Die Glomerulonephritis ist eine für den Verlauf entscheidende Manifestation des systemischen
Lupus erythematodes (SLE), die in mindestens 30-50 % aller SLE-Patienten auftritt.
Die Lupusnephritis kann mit einer Proteinurie oder mit einem nephrotischen Syndrom
einhergehen. Bei etwa 10 % der betroffenen Patienten führt sie zu einer progredienten
Nierenfunktionsverschlechterung bis zur terminalen Niereninsuffizienz [24].
Weithin akzeptiert ist heute die WHO-Klassifikation (WHO = „World Health Organisation”)
der Lupusnephritis, die sich auf lichtmikroskopische Befunde in Nierenbiopsien stützt.
Sie erlaubt aber nur eine generelle Einschätzung des Schweregrades der glomerulären
Manifestation eines systemischen Lupus erythematodes [Tab. 1]: So ist die Klasse III nach WHO als die fokale proliferative Nephritis charakterisiert.
Hierzu zählen drei sehr unterschiedliche klinische Schweregrade der Nierenfunktionseinschränkung.
Die Klasse IV entspricht der häufigsten glomerulären Manifestation der Lupusnephritis
- nämlich der diffusen proliferativen Nephritis. Beide WHO-Klassifizierungen werden
als so genannte „proliferative Lupusnephritis” bezeichnet. Diese Form profitiert in
erster Linie von einer immunsuppressiven Therapie.
Der Wert der immunsuppressiven Therapie bei einer Lupusnephritis der WHO-Klassifizierung
I („minimal change”), II (mesangiale Glomerulonephritis) oder V (membranöse Lupusnephritis)
ist umstritten. Hierzu gibt es bislang keine prospektiven Studien. Dennoch werden
Patienten mit Lupusnephritis Klasse V nach derzeitigem klinischen Standard behandelt
[Tab. 1], denn ein nicht unerheblicher Anteil dieser Patienten entwickelt ohne Therapie ein
langsam progredientes Nierenversagen. Als unabhängige Prädiktoren für eine solche
Entwicklung gelten eine erhebliche Nierenfunktionsverschlechterung bereits bei Diagnose
der Lupusnephritis, eine deutliche Proteinurie, Anämie und jugendliches Alter [11].
Bisherige Standardtherapie
Bisherige Standardtherapie
Die Einführung insbesondere der Therapie mit Cyclophosphamid (CYC) und Steroiden [2], aber auch mit Azathioprin (AZA) [9]
[26] und modernerer Immunsuppressiva wie Cyclosporin A [12] und Mycophenolatmofetil [17] hat eine dramatische Verbesserung der Prognose der Nierenerkrankung im Rahmen des
systemischen Lupus erythematodes ermöglicht, die derzeitige Standardtherapie fasst
die [Tabelle 2] zusammen [2]. Welcher Verabreichungsmodus von Cyclophosphamid hierbei das erfolgreichere Konzept
ist - ob die intravenöse Pulstherapie oder die orale Dauertherapie -, ist bislang
allerdings nicht eindeutig zu beantworten [14]. Grundsätzlich wird aber die Cyclophosphamid-Pulstherapie aufgrund ihrer geringeren
Kumulativdosis und einer geringeren Infektionsrate bevorzugt.
Als Kriterien für eine Remission des systemischen Lupus erythematodes gelten eine
Proteinurie von unter 1 g/24 Stunden, ein unauffälliges Sediment, normalisierte Komplementfaktoren
und das Fehlen extrarenaler SLE-Manifestationen. Eine Remission nach dieser Definition
wird selten erreicht, die Stabilisierung der Nierenfunktion auf ein kompensiertes
Niveau und die Normalisierung des Urinsediments gelten jedoch als renale Remission.
Ein wichtiger zusätzlicher Verlaufsparameter ist hierbei die Nierenbiopsie, anhand
derer Aktivitäts- und Chronizitätskriterien der Lupusnephritis sehr genau eingeschätzt
werden können [24].
