Einleitung
Einleitung
Das diffuse maligne Pleuramesotheliom ist der häufigste primäre Pleuratumor. Während
er am Anfang dieses Jahrhunderts als seltener Tumor galt, ist die Häufigkeit, insbesondere
wegen der zunehmenden Verwendung und Verarbeitung von Asbest während und nach dem
2. Weltkrieg, erheblich angestiegen. Trotz strenger Arbeitsschutzregelungen und Verwendungsverbot
von Asbest seit 1993 muss wegen der charakteristisch Jahrzehnte langen Latenzzeit
mit einer Zunahme der Mesotheliominzidenz weit über das Jahr 2000 hinaus gerechnet
werden [1 ]. Die Inzidenz beträgt derzeit in Europa 1,6 pro 100 000 Einwohner. Eine Zunahme
der Mesotheliominzidenz, insbesondere bei Männern, wird auch international beobachtet.
Das diffuse maligne Pleuramesotheliom zählt inzwischen zu dem mit Abstand häufigsten
Berufskrebs (Berufskrankheitsverordnung Ziffer 4105) [2 ]
[3 ]. Der Nachweis einer beruflichen Exposition gegenüber Asbest ist in circa 70 % der
Erkrankung zu erbringen.
Der Altersgipfel der Erkrankten liegt entsprechend der langen Latenzzeit von im Mittel
35 Jahren zwischen 50 und 80 Jahren. Die Prognose der Pleuramesotheliomerkrankten
ist schlecht. Die Erkrankung endet meist rasch tödlich. Die mediane Überlebenszeit
ab dem Zeitpunkt der Diagnosenstellung beträgt 9,5 Monate [4 ]. Die wichtigsten Prognosekriterien sind Stadium und Leistungsindex (Karnofsky-Index)
bei Diagnosenstellung.
Eine Standardtherapie der Pleuramesotheliomkranken existiert nicht. Zur Behandlung
sind Operation, Strahlentherapie, systemische und intrapleurale Applikation von Zytostatika
sowie Kombinationstherapien eingesetzt worden. Bisher hatte keine Therapie zu einer
Verlängerung des durchschnittlichen Überlebens geführt. Positive Behandlungseffekte
sind am ehesten auf die Selektion von Patienten mit günstigen Prognosekriterien und
nicht auf die gewählte Therapie selbst zurückzuführen [5 ].
Besonders wichtig ist daher eine differenzierte Evaluierung der Behandlungsergebnisse
der durchgeführten Therapiestudien. Wir verwendeten dazu den Modifizierten Brunner-Score,
ein Punkteschema, das dem 1987 von K. D. Brunner zum Vergleich palliativer Chemotherapieregimes
entwickelten Score angelehnt wurde [6 ]
[7 ].
Dieses Schema integriert die Parameter Progressionsfreie Zeit, Veränderungen des WHO-Performance-Index
über den Behandlungszeitraum, sowie subjektive Bewertung der Lebensqualität durch
die Patienten und Toxizität der Behandlung zu einem endständigen Punktwert. Dieser
Punktwert zeigt für jeden einzelnen Patienten, ob dieser von der Therapie profitiert
hat oder nicht. Ebenso kann eine Aussage über den Therapieerfolg für die ganze Studienpopulation
getroffen werden.
Präklinische Untersuchungen haben gezeigt, dass Hyperthermie die Wirkungsstärke zahlreicher
Zytostatika um ein Vielfaches verstärkt [8 ]
[9 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]
[13 ]
[14 ]. Vorangegangene klinische Studien zur Ganzkörperhyperthermie kombiniert mit Polychemotherapie
haben ebenfalls Wirksamkeit gezeigt [15 ].
In einer Phase-II-Studie wurde untersucht, ob Patienten mit einem Pleuramesotheliom
von einer Kombinations-Thermo-Chemotherapie profitieren. Studienendpunkte sind hier
nicht nur der Anteil kompletter und partieller Remissionen und das Gesamtüberleben,
sondern vor allem die Lebensqualität der Patienten im Verlauf der Behandlung.
