Zusammenfassung
Anliegen: Bei der aktuellen Diskussion um die Integration rehabilitativer Elemente in die (Akut-)Behandlung
von psychisch erkrankten Patienten stellt sich die generelle Frage, was inhaltlich
unter rehabilitativen Elementen zu verstehen ist und ob diese in Leitlinien (LL) bereits
berücksichtigt werden. Methode/Ergebnisse: Ein Expertenkonsensusverfahren mit schriftlicher Befragung (Delphitechnik; n = 16)
ergibt, dass eine inhaltliche Annäherung an diese Elemente möglich erscheint, dass
aber weiterer Klärungsbedarf besteht. Die Analyse von LL - exemplarisch zur Panikstörung
- zeigt, dass rehabilitative Elemente, die von den Experten als wichtig angesehen
werden, bisher nahezu keine Erwähnung in LL finden. Schlussfolgerungen: Es wird ein Entwicklungsbedarf deutlich sowohl für die nähere Bestimmung rehabilitativer
Elemente als auch für entsprechende evidenzbasierte LL-Empfehlungen.
Abstract
Objective: In the context of the current discussion of integrating rehabilitative elements into
the (acute) treatment of patients with mental disorders, it is investigated what rehabilitative
elements actually are and whether these elements are considered in existing guidelines.
Methods/Results: An expert-based consensus, especially results of expert ratings using a 46-item questionnaire
(Delphi Technique; n = 16), shows that it is possible to specify rehabilitative elements,
although there are still aspects which need further clarification. Analyses of current
guidelines (using published guidelines for panic disorders) demonstrate that rehabilitative
elements which are rated as important by the experts are only marginally mentioned
in guidelines up to now. Conclusions: A considerable need for research exists for a further specification of rehabilitative
elements and for the development of evidence based recommendations in the form of
guidelines.
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Fähigkeitseinschränkungen und Beeinträchtigungen (ICIDH) und setzt sich aus vier Teilklassifikationen
zusammen: Körperfunktionen, Körperstrukturen, Aktivitäten/Teilhabe sowie Umweltfaktoren.
Es dient nicht zur statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme,
wie das Klassifikationssystem ICD-10 [4 ], sondern der systematischen Einordnung von Krankheitsfolgen , bezogen auf die Funktionsfähigkeit und Behinderung in unterschiedlichen (Lebens-)Bereichen.
Dabei werden nicht nur Beeinträchtigungen erfasst, die als Folgen einer Krankheit
auftreten, sondern darüber hinaus auch individuelle Ressourcen, die dem Patienten
zur Verfügung stehen, fokussiert.
2 Der Fragebogen ist auf Anfrage bei der Erstautorin erhältlich.
Dr. phil. Birgit Watzke,Dipl.-Psych.
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf · Institut und Poliklinik für Medizinische
Psychologie
Martinistraße 52 (Haus S 35)
20246 Hamburg
Email: watzke@uke.uni-hamburg.de