Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2003-42362
Patienten-zentrierte Medizin und Ethik
Patient-centered medicine and ethicsPublication History
eingereicht: 28.4.2003
akzeptiert: 17.7.2003
Publication Date:
19 September 2003 (online)

Die moderne Medizin behandelt komplexe Krankheiten mit zunehmend komplexen diagnostischen und therapeutischen Werkzeugen, deren Beherrschung viel Zeit und Aufmerksamkeit erfordert. Die Fortschritte der naturwissenschaftlich-technischen Medizin sind dankbar anzuerkennen, allerdings reduziert die Geschwindigkeit des „Durchschleusens” in Klinik und Praxis die Zeit für Kommunikation mit dem Patienten. Ein Patient sagt z. B. seinem Hausarzt, dass er mit dem Spezialisten, zu dem er überwiesen wurde, nicht sprechen konnte. Dieser habe sich für seine Sorgen nicht interessiert.
Je mehr die Medizin kann, umso notwendiger wird medizinische Ethik. Neben der „Makroethik” mit den großen ethischen Problemen am Anfang und Ende des Lebens [12] gibt es eine „Mikroethik” des ärztlichen Alltags, die z. B. den Wandel der Arzt-Patienten Beziehung vom Paternalismus zu einer partnerschaftlichen Beziehung betont [10]. Patienten-zentrierte Medizin [3] will die naturwissenschaftlich-technische und krankheitszentrierte Medizin nicht ersetzen, sondern ergänzen und kompensieren. Patienten-zentrierte Medizin geht auf den Kranken als Subjekt ein, um wichtiges Wissen in die Arzt-Patienten Beziehung einzubringen: Wissen über sein Leben, seinen Umgang mit chronischer Krankheit, seine Befürchtungen und Hoffnungen. Sie interessiert sich für seine Nöte und Krankheitsvorstellungen, sie ermutigt ihn, Fragen zu stellen. Oft wird bezweifelt, ob eine solche Patienten-zentrierte Medizin heute zu verwirklichen sei, da erstens der ökonomische Druck die nötige Zeit für sie nicht zulasse und zweitens naturwissenschaftlich-technische Methoden den Vorrang haben, so dass sekundäre Aufgaben anderen Personen, z. B. Psychologen oder Seelsorgern, zu überlassen seien. Über dieser Kritik wird vergessen, dass Patienten-zentrierte Medizin zu erhöhter Compliance, besseren Erfolgen der Behandlung und zu weniger Prozessen gegen Ärzte führt [4] [6]. Sie hilft im Umgang mit chronischen Krankheiten, senkt die Symptomlast und befriedigt Arzt und Patienten. Respekt vor den Präferenzen und Werten des Kranken wird auch von der medizinischen Ethik gefordert. Sie unterstützt eine Patienten-zentrierte Betreuung, bei der der Arzt seine Macht mit dem Kranken teilen will und zur Selbstprüfung angeregt wird: Wie würde ich mich fühlen, was würde ich wünschen, wenn ich dieser Patient wäre?
Literatur
- 1
Barry M J.
Health decision aids to facilitate shared decision making in office practice.
Ann Intern Med.
2002;
136
127-135
Reference Ris Wihthout Link
- 2
Barsky A J, Saintfort R, Rogers M P. et al .
Nonspecific medication side effects and the nocebo phenomenon.
JAMA.
2002;
287
622-627
Reference Ris Wihthout Link
- 3 Engelhardt K. Patienten-zentrierte Medizin. Enke, Stuttgart 1978
Reference Ris Wihthout Link
- 4 Engelhardt K. Kranke Medizin. Das Abhandenkommen des Patienten. Agenda, Münster 1999
Reference Ris Wihthout Link
- 5
Epstein R M.
Mindful practice.
JAMA.
1999;
282
833-839
Reference Ris Wihthout Link
- 6
Forster H P, Schwartz J, De Renzo E.
Reducing legal risk by practicing patient-centered medicine.
Arch Intern Med.
2002;
162
1217-1219
Reference Ris Wihthout Link
- 7 Füeßl M S, Middeke M. Anamnese und klinische Untersuchung. 2. Aufl. Thieme, Stuttgart 2002
Reference Ris Wihthout Link
- 8
Goodwin P J, Leszcz M, Ennis M. et al .
The effect of group psychosocial support on survival in metastatic breast cancer.
N Engl J Med.
2001;
345
1719-1726
Reference Ris Wihthout Link
- 9 Lown B. Die verlorene Kunst des Heilens. Schattauer, Stuttgart 2002
Reference Ris Wihthout Link
- 10
Maio G.
Den Patienten aufklären - aber wie?.
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerztherapie.
1999;
34
396-401
Reference Ris Wihthout Link
- 11
Maio G.
Zur Geschichte der Contergan-Katastrophe im Lichte der Arzneimittelgebung.
Dtsch Med Wochenschr.
2001;
126
1183-1186
Reference Ris Wihthout Link
- 12
Maio G.
Die aktive Sterbehilfe als gesellschaftliche Herausforderung (Editorial).
Dtsch Med Wochenschr.
2001;
126
1303-1304
Reference Ris Wihthout Link
- 13
Marinker M, Shaw J.
Not to be taken as directed.
BMJ.
2003;
326
348-349
Reference Ris Wihthout Link
- 14
Markson L E, Vollmer W M, Fitterman L. et al .
Insight into patient dissatisfaction with asthma treatment.
Arch Intern Med.
2001;
161
379-384
Reference Ris Wihthout Link
- 15
Marteau T M, Croyle R T.
Psychological responses to genetic testing.
BMJ.
1998;
316
693-696
Reference Ris Wihthout Link
- 16
Pevelev R, Carson A, Rodin G.
Depression in medical patients.
BMJ.
2002;
325
149-152
Reference Ris Wihthout Link
- 17
Roizen M F.
More preoperative assessment by physicians and less by laboratory tests.
N Engl J Med.
2000;
342
204-205
Reference Ris Wihthout Link
- 18
Schein O D, Katz J, Bass E B. et al .
The value of routine preoperative medical testing before cataract surgery.
N Engl J Med.
2000;
342
168-175
Reference Ris Wihthout Link
- 19
Tannock I F.
Eradication of a disease: how we cured symptomless prostate cancer.
Lancet.
2002;
359
1341-1342
Reference Ris Wihthout Link
Prof. Dr. med. Karlheinz Engelhardt
Jaegerallee 7
24159 Kiel