Meist ist die akute Phase der Lupusnephritis nach zwölfmonatiger Behandlung unter
Kontrolle, sodass einige Zentren bereits frühzeitig auf Azathioprin umstellen [16], da eine aktuelle retrospektive Studie zeigt, dass nach einer Beobachtungszeit von
4,5 Jahren Patienten unter Azathioprin und Steroiden ein vergleichbares therapeutisches
Ansprechen zeigten wie nach Cyclophosphamid-Puls-Therapie [26]. Die Azathioprintherapie zeigte aber in einer Meta-Analyse gegenüber Cyclophosphamid
keinen positiven Effekt auf die Mortalität der Patienten [4].
Als gesichert gilt, dass Patienten unter einer Kurzzeit-Cyclophosphamid-Behandlung
mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Reexazerbation der Lupusnephritis (p < 0,01)
entwickeln als solche Patienten, die Cyclophosphamid über zwei Jahre erhielten [6]. Wenn es der Verlauf zulässt, werden die Patienten nach derzeitigem Standard nach
der Cyclophosphamidtherapie auf Azathioprin (Dosis 1,5-2 mg/kgKG) umgestellt. Diese
Therapie wird bis zum Erreichen einer renalen Remission fortgeführt und - wegen der
Gefahr eines frühen Relaps - auch bis zu zwölf Monate darüber hinaus.
Nicht alle Patienten mit proliferativer Lupusnephritis profitieren jedoch von der
Cyclophosphamid-Puls-Therapie [18]. So lag die Rate von Patienten, die über zwei Jahre keine Remission zeigten, in
einer neueren retrospektiven Untersuchung bei immerhin 22 %. Zudem wurde bei diesen
Patienten auch ein verzögertes Ansprechen auf eine wiederholte Cyclophosphamid-Puls-Therapie
beschrieben (Zeit bis zur Re-Remission im Mittel 32 Monate). Eine weitere retrospektive
Analyse von Patienten mit proliferativer Lupusnephritis Stadium III nach WHO berichtete
über eine Untergruppe von „Non-Respondern” nach einer klassischen sechsmonatigen Cyclophosphamid-Puls-Therapie.
Demgegenüber waren in der Vergleichsgruppe, die nicht sechs Monate lang mit Cyclophosphamid,
sondern mit alternativen Therapieschemata behandelt worden war, keine Non-Responder
zu sehen [22].
Die Cyclophosphamidtherapie steht in einem Spannungsfeld zwischen Therapiesicherheit
und schwer wiegenden Therapiefolgen, denn sie kann erhebliche und teils langfristige
Nebenwirkungen hervorrufen, die von Sekundärinfektionen, bei hoher Kumulativdosis
Myelotoxizität bis zur Ausbildung eines myelodysplastischen Syndroms reichen [28]. Bei jüngeren Patienten stellt die nicht unerhebliche Gonadentoxizität von Cyclophosphamid
ein Problem dar. Kinder erreichen die Menarche später, bei erwachsenen Frauen setzt
die Menopause früher ein.
Neue Therapiekonzepte
Neue Therapiekonzepte
„Low-Dosis”-Cyclophosphamid
Neuere Therapiekonzepte versuchen, die Cyclophosphamiddosis zu reduzieren. Houssiau
et al. verglich die Effektivität und Toxizität einer niedrig dosierten intravenösen
Cyclophosphamid-Puls-Therapie als remissionsinduzierende Therapie (Kumulativdosis
nur 3 g, Dauer drei Monate) gefolgt von Azathioprin als remissionserhaltende Therapie
mit der konventionellen Hochdosis-Puls-Therapie mit Cyclophosphamid [16]. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 41,3 Monate.
Dabei zeigten die untersuchten Patienten mit systemischem Lupus erythematodes und
einer proliferativen Lupusnephritis unter dem Niedrigdosis-Konzept einen vergleichbaren
therapeutischen Outcome: Nur 16 % der Patienten in der Niedrig-Dosis-Gruppe und 20
% der Patienten in der Hoch-Dosis-Gruppe sprachen nicht auf die Therapie an. Eine
Remission der Lupusnephritis wurde bei 71 % der Patienten aus der Niedrig-Dosis-Gruppe
und bei 54 % der hoch dosiert behandelten Patienten erreicht.