Material und Methoden
Material und Methoden
Patientenauswahl
In die Studie wurden erwachsene Patienten mit einem zuvor diagnostizierten Pleuramesotheliom
eingeschlossen, die keine vorangegangene Therapie erhalten hatten. Für jeden Patienten
waren vier Therapiezyklen vorgesehen. Der Abstand zwischen den Zyklen betrug 21 -
28 Tage. Die Studie wurde von April 1999 bis März 2001 durchgeführt und die klinischen
Ergebnisse bereits publiziert [16 ].
Alle Patienten mussten über den Studiencharakter der Therapie eingehend informiert
sein und ihre schriftliche Einwilligung abgegeben haben. Die Studie wurde vorher von
der zuständigen Ethikkommission geprüft.
Das Eingangsalter der Patienten betrug 18 bis 65 Jahre. Die Beschränkung auf Patienten
bis zum 65. Lebensjahr erfolgte wegen der Risiken der hochdosierten Chemotherapie
und der Belastung durch die Ganzkörperhyperthermie.
Alle Patienten mussten eine wahrscheinliche Lebenserwartung von mindestens 3 Monaten
haben (Allgemeinzustand: WHO 0 - 2) und es musste ausreichende Organfunktion (Knochenmark,
Leber, Niere, Herz und Lunge) gewährleistet sein.
Prinzip der „Radiant Heat”-Technologie
Der Wärmestrahler besteht aus einer Metallkammer, in der der Patient bis zum Kopf
liegt.
Die „Radiant Heat”-Methode „Aquatherm®” besteht aus einer zylindrischen Kupferrohrspirale,
in die unter niedrigem Druck stetig auf 62 °C erhitztes Wasser gepumpt wird. Durch
das kontinuierliche Flussmuster wird eine sehr hohe Temperaturstabilität erreicht.
Die Luft in der Kammer wird wasserdampfgesättigt gehalten, um die evaporative Wärmeabgabe
durch Schwitzen zu vermeiden [17 ].
Durchführung einer Hyperthermiebehandlung
Die Körpertemperatur des Patienten wird im Wärmestrahler auf 41,8 °C (Zieltemperatur)
angehoben.
Dabei wird die Körperkerntemperatur mit je einer Temperatursonde im Ösophagus und
im Rektum ständig gemessen. Bis zum Erreichen der Zieltemperatur vergehen etwa 1,5
Stunden. Der Patient wird dann aus dem Wärmestrahler gebracht und abgedeckt, um Wärmeverlust
zu vermeiden. Die Körpertemperatur verbleibt bei 41,8 °C für 60 min. (Plateauphase).
Nach Ablauf dieser Zeit wird der Patient abgedeckt, wobei er sich abkühlt. Bei einer
Körpertemperatur von < 39 °C wird er zur Überwachung auf die Bettenstation gebracht.
Hyperthermie führt zu einer Erhöhung des Herzzeitvolumens, einem niedrigen peripheren
arteriellen Widerstand und einem Volumenanstieg in den venösen Kapazitätsgefäßen.
Dies erfordert Volumen-, Elektrolyt- und Glucosesubstitution, sowie engmaschige Kontrollen
der Herzfrequenz, des Herzrhythmus, der Sauerstoffsättigung, des Blutdruckes und der
Urinausscheidung zumindest in zehnminütigen Abständen.
Alle Patienten haben EKG-Überwachung, Pulsoxymetrie, automatische Blutdruckmessung
und einen Blasenkatheter.
Die Behandlung wird in der Regel in einer tiefen Analgo-Sedierung durchgeführt [18 ]
[19 ].
ICE- Schema, Dosierung und Verabreichung
Ifosfamid: 5 g/m2 am Tag 1 als Infusion über 60 Minuten.
Mesna als Bolusinjektion zum Zeitpunkt 0, 4 und 8 Stunden nach Beginn der Ifosfamid-Dosis.
Carboplatin: 300 mg/m2 am Tag 1 als Infusion über 20 Minuten.
Etoposid: 150 mg/m2 an den Tagen 2 und 3 jeweils als Infusion über 60 Minuten.
