung zu wissen, ob Patienten einer bestimmten
Altersgruppe von einer der beiden üblichen Inhalationstechniken in besonderer Weise
profitieren könnte. Dafür finden sich jedoch weder in der bisherigen Literatur, noch
in der vorliegenden Untersuchung Hinweise, obwohl die Ergebnisse der vorliegenden
Studie nahe legen, bei der Feuchtinhalation die Dosis mit zunehmendem Alter zu steigern.
Zusammenfassend zeigte sich im Einklang mit bisherigen Untersuchungen ein relevanter
Unsicherheitsfaktor bei der individuellen Dosisfindung für inhalierte Wirkstoffe.
Die vorliegende Studie liefert damit einen möglichen Erklärungsansatz für die Variabilität
der Wirksamkeit und der Häufigkeit von Nebenwirkungen nach inhalativer Verabreichung
von Medikamenten. Werden die Empfehlungen der Arzneimittelhersteller eingehalten,
so sind im Gruppenvergleich die beiden im Säuglings- und Kleinkindalter üblichen Inhalationstechniken
als gleichwertig anzusehen. Dies schließt nicht aus, dass beim einzelnen Patienten
möglicherweise eine der beiden Inhalationstechniken Vorteile aufweist. Darüber könnte
eine Folgestudie im Cross-Over-Design Aufschluss geben. Das Alter des Patienten bietet
keine Anhaltspunkte für die individuell notwendige Dosis.
Auch aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchung muss gefordert werden, dass die Weiterentwicklung
der Inhalationstechniken für das Säuglings- und Kleinkindalter dringend geboten ist.
Das Ziel muss darin bestehen, eine definierte Wirkstoffmenge am gewünschten Wirkort
zu deponieren, um dadurch eine größere Sicherheit in Bezug auf Wirkung und Nebenwirkungen
zu erzielen.