Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2003; 13(5): 276-282
DOI: 10.1055/s-2003-43106
Wissenschaft und Forschung
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Vermeidungsverhalten und Rückenschmerzen - Ansätze für neue therapeutische Wege?

Avoidance Behavior and Back Pain - Implications for New Therapeutical Options?M.  Pfingsten1
  • 1Ambulanz für Schmerzbehandlung, Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin, Klinikum der Georg-August-Universität Göttingen
Aus der Habilitationsschrift von Pfingsten M (2000) Vermeidungsverhalten und Krankheitsüberzeugungen im Chronifizierungsprozess von Rückenschmerzen. Fachbereich Medizin, Georg-August-Universität Göttingen
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Publication History

Eingegangen: 1. April 2003

Angenommen: 6. August 2003

Publication Date:
23 October 2003 (online)

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Zusammenfassung

Ergebnisse der internationalen Literatur zeigen, dass sowohl das Verhalten als auch das Erleben von Patienten mit Rückenschmerzen durch die Erwartung von Schmerz beeinflusst ist und diese auf die Erwartung einer Schmerzzunahme mit Vermeidung reagieren. Dieses gelernte Vermeidungsverhalten ist über die Initiierung eines Immobilisierungskreislaufes für das Fortschreiten des Krankheitsprozesses verantwortlich. Das Vermeidungsverhalten ist auch durch so genannte Angstvermeidungsüberzeugungen beeinflusst. Daraus ergeben sich wichtige Konsequenzen für den allgemeinen Umgang mit Rückenschmerzen in der Prävention wie auch für die Behandlung fortgeschrittener Krankheitsverläufe. Da das resultierende Verhalten offensichtlich in „leichter” Weise durch entsprechende Informationen beeinflusst werden kann, kommt den sowohl von therapeutischer Seite als auch in den Medien verbreiteten „Ratschlägen” besondere Bedeutung zu. Ratschläge, die die Krankheitsmodellvorstellungen festigen (Ruhe, Schonung, Bewegungsvermeidung), sollten vermieden werden. In der sekundär- wie tertiärpräventiven Behandlung sollten Prinzipien der Angstbehandlung implementiert werden (Konfrontationstraining und Extinktionsbedingungen).

Abstract

Several international studies demonstrated that fearful avoidance towards physical and social activities might intervene between chronic low-back pain and disability. It could be demonstrated that inducing pain anticipation led to significant lower levels of behavioral performance as well as to an increase in pain intensity. Behavioral performance is highly correlated with fear-avoidance-beliefs. Results confirm that pain anticipation and beliefs have a significant influence on the behaviour of patients with low-back pain in the sense that they motivate avoidance behavior. Therapists have to be aware of the powerful effects of cognitive processes, which can give rise to fear of pain and consequently avoidance behavior.

Literatur

Priv.-Doz. Dr. Michael Pfingsten

Ambulanz für Schmerzbehandlung · Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin · Klinikum der Georg-August-Universität

Robert-Koch-Straße 40

37075 Göttingen

Email: michael.pfingsten@med.uni-goettingen.de