Modifizierter Brunner-Score (MBS)
Zur Erfassung der Lebensqualität wurde der Brunner-Score in modifizierter Form eingesetzt
(Tab. [1 ]). Er erlaubt eine Aussage über den Therapiegewinn für jeden einzelnen Patienten
und für das Kollektiv. Der Brunner-Score wurde speziell für palliative Krebstherapien
entwickelt und verbindet objektive Bewertungsparameter, wie progressionsfreie Zeit
(Abb. [1 ]) und erlittene Haupttoxizitäten (Tab. [4 ]) und subjektive Parameter, wie die Veränderung des Patientenzustandes gemessen nach
WHO-Kriterien (Tab. [3 ]) und subjektive Einschätzungen des Patienten zur Lebensqualität (Abb. [2 ]) [6 ].
Tab. 1 Tab. 1 Modifizierter Brunner-Score
MBSpatient =
PFZ +
WHO +
SUBJ -
TOX
modifizierter Brunner Score
jeder Monat wird pro Patient mit einem Punkt bewertet
Differenz des Allgemeinzustands jedes einzelnen Patienten zu Therapiebeginn und während
der Behandlung (Mittelwert aller Therapieintervalle) multipliziert mit der Behandlungsdauer
(Monate)
möglicher Wertebereich: - 16 bis +8 (nicht symmetrisch, da WHO zu Beginn max. 2)
Einschätzung der Lebensqualität durch den Patienten anhand eines Fragebogens (Mittelwert
aller Therapieintervalle) multipliziert mit der Behandlungsdauer (Monate)
möglicher Wertebereich: - 4 bis +4
Mittelwert der Haupttoxizitäten (hämatologisch und gastroenterologisch) aller Therapieintervalle
pro Patient multipliziert mit der Behandlungsdauer (Monate)
möglicher Wertebereich: 0 bis 16
Addition der MBS aller Patienten; n ( = 22) = MBSgesamt
Abb. 1 Kaplan-Meier-Kurve der progressionsfreien Zeit für die gesamte Studienpopulation (berechnet
ab Therapiebeginn).
Tab. 2 Demographisches Profil
eingeschlossene Patienten (88 % männlich)
27*
auswertbare Patienten für Therapieansprechen
25
auswertbare Patienten für Lebensqualitätserhebung
22
WHO Performance Index Mittelwert (Minimum, Maximum)
1,0 (0 - 2)
Alter, Jahre
47 - 65 58 im Mittel
keine vorhergegangene Chemotherapie
27
Tab. 3 WHO-Performance-Index vor und während Therapie in Prozent
WHO°
Vor Therapie
I. Zyklus
II. Zyklus
III. Zyklus
IV. Zyklus
I
73,0
73,0
86,0
88,0
87,0
II
27,0
27,0
14,0
12,0
13,0
Abb. 2 Subjektive Einschätzung der Lebensqualität anhand eines Fragebogens (siehe Anhang
) im Verlauf der Therapie.
Der Brunner-Score integriert 4 Teile, die jeweils mit einem Punktesystem bewertet
werden:
Progressionsfreie Zeit (TTP) wird ab Behandlungsbeginn mit einem Punkt pro Monat bewertet.
Veränderungen des Allgemeinzustands: Beginnend mit dem im ersten Therapiezyklus bestimmten
Wert des WHO-Performance-Index werden zunächst für die jeweils benachbarten WHO-Index-Werte
deren arithmetische Mittel berechnet. Diese Mittelwerte werden aufsummiert, der Wert
zum letzten Therapiezyklus wird hinzuaddiert und schließlich wird der Mittelwert dieser
Größen gebildet. Diese Maßzahl gibt den durchschnittlichen Verlauf über die gesamte
Behandlungsdauer wider. Sie wird dann von dem zum ersten Therapiezyklus erhobenen
Ausgangswert subtrahiert und beschreibt dadurch die mittlere Verbesserung (positives
Vorzeichen) oder Verschlechterung (negatives Vorzeichen). Zuletzt wird diese Differenz
mit der Behandlungsdauer in Monaten multipliziert.