Eine Übersicht der derzeit möglichen oder nur diskutierten alternativen bzw. additiven
Therapiemöglichkeiten der proliferativen Lupusnephritis zeigt [Tabelle 3].
Moderne Immunsuppressiva
Auch modernere Immunsuppressiva aus der Transplantationsmedizin werden im klinischen
Alltag zur Therapie des systemischen Lupus erythematodes eingesetzt. Seit den 80er
Jahren gilt das Cyclosporin A (CSA) in einer Dosis von 5 mg/kg Körpergewicht pro Tag
(through level initial 150-180 ng/ml, im Verlauf 130-150 ng/ml) als Alternative zur
Cyclophosphamidtherapie - insbesondere bei der membranösen Lupusnephritis (SLE-Typ
V nach WHO) und bei Nichtansprechen auf Steroide oder Cyclophosphamid. Allerdings
sind Rückfälle nach dem Absetzen der Therapie relativ häufig zu beobachten [12].
Bislang hat Cyclosporin A keinen wesentlichen Effekt bei der aktiven Lupusnephritis
(SLE-Typ III und IV) gezeigt, da es auch den anti-ds-DNA-Antikörper-Spiegel und damit
die Krankheitsaktivität nicht wesentlich beeinflusste. Doch die Substanz wird in einer
prospektiven Studie gegenüber Cyclophosphamid derzeit erneut getestet [3]. Cyclosporin A wird aber möglicherweise wegen seiner Nephrotoxizität durch das wenig
nephrotoxische Mycophenolatmofetil (MMF) abgelöst werden [13].
Mycophenolatmofetil war in prospektiven Studien von nierentransplantierten Patienten
effektiver in der Vermeidung von Abstoßungsreaktionen als das gering onkogene Azathioprin.
Daher empfahl sich die Substanz - bei geringerer Myelotoxizität - auch für den breiteren
klinischen Einsatz [30]. Bereits 1999 zeigte eine Beobachtung an zwölf Patienten mit Therapieresistenz oder
bei Relaps der Lupusnephritis, dass Mycophenolatmofetil bei der überwiegenden Anzahl
dieser Patienten zu einem Rückgang der Proteinurie und zu einer Stabilisierung oder
sogar Verbesserung der Nierenfunktion führte [11]. Auch diese Patienten waren bereits mit Cyclophosphamid, Azathioprin oder Methotrexat
vorbehandelt. Eine neuere Untersuchung an einem größeren Patientenkollektiv konnte
diese Ergebnisse bestätigen [19].
Additive Therapieformen
Additiv zur Cyclophosphamidtherapie werden bei hoch aktiver Lupuskrankheit, Nichtansprechen
der Cyclophosphamidtherapie oder bei Multiorganbefall im Rahmen des systemischen Lupus
erythematodes derzeit Immunglobuline oder eine Plasmapherese- bzw. Immunadsorptionstherapie
eingesetzt. Experimentelle Studien haben diese Therapieformen auch als Monotherapie
geprüft [7]
[8]
[27]. Die Wertigkeit einer unterstützenden Immunadsorptions-Behandlung (IA) bei Drug-Non-Respondern
mit Lupusnephritis ist nach der vorliegenden wissenschaftlichen Literatur nur als
additive Therapie neben oder vor Immunsuppression gesichert [7]
[8].
Eine Untersuchung hat beispielsweise zwei verschiedene Immunadsorber (IMPH-350/PT
gegenüber Ig-Therasorb) in einem vierwöchigen Behandlungsintervall bei zwei entsprechenden
Patientengruppen mit je zehn Patienten als additive Maßnahme zusätzlich zur medikamentösen
Therapie getestet. Jedoch sprach keiner der Patienten ausreichend auf die immunsuppressive
Therapie an (Steroide, Antimalariamittel, Azathioprin oder Cyclosporin A), gewertet
wurde nach dem so genannten SLAM[1]-Score. Eine 30 %ige Reduktion des Scores galt als Therapieerfolg. Nach der Behandlung
mit der Ig-Therasorb-Säule waren die Ergebnisse besser: Hier erreichten acht der zehn
Patienten nach sechs Monaten das Behandlungsziel. Bei der IMPH-350/PT-Säule waren
dies dagegen nur fünf Patienten [27].
Eine weitere Studie setzte sich mit dem Einsatz einer zusätzlichen Plasmapheresetherapie
einmal monatlich bei Patienten mit proliferativer Lupusnephritis unter Cyclophosphamid
auseinander: Demnach führte die zusätzliche Plasmapheresetherapie zwar zu einer schnelleren
Remission, dafür waren aber mehr infektiöse Komplikationen zu beobachten [25].
Die Monotherapie mit Immunglobulinen wurde in einer Studie mit geringer Patientenzahl
als nicht gleichrangiges Behandlungskonzept zu Cyclophosphamid bewertet, da sie nur
bei wenigen Patienten zur Remission führte. Darüber hinaus gibt es für diese vergleichsweise
sehr teure Therapie, die auch additiv zu immunsuppressiven Therapien eingesetzt wird,
keine festen Richtlinien, sie steht jedoch momentan nicht im Vordergrund der klinischen
Empfehlungen [25].
Stammzelltherapie
Der einzige kurative Therapieansatz ist nach wie vor die Stammzelltherapie in Folge
einer intensiven zytoreduktiven Chemotherapie [29]. Aufgrund ihres hohen Mortalitätsrisikos wird diese Therapieoption derzeit jedoch
nur bei jungen Patienten mit hoch aktiver Lupuskrankheit und Multiorganbefall empfohlen.
Laut einer retrospektiven Studie führte die Stammzelltherapie immerhin bei zehn von
15 beobachteten Patienten nach einem Fünf-Jahresintervall zur Therapiefreiheit.
Experimentelle Therapieansätze
Experimentelle Therapieansätze
Inwieweit sich Immuntherapien mit kostimulierenden Molekülinhibitoren (z.B. humanisierter
antiCD154-Antikörper, CTLA4-Ig oder der antiCD20-Antikörper Rituximab) zur Behandlung
des systemischen Lupus erythematodes eignen, wird zurzeit überprüft. Derzeit befinden
sich diese Ansätze aber noch im experimentellen Stadium [5].
Am interessantesten für den klinischen Einsatz scheint Rituximab zu sein, ein B-Zell-fokussierter,
chimärer Mensch-Maus-Antikörper. Nach einer etwa dreimonatigen Therapie führt dieser
zu einer Erschöpfung des B-Lymphozytenpools im Knochenmark und der Milz und soll dadurch
den Krankheitsverlauf des aktiven systemischen Lupus erythematodes, aber auch anderer
B-Zell-vermittelter Autoimmunerkrankungen beeinflussen [20]
[21]. Vier von sechs Patienten profitierten im Rahmen einer kleinen Untersuchung durch
einen Rückgang des aktiven Sediments von dieser Therapieoption. Bei zwei der Patienten
verbesserten sich auch die Proteinurie und die Nierenfunktion [1]. Es werden größere Studien erwartet.
Eine Option für die Zukunft ist die Gentherapie. Ihr liegt die Vorstellung zugrunde,
dass so genannte „lupus-promoting genes” durch „disease-corrective genes” effektiv
ersetzt werden können. Bislang konnten jedoch entsprechende Zielgene noch nicht eindeutig
genug definiert werden [23].
Klinische Erfahrungen mit Mycophenolatmofetil
Klinische Erfahrungen mit Mycophenolatmofetil
Im Klinikalltag werden derzeit die neueren Immunsuppressiva insbesondere bei Patienten
eingesetzt, die aufgrund von Komorbidität, nach Relaps oder wegen ernster Nebenwirkungen
eine Cyclophosphamidtherapie nicht oder nicht mehr tolerieren würden. Eine objektivierbare
Grundlage für den Einsatz von Mycophenolatmofetil ist eine prospektive Studie, in
der 23 Patienten mit dieser Substanz (1-1,5 g/Tag) und Steroiden über zwölf Monate
behandelt wurden. Die 23 Patienten der Vergleichsgruppe erhielten eine Cyclophosphamid-Puls-Therapie
über sechs Monate und anschließend sechs Monate lang Azathioprin - jeweils in Kombination
mit Steroiden [17].