Fragebogen zur krankheitsbedingten Situation mit körperlichen, seelischen und sozialen
Aspekten (Tab. [6 ]): Die Ergebnisse für alle acht Items wurden in einen Mittelwert überführt. Danach
wurde wie oben bei der Berechnung der Veränderung des Allgemeinzustandes beschrieben
verfahren und im Anschluss durch den Faktor 4 geteilt, um ein Übergewicht zu den anderen
Parametern zu vermeiden. Bei den Patienten, die nur zwei oder drei Zyklen erhielten,
wurde nach dem LOCF (L ast O bservation C arried F orward)-Prinzip das jeweils letzte Ergebnis bis zum vierten Zyklus inklusiv fortgeschrieben.
Tab. 4 Prozent-Inzidenz* Haupttoxizität
Toxizitätsgrad
1
2
3
4
Leukozyten
8,0
4,0
24,0
50,0
Thrombozyten
18,0
22,0
15,0
18,0
Hämoglobin
22,0
35,0
9,0
1,0
GI
13,0
8,0
1,0
0,0
Übelkeit
51,0
8,0
9,0
0,0
Erbrechen
41,0
4,0
4,0
0,0
*47 Behandlungszyklen bei 27 Patienten
Toxizität wurde nach WHO-Kriterien durch die behandelnden Ärzte bewertet. Es wurden
dabei nur die schwerwiegenden, therapierelevanten Nebenwirkungen Myelotoxizität, Mukositis
und Übelkeit/Erbrechen erfasst. Es wurde wie oben bei der Veränderung des Allgemeinzustandes
beschrieben verfahren. Abschließend mussten noch die Ergebnisse für die Haupttoxizitäten
in einen Mittelwert überführt werden. Die Haupttoxizitäten „Hämatologie” und „Gastroenterologie”
setzen sich aus jeweils mehreren Parametern zusammen. Dabei bestimmt der jeweils hochgradigste
den Toxizitätsgrad der Haupttoxizität.
Die Gesamtpunktzahl des Brunner-Score wird durch Addition der Punktwerte für die Veränderung
des WHO-Index, die subjektive Lebensqualität (Abb. [3 ]) und die progressionsfreie Zeit, sowie durch anschließende Subtraktion der Punktwerte
für die Toxizitäten ermittelt.
Abb. 3 Fragebogen zur Einschätzung der subjektiven Lebensqualität.
Es sind die Vorzeichen zu beachten.
Ein Ergebnis größer (kleiner) als Null zeigt eine Verbesserung (Verschlechterung)
des Zustands unter Therapie an.
Ergebnisse
Ergebnisse
27 Patienten wurden studienkonform behandelt (Tab. [2 ]). Auswertbar waren für alle Studienendpunkte 22 Patienten. Fünf Patienten sprachen
auf die Behandlung an (5 PR, 3 MR, 11 NC). Bei zwei Patienten wurde die Behandlung
wegen hämodynamisch wirksamer Herzrhythmusstörungen abgebrochen. Weitere drei Patienten
konnten anhand des Fragebogens zur subjektiven Lebensqualität nicht ausgewertet werden.
Zwei der 22 auswertbaren Patienten erhielten nur drei, sechs nur zwei Therapiezyklen.
Tab. 5 Ergebnisse des modifizierten Brunner-Score
Ergebnisse
n = 22
MBSa
4,12
PFZb , Monate
8,00
WHOc
0,29
SUBJd
1,41
TOXe
5,58
Überlebenszeiten
In unserer Studie wurde ein medianes Überleben für alle Patienten (ab Therapiebeginn)
von 76,6 Wochen (95 % KI 65,4 Wo. - 87,8 Wo.), mediane progressionsfreie Überlebenszeit
von 29,6 Wochen (95 % KI 24,4 Wo. - 34,7 Wo.) (Abb. [1 ]) sowie 1- und 2-Jahresüberleben von 68 % bzw. 20 % erreicht.
Modifizierter Brunner-Score (MBS)
22 Patienten konnten anhand des Modifizierten Brunner-Score ausgewertet werden. 16
der 22 ausgewerteten Patienten profitierten nach den Ergebnissen des Modifizierten
Brunner-Scores von der erfahrenen Behandlung.
Der Durchschnittswert betrug 4,21 Punkte (von - 4,43 bis 16,45) (Tab. [5 ]).