Hier stellte sich Mycophenolat- mofetil als das effektivere Behandlungskonzept heraus:
Denn bei den so behandelten Patienten gingen Hämaturie, Proteinurie, Autoantikörperproduktion
(besonders anti-ds-DNA) und die histologisch gesicherten Immunablagerungen stärker
zurück als unter Therapie mit Cyclophosphamid - und dies bei weniger Nebenwirkungen.
Kritiker dieser Studie bemängeln den kurzen Beobachtungszeitraum von zwölf Monaten
und die Tatsache, dass Patienten mit einer schweren Lupuserkrankung ausgeschlossen
wurden. Zudem sei keine Standard-Cyclophosphamidtherapie [Tab. 2] eingesetzt worden, und aufgrund der geringen Fallzahl reiche die statistische Grundlage
nicht aus, um eine gleich gute Effektivität von Mycophenolatmofetil zu beweisen [15]. Der MMF-Therapie wird daher nur der „evidence based level 4” zugestanden.
Eigene Erfahrungen
Da diese Substanz aber derzeit die greifbarste und für den klinischen Alltag realistischste
Therapiealternative zu Cyclophosphamid und Azathioprin darstellt, untersuchten wir
im Rahmen einer klinischen Beobachtungsstudie die Wertigkeit der MMF-Therapie anhand
eigener Patienten mit Lupusnephritis. Daraus können wir eine ermutigenden Bilanz ziehen.
Als Ersatzmedikation für eine remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin nach einer
Standardtherapie mit Cyclophosphamid (drei Patientinnen) zeigte Mycophenolatmofetil
einen steroidsparenden Effekt. Sekundärinfektionen waren im Ausmaß geringer als unter
Cyclophosphamid. Bei einer Patientin mit Relaps war die Substanz nur initial erfolgreich
und im Falle einer Patientin, die nicht auf Cyclophosphamid ansprach, brachte auch
die MMF-Therapie keinen Erfolg. Bei beiden Patientinnen war jedoch die gastrointestinale
Unverträglichkeit der Substanz ein dosislimitierendes Kriterium, was zum Therapieversagen
beigetragen haben kann. Die Primärtherapie mit Mycophenolatmofetil - anstelle von
Cyclophosphamid - bei zwei Patientinnen führte in einem Fall zum Erfolg.
Unsere Erfahrungen wie auch die Studienlage reichen in keinem Fall aus, um den Einsatz
von Mycophenolatmofetil als langfristig erfolgreiche Ersttherapie der proliferativen
Lupusnephritis bewerten zu können. Die wissenschaftliche Datenlage fordert allerdings
dringend dazu auf, den therapeutischen Erfolg des Wirkstoffs gegenüber dem konventionellen
Therapieschema prospektiv über einen längeren Zeitraum zu untersuchen.
Schlussfolgerungen
Schlussfolgerungen
In der Behandlung der proliferativen und klinisch manifesten Lupusnephritis besteht
ein Missverhältnis zwischen der Häufigkeit der Erkrankung und wenigen gesicherten
Studien. Dennoch kann festgehalten werden, dass die Cyclophosphamid-Puls-Therapie
oder alternativ eine orale Cyclophosphamidtherapie nach initialer Steroidbehandlung
als klinisch erprobte Standardtherapie für die proliferative Lupusnephritis (WHO-Stadien
III und IV) und für die membranöse Lupusnephritis (WHO Stadium V) derzeit fest etabliert
ist.
Nach der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion scheint es auch langfristig noch
kein nachweislich konkurrenzfähiges Therapiekonzept zu geben. Angestrebt werden Konzepte,
die eine frühzeitige Minimierung oder Reduzierung der Cyclophosphamiddosis vorsehen
- zum einen aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen der Substanz oder auch aufgrund
ihrer nachhaltigen Folgen vor allem für junge Patienten. Insbesondere bei jungen Patienten
mit Multiorganbefall und hoher SLE-Aktivität ist die Stammzellsubstitution hier eine
Alternative, weil sie in vielen Fällen zur Therapiefreiheit führt. Gentherapeutische
Ansätze werden in Zukunft von Interesse sein.
Derzeit ist als Standard die Cyclophosphamid-Puls-Therapie mit der geringeren Kumulativdosis
zu bevorzugen. Frühzeitige Therapie-Umstellungen bereits nach sechsmonatiger Cyclophosphamidtherapie
sollten erfolgen, wenn es der klinische Verlauf rechtfertigt und die behandelten Patienten
bereits bezüglich ihrer Nierenfunktion und ihrer Proteinurie in Remission sind. Eine
völlige Normalisierung der Lupusparameter (anti-ds-DNA-Antikörper, Komplement), die
üblicherweise für eine Totalremission gefordert werden, schien beispielsweise bei
unseren Patienten, aber auch in einer kürzlich erschienenen Patientenbeobachtung [11] dafür nicht erforderlich zu sein.
Als remissionserhaltendes Medikament hat Mycophenolat Mofetil hier als modernes Immunsuppressivum
das Azathioprin aufgrund seiner geringeren Nebenwirkungsrate sicherlich abgelöst.
Auch gegenüber dem nephrotoxischen Cyclosporin A bietet es mit der hohen Rate an Rückfällen
nach dem Absetzen der Therapie einige Vorteile. Ein Nachteil sind die gastrointestinalen
Nebenwirkungen. Diese sind häufig über eine Reduktion der Dosis beherrschbar, sie
können aber auch zu einem vorzeitigen Therapieabbruch nötig machen.
Die Immunadsorptionsbehandlung hat als additive Therapie einen festen Platz, sie sollte
aber auch aus Kostengründen Patienten vorbehalten bleiben, die auf eine orale immunsuppressive
Therapie nicht ausreichend ansprechen. Therapieformen mit B-Zell-spezifischen-Antikörpern
sind derzeit noch in der Phase I und II der Medikamentenerprobung, bieten aber möglicherweise
in der Zukunft einen interessanten, weil sehr spezifischen Therapieansatz.
Tab. 1 Stadien und Therapieindikation der Lupusnephritis
Stadium / Inzidenz
|
Inzidenz der Lupusnephritis 30-50 % aller SLE-Patienten
|
Therapie
|
WHO I / 5 % |
immunhistologisch C1q, C3, IgG im Mesangium
Lichtmikroskopie: Normalbefund |
nur bei Vorliegen einer relevanten Proteinurie |
WHO II / 10-25 % |
mesangioproliferative Glomerulonephritis, Untergruppen a) und b) nach Proliferationsgrad |
WHO III / 20-35 % |
fokal segmentale Glomerulonephritis
-
a) aktive nekrotisierende Läsionen
-
b) aktive und sklerosierende Läsionen
-
c) sklerosierende Veränderungen
|
als „proliferative Lupusnephritis” immer Therapie |
WHO IV / 35-60 % |
diffuse proliferative Nephritis
|
WHO V / 10-15 % |
membranöse Nephritis
|
Therapie empfohlen |
WHO VI / 2 % |
chronisch sklerosierende Glomerulonephritis |
Endstadium |
Tab. 2 Cyclophosphamid-Bolus- und Begleittherapie
Cyclophosphamid(CYC)-i.v.-Bolustherapie
Dosis: 0,5-0,75 g/m2 Körperoberfläche, intravenös, in 250 ml physiologischer Kochsalzlösung über 60 Minuten
begleitend: Unterhaltung einer ausreichenden Diurese mit bis zu 2 Litern Glukose 5 % über 24
Stunden, Gabe von Uromitexan zur Bindung von Harnmetaboliten von Cyclophosphamid und
Verhinderung einer hämorrhagischen Zystitis (vier Dosen, sechsstündlich), Antiemetika
Kontrolle des weißen Blutbildes wöchentlich, bei Leukopenie unter 1500/μl Reduktion
der Cyclophosphamiddosis um 25 %
Dauer der Bolustherapie: über sechs Monate, dann vierteljährlich über weitere 1,5
Jahre
Initialphase: gegebenenfalls Steroidstoßtherapie (0,5-1 mg/kgKG) bis zum Einsetzen der Wirkung