Tab. 6 Darstellung der zur Zeit erfolgreichsten Chemotherapiekombinationen
Chemotherapiekombination
Studie
Patientenzahl
RR
Überlebenszeit
Gemcitabine-Cisplatin
Novak A u. Mitarb.: Multicentre phase-II-study of cisplatin and gemcitabine for malignant
mesothelioma. Br J Cancer (2002) 87 : 496
53
33 %
11,2 Monate
Gemcitabine-Oxaliplatin
Schutte W u. Mitarb.: A multicenter phase-II-study of gemcitabine and oxaliplatin
for malignant pleural mesothelioma. Clin Lung Cancer (2003) 4 : 294 - 297
25
40 %
13 Monate
Pemetrexed-Cisplatin
Vogelzang NJ u. Mitarb.: PhaseIII-study of pemetrexed in combination with cisplatin
versus cisplatin alone in patients with malignant pleural mesothelioma. J Clin Oncol
(2003) 14 : 2636 - 2644
456
41,3 %
12,1 Mo
Diskussion
Diskussion
Die in den vergangenen Jahren in unserer Arbeitsgruppe (IAH und Systemic Hyperthermia
Oncology Working Group) durchgeführten Phase-II-Studien zur Thermo-Chemotherapie haben
wesentlich zur Optimierung des Behandlungsverfahrens beigetragen und wichtige Erkenntnisse
zur Effektivität und Toxizität verschiedener Behandlungsprotokolle ermöglicht [15 ]
[19 ]
[20 ]. Der Stellenwert der Thermo-Chemotherapie kann jedoch nur durch Phase-III-Studien
abschließend geklärt werden. Dies gilt auch für die hier zu Grunde liegende Studie
an Patienten mit malignen Mesotheliomen.
Die Vielzahl klinischer Studien zu dieser Tumorentität - vorwiegend in der Form von
Phase-II-Studien - mit zum Teil aggressiven und nebenwirkungsreichen Interventionen
zeigt einen dringenden Bedarf zur Evaluierung der Lebensqualität der behandelten Patienten
unter Therapie auf. Eine Fokussierung auf Surrogatparameter - wie Ansprechraten von
Chemotherapien - ist bereits einer etwas weiter gefassten Bewertung der Therapieeffekte
anhand von Überlebenszeiten und -raten gewichen [21 ]
[22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ].
Strukturierte Erhebungen der Lebensqualität mittels dafür entwickelter Instrumente
findet man unter den publizierten Studien selten. Gelegentlich werden rein deskriptiv
Veränderungen von Krankheitssymptomen wie Dyspnoe, Thoraxschmerzen und Gewichtsabnahme
oder allgemeiner Begleitumstände, wie des psychischen Zustandsbildes, dargestellt
[26 ].
Der subjektiven Einschätzung entweder der Patienten oder der behandelnden Ärzte werden
mitunter Messwerte z. B. der Lungenfunktion an die Seite gestellt und sollen wohl
einer Objektivierung dienen [24 ].
Die wenigen Arbeiten zur Therapie des Pleuramesothelioms, die eine strukturierte Auswertung
der Lebensqualität mit einem entsprechenden Instrument beinhalten, verwenden den EORTC
-QLQ-C30 und die für Lungenkrebs spezifische Ergänzung EORTC-LC13.
Der QLQ-C30 wurde von der European Organisation for Research and Treatment of Cancer
für die Anwendung bei Krebspatienten entwickelt [27 ].
Ein Modulsystem erlaubt die Verbindung des krankheitsübergreifenden Teils (core questionnaire)
mit einem krankheitsspezifischen Teil (supplement).
Der Hauptfragebogen beschreibt sechs Komponenten der Lebensqualität: die physische
Verfassung, das Rollenverhalten, die kognitive, emotionale und soziale Funktionsfähigkeit
sowie die globale Lebensqualität mit Hilfe von vierstufigen Antwortskalen (überhaupt
nicht bis sehr) beziehungsweise Ja-Nein-Antworten und zwei numerischen Ratingskalen.
Körperliche Symptome wie Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Schmerz werden in Subskalen
und in Einzelskalen Schlafstörungen, Appetitverlust, Kurzatmigkeit und finanzielle
Probleme erfasst.