von Cyclophosphamid, dann Reduktion auf eine Erhaltungsdosis als Begleittherapie
alternativ: ältere oder multimorbide Patienten, denen kein hoher Cyclophosphamidbolus zugemutet
werden soll, erhalten Cyclophosphamid oral (1,5-2 mg/kgKG) über sechs bis zwölf Monate,
dann Azathioprin p.o./Steroide (1,5-2 mg/kgKG) bei Remission über zwölf Monate (Azathioprin
maximal 150 mg/die) |
Tab. 3 Therapiemöglichkeiten bei der Lupusnephritis
Therapie
|
Indikationen
|
Patienten in Studien
|
Studienergebnisse
|
Zitat
|
Cyclosporin A |
- Non-Responder auf Steroide und Antimetaboliten |
26 Patienten |
- retrospektive Studie, Reduktion der Lupusaktivität und Proteinurie unter CSA |
[6]
|
- Patienten mit membranöser Lupusnephritis |
41 Patienten |
- prospektive Vergleichsstudie, besser als Steroide, gleich gut wie Cyclophosphamid,
hohe Relapsrate |
[15]
|
Mycophenolatmofetil |
- prospektive Studie alternativ zu CYC-Puls-Therapie |
- 23 Patienten über 12 Monate |
- kein Unterschied in der Remissionsrate, Proteinurie, Albuminurie und Kreatinin |
[7]
|
- bei Therapieresistenz |
- 21 vorbehandelte Patienten
- 11 vorbehandelte Patienten über ein Jahr |
- Verbesserung der Nierenfunktion, signifikanter Rückgang der Proteinurie, teils Normalisierung
aktiver Lupusparameter |
[18]
[19]
|
Immunglobuline |
Patienten unter Kortikosteroiden mit proliferativer Lupusnephritis und nephrotischem
Syndrom |
7 Patienten erhielten bis zu 250 mg/kgKG Immunglobuline pro Tag |
Verbesserung der Nierenfunktion, Rückgang der Proteinurie; 2/7 Patienten erreichten
eine Remission |
[23]
|
Plasmapherese |
additiv zu CYC |
|
Patienten erreichen schneller die Remission |
[22]
|
Immun-adsorption |
Rescuetherapie bei therapieresistenten Patienten mit SLE |
- 20 Patienten mit Testung von zwei Immunadsorbern bei je 10 Patienten |
8/10 mit der Ig-Therasorb-Säule und 5/10 mit der IMPH-350/PT-Säule behandelten Patienten
zeigten eine Verbesserung des SLAM-Scores |
[20]
|
- 8 Patienten ohne begleitende Immunsuppression |
7/8 Patienten erreichten eine Remission und erhielten nachfolgend CYC für drei bis
sechs Monate |
[21]
|
Stammzell-transplantation |
junge Patienten unter CYC-Therapie mit persistierendem SLE und Multiorganbefall |
15 Patienten, retrospektive Verlaufsbeobachtung über 36 Monate im Mittel |
Normalisierung von anti-ds-DNA und Komplement, verbesserte Nierenfunktion, Absetzen
der immunsuppressiven Therapie bei 10/15 Patienten |
[24]
|
Rituximab (= CD20-Antikörper) |
im Rahmen der Phase I/II der Medikamententestung, wirkt über B-Zell-Depletion |
- 12 nierengesunde Patienten |
führte bei 4/6 Patienten zu einem Rückgang des aktiven Sediments, bei 2/6 zu einer
reduzierten Proteinurie und einer verbesserten Nierenfunktion |
[26]
[27]
|
- 6 Patienten mit proliferierender Lupusnephritis |
humanisierter antiCD154-Antikörper bzw. CTLA4-Ig |
bislang nicht bei Patienten |
keine |
keine Patientenstudien, TGF-b1, IL-2 oder IL-4, CTLA4-Ig, IFN-yR/IgG1-Fc gelten als
Kandidaten für eine somatische Gentherapie |
[25]
|
Gentherapie |
bislang nicht bei Patienten |
keine |
[29]
|
CTLA = „cytotoxic T-lymphocyte antigen”
CSA = Cyclosporin A
CYC = Cyclophosphamid
IFN = Interferon
Ig = Immunglobulin
IL = Interleukin
SLE = systemischer Lupus erythematodes |