Da für das Pleuramesotheliom bisher keine Standardtherapie existierte, müssen neue
Therapiestudien auch immer unter palliativen Gesichtspunkten betrachtet werden. Einschränkend
muss dazu angemerkt werden, dass in jüngerer Zeit einige Studien publiziert wurden,
die hinsichtlich der erzielten Ansprechraten einen Therapiestandard setzen. In erster
Linie ist hier die von Vogelzang u. Mitarb. durchgeführte Phase-III-Studie zur Kombination
Pemetrexed-Cisplatin zu nennen [29 ]. Dennoch fällt es schwer, hier insgesamt von einer Standardtherapie zu sprechen.
Die ermittelte mediane Überlebenszeit im Pemetrexed-Cisplatin-Arm der Studie lag bei
nur 12,1 Monaten und ist damit kaum länger als die für „best supportive care” bekannten
Überlebenszeiten. Eine standardisierte Bewertung der Lebensqualität ist daher unverändert
wichtig. Eine direkte Antwort auf die Frage, ob bei einem Auseinanderdriften von Anti-Tumorwirkung
und Lebensqualität unter Therapie, das untersuchte Protokoll empfohlen werden kann,
bleiben jedoch auch Instrumente wie der EORTC-QLQ-C30 schuldig.
Der in der hier berichteten Studie eingesetzte Modifizierte Brunner-Score erlaubt
dazu eine differenziertere Aussage. Er integriert die Anti-Tumorwirkung der Therapie
genauso wie objektivierbare Veränderungen des Patientenzustandes, therapieassoziierte
Toxizität und die Patientenselbsteinschätzung zur Lebensqualität und schafft so eine
umfassendere Bewertung der Therapie. Folglich ist auch bei guter Tumorremission ein
negativer Score möglich - also die Therapie nicht zu empfehlen, wie auch bei unzureichender
Wirkung auf den Tumor ein positiver Score resultieren kann durch geringe Toxizitäten,
Verbesserung des Allgemeinzustandes oder der subjektiven Lebensqualität.
Obwohl der Brunner-Score zum Vergleich palliativer Chemotherapieregimes entwickelt
wurde, zeigt er sich hier in modifizierter Form zur Bewertung des Therapieeffektes
einer einzelnen Therapiestudie geeignet.
Der deutlich positive Modifizierte Brunner-Score in der zugrundeliegenden Phase-II-Studie
deutet auf eine gute palliative Wirkung von Ganzkörperhyperthermie plus ICE-Polychemotherapie
hin. Trotz der Belastung während der Thermo-Chemotherapie verbessert sich die subjektive
Lebensqualität bei der überwiegenden Zahl der Patienten und der Allgemeinzustand verbessert
sich ebenfalls oder verläuft konstant.
Diese Therapieeffekte werden bei ausschließlicher Betrachtung der Tumorremission verpasst.
Herkömmliche Instrumente zur Erhebung der Lebensqualität führen leicht zu einer zu
geringen Gewichtung dieses Bewertungsparameters.
Der Modifizierte Brunner-Score sollte in weiteren nicht-vergleichenden Studien eingesetzt
und überprüft werden. Für die Ganzkörperhyperthermie plus ICE-Polychemotherapie hat
er Wirksamkeit als palliatives Therapieregime gezeigt.
Dies wird zur Zeit in einer Phase-III-Studie weiter untersucht. Es ist allerdings
kritisch anzumerken, dass ICE-Polychemotherapie hinsichtlich der erzielten Ansprechraten
anderen, heute bekannten Chemotherapiekombinationen unterlegen ist (zur Übersicht
der mittlerweile bekannten erfolgreichsten Therapiekombinationen siehe Tab. [6 ]). Für die Phase-III-Studie zu Pemetrexed-Cisplatin versus Cisplatin allein ist die
Auswertung der Lebensqualitätsanalyse noch nicht publiziert.
Wünschenswert erscheint folglich eine Phase-III-Studie zu Pemetrexed-Cisplatin plus
Ganzkörperhyperthermie versus Pemetrexed-Cisplatin allein mit vergleichender Auswertung
der Lebensqualität anhand des MBS.